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Salzburg - Johannesschlössl


Das Johannesschlössl hat im Laufe seiner Geschichte etwa fünfmal seinen Namen geändert, wobei dafür jedesmal sein jeweiliger Besitzer Pate stand. Die Errichtung eines Vorgängerbaues dürfte im späten Mittelalter erfolgt sein. Erster gesicherter Besitzer war der Salzburger Münzmeister Georg Thenn, der 1565 erstmals urkundlich aufscheint. Nach seiner Familie wurde der Bau damals als Thennschlössl bezeichnet. Danach gehörte der Ansitz dem Großkaufmann Ludwig Alt, dem Vater der Salome Alt. Er war vor allem durch den Handel mit Venedig reich geworden. Durch die Heirat seiner Tochter Magdalena gelangte er an ihren Gatten, dem fürstlichen Rat und Untermarschall Sebastian von Haunsperg. Bereits drei Jahre später erwarb Fürstbischof Wolf Dietrich von Raitenau das Schlösschen. Er baute es aus und erneuerte die Innenausstattung. Erhalten hat sich nur eine Kassettendecke. Allerdings befindet sich diese heute im Salzburg Museum. Durch die Anlage eines Renaissancegartens und einer Reitbahn wurde der bis dahin einfach Ansitz zu einem Lustschlösschen, das der Erzbischof gemeinsam mit seiner Geliebten Salome Alt nutzen wollte. Es entsprach jedoch nicht ganz seinen Vorstellungen, so dass er es 1590 dem Salzburger Domkapitel als Sommersitz für den Domdekan zur Verfügung stellte. Als Entschädigung erhielt er dafür einen Stadtgrund. Folgerichtig wurde es damals als Dekanatsschlösschen bezeichnet. Einer der ersten Inhaber, der Domherr Johann Kraft von Weittingen, ließ 1603 die dem hl. Johannes dem Täufer geweihte Schlosskapelle neu erbauen, was den heute noch gebräuchlichen Namen „Johannesschlössl“ erklärt. . Er war es auch, der in einer Inschrift behauptete, dass das Schlössl bereits im 14. Jahrhundert von einem Mitglied seiner Familie erbaut worden war, was aber nicht stimmen kann, da damals die Familie Weittingen in Salzburg völlig unbekannt war. Im 17. Jahrhundert wurde das Gebäude nur noch von Beamten des Domkapitels bewohnt. Lediglich Fürsterzbischof Graf Max Gandolf von Kuenburg nutzte es kurzzeitig als Sommersitz. 1678 erwarben es die Salzburger Landstände. Sie quartierten hier Soldaten der Mönchsbergwache ein und unterhielten eine Schule für Soldatenkinder. Danach diente der einstige Bischofssitz als Quartier für Invalide und Arrest für Sträflinge. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Gebäude bereits ziemlich verfallen. Während der Napoleonischen Kriege diente es dennoch als Lazarett. Nach dem Ende des Reichsfürstentums Salzburg übernahm 1816 das österreichische Kameralärar seine Verwaltung, hatte jedoch keine geeignete Verwendung für den Bau. Durch eine Versteigerung gelangte er 1843 in Privatbesitz.

