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Palais Erlanger


Das Palais Erlanger wurde 1866 durch den Architekten Friedrich Schachner und der Mitarbeit von Karl Riess errichtet. Es war die erste größere Auftragsarbeit Schachners, der ab diesem Jahr als Mitarbeiter im Atelier von Johann Romano und August Schwendenwein tätig war. Zu seinen Lehrmeistern gehörten auch Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg. Wie diese viel beschäftigten Architekten des Baubooms, der mit dem Abbruch der Wiener Stadtbefestigung und der Anlage der Ringstraße verbunden war, bevorzugte auch Schachner bei seinen Bauten den Stil der Neo-Renaissance, so auch bei der Errichtung des Palais Erlanger in der Park Allee, der heutigen Argentinierstraße. Vorbilder waren die römischen Stadtpalais des Cinquecentos, was in unserem Sprachgebrauch das 16. Jahrhundert bedeutet. Bauherr war der Immobilien-Investor Franz Prantner. Dieser behielt sein neues Palais nicht lange, sondern verkaufte es noch im selben Jahr an Ludwig von Erlanger, der es 1880 an seinen Bruder Viktor Alexander Freiherr von Erlanger abtrat. Letzterer hatte die Wiener Niederlassung des in Familienbesitz befindlichen bedeutenden Frankfurter Bankhauses Erlanger & Söhne übernommen. 1889 wurde das Palais durch die Architekten Karl König und Oskar Laske für die Zwecke einer Privatbank adaptiert und um ein ausgebautes Dachgeschoß erweitert. Nachdem das Bankhaus Erlanger & Söhne von der Dresdner Bank übernommen worden war, wurde das Palais Erlanger im 20. Jahrhundert vorwiegend als Mietshaus verwendet. Zuletzt wurde es von den diplomatischen Vertretungen der Staaten Ecuador und Italien genutzt. Nach neuerlichen Adaptierungen scheint es wieder den Charakter eines reinen Wohnhauses angenommen zu haben.

Das Palais Erlanger ist ein typisch strenghistoristisches Wohnpalais des 19. Jahrhunderts. Es war wohl von Anfang an als Mietpalais konzipiert. Das Gebäude ist neunachsig. Seine Schauseite steht direkt an der Argentinierstraße. Sie war ursprünglich dreigeschossig. Das etwas ungewöhnliche vierte Geschoß ist erst durch den Ausbau des Dachgeschosses in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden. Dadurch wurden die Proportionen des Hauses ungünstig verändert. Das Erdgeschoß ist wie bei Renaissancepalästen üblich rustiziert und nur mit einfachen rechteckigen Fenstern ausgestattet. Das gebänderte Rundbogenportal liegt in der Mitte der Straßenfront. Über dem Keilstein erkennt man eine Wappenkartusche. Rechts und links vom Tor befindet sich je ein Rundbogenfenster. Über dem Portal springt ein auf kräftigen Konsolen ruhender dreiachsiger Balkon vor. Er ist in der Mitte halbkreisförmig vorgewölbt und mit einer Balustrade versehen. Ein kräftiges Kordongesims trennt das Erdgeschoß von der Beletage. Diese ist von außen durch ihre großen Fenster erkenntlich. Deren dreieckigen Verdachungen ruhen auf kleinen Konsolen. Ihre Sturzfelder sind mit Festons geschmückt. Das zweite Obergeschoß ist schmucklos gehalten und mit deutlich kleineren Fenstern ausgestattet. Im obersten Stockwerk ist durch das deutliche Zurückspringen der Mittelzone eine davorliegende Terrasse zwischen den beiden dreiachsigen Seitenteilen entstanden. Sie wird von einer Steinbalustrade begrenzt. Das Portal führt in einen Vorraum zum Stiegenhaus, dessen Wände durch korinthische Pilaster gegliedert werden. Die hier befindlichen Türen sind mit Vasen geschmückt. Die Gartenfassade ist ehrenhofartig gestaltet. Ihr Mittelteil wirkt wesentlich moderner als die Straßenfront, doch sind die zahlreichen Fenster deutlich größer und segmentbogenförmig. Das zweite Obergeschoß ist durch eine große Loggia geöffnet. Vom Vorhof, in dem sich seinerzeit die Remisen und Pferdestallungen befanden, führt eine mit Steinvasen geschmückte Freitreppe in den Garten.

Ort/Adresse: 1040 Wien, Argentinierstraße 33

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


27.02.2018