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Hohenegg


Die Herrschaft Hohenegg gehörte im 11. Jahrhundert den Grafen von Formbach, die hier die Urbarmachung und Besiedelung vorantrieben. Der ursprüngliche Name der Burg war Stein. Die benachbarte kleine Siedlung trägt auch heute noch diesen Namen. Mit Hermann von Stein wird die Feste 1140 erstmals urkundlich erwähnt. Er stammte von den Grafen von Poigen-Rebgau ab. Aber bereits 1173 nannte sich sein Sohn Graf Gebhart erstmals nach Hohenegg. Als die hier ansässigen Grafen um 1188 ausstarben, kam die Burg an einen Zweig der Grafen von Hohenburg. Die letzte Hohenburgerin brachte Hohenegg als Heiratsgut in ihre Ehe mit Diepold Markgraf von Vohburg ein. Um 1210 wurde das landesfürstliche Lehen an Rudolf von Pottendorf vergeben. 1358 erwarb Reinprecht von Wallsee die Herrschaft von seinem Schwager Leutold von Pottendorf. Die Wallseer, die um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Nieder- und Oberösterreich über zahlreiche Burgen verfügten, wohnten natürlich nicht hier, sondern ließen die Burghut von Pflegern ausüben. 1463 dürfte Matthäus Spaur im Auftrag von Wolfgang von Wallsee größere Ausbauten durchgeführt haben. Im nächsten Jahr kaufte er die Anlage. Als Kaiser Friedrich III in der Wiener Hofburg von seinen Gegnern belagert wurde, waren die Brüder Spaur maßgeblich an seiner Verteidigung beteiligt. Als Dankbarkeit wurden sie 1479 zu Panierherren Österreichs und Hohenegg zur Reichsherrschaft erhoben. 1548 veräußerte sie der Landuntermarschall Christoph von Spaur an seinen Amtsnachfolger Ludwig von Kirchberg auf Viehofen. 1579 erwarb Ritter Albrecht Enenkel von Albrechtsberg/Pielach die mittelalterliche Burg. Nach seiner Erhebung in den Freiherrenstand ließ er sie in den Jahren 1584 bis 1594 in ein Renaissanceschloss verwandeln. Allerdings unterschätzte er die Baukosten. 1608 erwarb ein Freiherr von Hartenstein die Burg aus der Konkursmasse. Wie die Enenkels und die Mehrheit der niederösterreichischen Adeligen war auch er ein streitbarer Protestant und verlor in der Gegenreformation seine Herrschaft.

Diese gelangte vorübergehend an den Freiherrn Georg Caspar von Neuhaus, der sie aber 1629 an die verwitwete Gräfin Barbara Gienger, geborene Gräfin Concin verkaufte. Sie war in zweiter Ehe mit dem kaiserlichen Kämmerer Graf Girolamo (Hieronymus) Montecuccoli verheiratet. Damit kam Hohenegg an jene Familie, der es auch heute noch gehört. Graf Hieronymus konnte das bisherige Lehen in freies Eigen verwandeln. Die Montecuccolis sind ein altes italienisches Adelsgeschlecht, dessen Stammburg Montecuccolo in den Vorbergen des Apennins liegt. In den Konflikten zwischen Papst und Kaiser unterstützten sie trotz ihrer geographischen Nähe zu Rom stets den Kaiser. 1369 wurde ihnen von Kaiser Karl IV aus Dankbarkeit das Recht verliehen, vier kaiserliche Adler in ihr Wappen aufzunehmen. 1530 erhob Kaiser Karl V die Familie in den Reichsgrafenstand, doch hatte schon 1425 Markgraf Nikolaus III von Modena Gasparo Montecuccoli zum Grafen ernannt. Die Familie spielte im 15. und 16. Jahrhundert eine wichtige Rolle in den Herzogtümern Modena und Ferrara. Ihr gehörte dort eine Reihe bedeutender Burgen wie Vigorola, Sestola und Montefiorini. In Österreich traten die Montecuccolis seit dem 16. Jahrhundert vorwiegend militärisch hervor. Dafür bot ihnen der Dreißigjährige Krieg auch gute Gelegenheiten. Graf Ernesto Montecuccoli war General-Feldzeugmeister Kaiser Ferdinands II. Das bekannteste Familienmitglied war aber Graf Raimund Montecuccoli. Da sein Onkel Hieronymus kinderlos war, wurde er von diesem als Erbe der Herrschaft Hohenegg eingesetzt. Auch er kämpfte für die Kaiser Ferdinand II und Ferdinand III an verschiedenen Kriegsschauplätzen. Nach erfolgreichen Kämpfen gegen die Schweden wurde er zum Feldmarschall ernannt.