1858 richtete Ludwig Achleitner im Johannesschlössl eine Zündholzfabrik sowie ein Gasthaus ein. Er gilt als Erfinder der „Schwedischen Zündhölzer“, doch brachte ihm dies kein Glück. Durch die Verwendung von Phosphor starben viele seiner Arbeiter und schließlich auch er selbst. Erst Anna Reichl, eine der nächsten Eigentümerinnen, ließ das Haus renovieren und wieder bewohnbar machen. Oberst Basilius von Paschkoff war ein reicher Russe, der mehrere Bergwerke im Ural besaß, aber sein Land auf Druck der russisch-orthodoxen Kirche wegen militanter Sektiererei verlassen musste. Er erwarb 1892 das Schloss und ließ es durch den Architekten Karl Demel im Stil des Historismus restaurieren und erweitern. Nach der Oktoberrevolution bot der Oberst seiner großen Familie aber auch zahlreichen prominenten Emigranten ein offenes Haus. Dazu zählten u. a. Feldmarschall Mannerheim und Serge Jaroff, der Gründer des Donkosaken-Chores. Paschkoffs Vermögen reduzierte sich aber durch die Enteignung seiner Bergwerke so dramatisch, dass er seinen Lebensabend in Paris als Chauffeur verbringen musste. 1926 verkauften seine Erben das Schloss an den katholischen Missionsorden der Pallottiner, die hier bis 1941 ein Priesterseminar einrichteten. Dann wurde das Gebäude von der Salzburger NS-Gauleitung beschlagnahmt und für Parteizwecke verwendet. Bei einem Bombenangriff auf Salzburg wurden 1944 der Südflügel sowie die barocke Johanneskapelle zerstört. 1945 wurden hier verwundete Soldaten untergebracht. Nach Kriegsende richtete die amerikanische Besatzungsmacht in den unbeschädigten Teilen ein Flüchtlingsheim ein, übergab das Schloss aber bald wieder den Pallottinern. Der Wiederaufbau zog sich bis 1954 hin. Der neu errichtete Südflügel dient seither als Exerzitienhaus. Zehn Jahre später wurde die vom Salzburger Stadtbaumeister Franz Wagner neu errichtete Kapelle dem hl. Johannes dem Evangelisten geweiht. Heute dient das nun meist Pallottinerschlössl genannte Gebäude-Ensemble dem Pallottiner-Orden als Gästehaus, das auch Laien und Andersgläubigen als preiswerte Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung steht.

Das Johannesschlössl liegt wie zahlreiche andere historische Ansitze an der der Stadt zugekehrten Seite des Mönchsberges. Es ist eine einfache, stark erneuerte Anlage, die aus mehreren Gebäuden besteht, die sich um einen großen Hof gruppieren. Dieser wird von drei Häusern dominiert, die eine architektonische Einheit bildeten. Leider wurde das südliche im Zweiten Weltkrieg zerstört und danach durch den gesichtslosen viergeschossigen Bauklotz des Exerzitienhauses ersetzt. Das viergeschossige Hauptgebäude ist im Neo-Renaissancestil errichtet und wirkt wie ein Pariser Stadtpalais. Dazu tragen vor allem das mächtige französische Mansarddach sowie die Fassadendetails bei. An seiner Vorderseite springt eine Terrasse mit einer doppelten Freitreppe und einem integriertem Brunnen vor. Im Hochparterre befand sich ein großer Festsaal, der heute als Speisesaal dient. Die Rückseite des Gebäudes wird von einem runden Treppenhausturm um ein Stockwerk überragt. Die Aufstockung des Turmes war von Oberst Paschkoff veranlasst worden, ebenso die Errichtung der Wendeltreppe an der Rückseite des zweigeschossigen Kapellenstöckls. Ausführender Baumeister war der in Salzburg vielbeschäftigte Jakob Ceconi. Wesentlich älter als diese Gebäude, die aus der Zeit des Historismus stammen, ist eine eingemauerte rosa Marmortafel, die sich auf Johann Kraft von Weittingen bezieht. Eine Inschrift erinnert an den Neubau der Kapelle von 1603. Die jetzige Kapelle liegt an der Südseite des Hofes neben dem Eingangstor. Sie wurde 1963/64 errichtet. An der Innenseite des runden Torbogens erinnert ein eingemauertes steinernes Wappenrelief an den Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau. Ein ähnliches ist auch an der Gartenpforte an der Nordseite zu sehen. Es trägt die Jahreszahl 1684. Der Westflügel ist mit einem runden schiefergedeckten Spitzturm versehen. An der Ostseite des Hofes steht ein rundes Ecktürmchen

Ort/Adresse: 5020 Salzburg, Mönchsberg 24

Besichtigung: teilweise möglich

Homepage: www.johannes-schlössl.at


Weitere Literatur:


05.03.2018