1664 konnte er in der Schlacht bei Mogersdorf den bis dahin weitgehend ungeschlagenen Türken eine empfindliche Niederlage beibringen, obwohl das türkische Heer doppelt so viele Soldaten hatte als das kaiserliche. Dadurch konnte ihr Vordringen in die Steiermark verhindert werden. Seit diesem Ereignis hielt sich der Feldmarschall eine türkische Leibwache. In seiner Eigenschaft als Präsident des Hofkriegsrates sorgte er für eine Erneuerung der kaiserlichen Armee. Auch deren Ausrüstung wurde den Erfordernissen der Türkenkriege angepasst. Durch seine Heirat mit der Gräfin Maria Margareta von Dietrichstein und die Zuwendungen des Kaisers erhielt er das notwendige Vermögen, um Hohenegg „modernst“ auszubauen. Er errichtete die Vorburg mit ihrem monumentalen Einfahrtstor und den siebengeschossigen Glockenturm. Insgesamt hatte die Burg neun Türme. Auch die Innenräume wurden prächtig ausgestattet. Aus zeitgenössischen Berichten geht hervor, dass damals hier genügend Kriegsmaterial gelagert war um 600 Mann auszurüsten. Auch für die Bekämpfung des Durstes war gesorgt. Der Weinkeller bot Platz für 4000 Eimer Wein (ca. 226.000 Liter). Die neu erworbenen Herrschaften Gleiß, Osterburg, Haindorf und die Wiener Palais wurden gemeinsam mit Hohenegg in einen Familien-Fideikommiss eingebracht. Wie sein Vater hatte auch Leopold Philipp einen hohen Rang in der kaiserlichen Armee. Er wurde 1689 von Kaiser Leopold I in den Reichsfürstenstand erhoben. Als er neun Jahre später ohne Nachkommen zu hinterlassen starb, kam die italienische Linie der Familie zum Zug.

Felice Montecuccoli-Laderchi verlegte seinen Wohnsitz nach Wien, hatte jedoch keinen Anspruch auf den Fürstentitel. Er und seine Nachkommen blieben Grafen. 1710 erwarb der Vormund seines minderjährigen Sohnes Franz Raimund für diesen die benachbarte Herrschaft Mitterau. Graf Zeno Montecuccoli übersiedelte 1756 in das kurz zuvor von Franz Raimund ausgebaute, wohnlichere Schloss Mitterau, das noch heute Sitz der Familie ist. Hohenegg wurde nur mehr für gelegentliche Jagdaufenthalte verwendet. Damit war seine Entwicklung zur Ruine vorgezeichnet. 1777 überlegte man, eine Knaben-Militärerziehungsanstalt von Pettau in die Burg Hohenegg zu verlegen, doch kam dieser Plan nicht zur Ausführung. Aus steuerlichen Gründen ließ Zennos Sohn Peregrin ab 1787 die Vorburg abtragen und später die Dachziegeln der Burg dem Stift Melk verkaufen. Ihr Erlös deckte jedoch nicht einmal die Kosten der Abdeckung. 1788 wurde die gotische Schlosskapelle entweiht. Ihre Altäre kamen in die Kirche Sassendorf, die Turmuhr nach Haunoldstein. Anderes brauchbares Material wurde nach Mitterau gebracht. Die unbewohnte Burg wurde dem Verfall überlassen. Natürlich dienten die verfallenen Mauern der umliegenden Bevölkerung auch als willkommenes Baumaterial für ihre Häuser. 1905 stürzte die Kapelle ein. Das Dach des Osttraktes folgte 1928. Wenig später fielen die Außenmauern des Palas zusammen. Erst Ende der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Gemäuer durch einen lokalen Verein gesichert und die Anlage für Burgspiele benutzbar gemacht. Diese Aktivitäten waren jedoch jahrelang unterbrochen. Die Ruine blieb für Burgenfreunde und Touristen lange Zeit unzugänglich. Mittlerweile kann sie wieder besucht werden. Auch das Sommertheater hat 2017 seine Aufführungen wieder aufgenommen. Neben der neuen österreichischen Linie existiert nach wie vor der italienische Hauptstamm in Italien.

Die ausgedehnte Ruine Hohenegg liegt am Südhang des Dunkelsteiner Waldes. Der schon von weitem sichtbare einstige Wehrbau gehört zum Gemeindegebiet von Hafnerbach. Im Osten und Westen war er durch tiefe natürliche Gräben geschützt. Nach Süden fällt das Gelände steil ab. Lediglich die Nordseite, wo sich der Zugang befindet, musste entsprechend gesichert werden, da hier eine Überhöhung durch einen Berghang gegeben ist. Graf Raimund Montecuccoli löste das Problem, indem er der Hauptburg eine starke Vorburg vorlegte. Das dort befindliche erste Tor wurde durch zwei mächtige halbrunde Kanonentürme geschützt. Über dem Portal war ein großes Wappen der Montecuccoli angebracht. Der äußere Halsgraben ist nicht mehr vorhanden. Er wurde in der Barockzeit zugeschüttet und durch einen Ziergarten ersetzt. Um die Vorburg zieht sich eine mit Schlüsselscharten versehene Ringmauer. Wie die erhaltenen Balkenlöcher zeigen, war sie mit einem hölzernen Wehrgang versehen. Sie wird durch drei Schalentürme verstärkt, wobei der etwas unregelmäßige Ostturm die stärksten Mauern (ca. 3 m) hat. Er diente der Artillerie-Verteidigung. Alle drei Türme waren mit Kegeldächern versehen, sind aber wie die meisten Bauten der Ruine heute dachlos. Die Gebäude der trapezförmigen Vorburg sind ebenso wenig erhalten, wie der nach innen vorspringende Torbau. Die hier befindlichen Nebengebäude wie Stallungen, Remisen und Unterkünfte für die Besatzung sind längst verschwunden, da sie wohl wie üblich größtenteils aus Holz errichtet worden waren. Im Süden wird die Vorburg von einem 17 m breiten und ca. 8 m tiefen Graben begrenzt. Über diesen führte eine Holzbrücke, deren letzter Teil als Zugbrücke ausgebildet war, zur Mittelburg. Ein schmaler Pfeiler, der als Auflager im Graben steht, ist noch vorhanden. Markantester Bauteil der Mittelburg ist der achteckige Glockenturm. Seine dünnen Mauern und großen Fenster zeigen, dass er keine Funktion als Bergfried hatte, sondern Teil der Schlossarchitektur war. Auf seinem dreigeschossigen Sockelbau standen mehrere lebensgroße Ritterfiguren, von denen eine überlebt hat. Allerdings wurde ihr der Kopf abgeschlagen. Die Figuren trugen Wappenschilder der Enenkel und Kirchberg. Die am Vischer-Stich erkennbare Zwiebelhaube wurde später durch ein einfaches Pyramidendach ersetzt.

Das hier befindliche zweite Tor sowie die dahinter liegende kreuzgratgewölbte Durchfahrt führen durch diesen Unterbau zum Südportal der Mittelburg, wo man auf den zweiten, etwa 6 m tiefen Graben stößt. Auch über ihn führte eine Zugbrücke. Der dahinter liegenden Hochburg ist im Norden und Westen ein Zwinger vorgelegt. Die Nordseite war zusätzlich durch zwei starke Rundtürme verstärkt. Vor dem Hauptportal der Hochburg ragte ein heute zerstörter Torbau in den Graben vor. Vom dritten Tor ist nur das steingerahmte Portal des Mannlochs erhalten. Die starke Schildmauer, die die Hochburg nach Norden zu schützte, ist ebenfalls noch weitgehend vorhanden. In ihrer Mitte liegen ein rundbogiges Tor und darüber ein Gusserker. Auch die nach Westen gerichtete Außenmauer wurde relativ massiv ausgeführt. Ihr ist ein rechteckiger Turm vorgesetzt, der aber die Mauerkrone der Hochburg nicht überragt. Die Gebäudeteile an der Westseite des Innenhofes waren einst gewölbt und mit tiefen Fensternischen ausgestattet. Sie sind zum größten Teil zerfallen. Besser erhalten sind die Räume des Ostflügels. Hier lag der Palas mit mehreren 13 m langen Sälen in den Geschossen. Spuren von Wanddekorationen sind noch erkennbar. Darunter liegen weiträumige stichkappengewölbte Kellerräume. Den Südzipfel der Hochburg nahm die Burgkapelle aus dem 16. Jahrhundert ein. Sie hatte einst ein Kreuzgewölbe, ist aber heute stark zerstört, da ein Teil der Mauern abgestürzt ist. In den vorgelagerten Nebenräumen sind noch einige gotische Steintüren vorhanden. Ein Rundbogenfenster zeigt Spuren des gotischen Maßwerks. Im Südwesten liegt hinter der Kapelle eine geräumige Beobachtungskanzel. Der große Park, der zur Zeit des Türkensiegers sich hinter dem damaligen Schloss ausbreitete, ist längst wieder zu Wald geworden.

Lage: Niederösterreich/Dunkelsteiner Wald/ca. 12 km westlich von St. Pölten

Besichtigung: möglich, doch ist das Tor oft versperrt. In diesem Fall sollte man mit der Gutsverwaltung Mitterau Kontakt aufnehmen.

Homepage: www.montecuccoli.at


Weitere Literatur:


29.08.2017