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Übelbach - Goldschmiedschlössl


Der langgezogene Markt Übelbach mit seinem nicht gerade fremdenverkehrsfördernden Namen liegt am gleichnamigen Bach, ca. 20 km nordwestlich von Graz. In seinem Tal befanden sich im 18. und 19. Jahrhundert neben Nagel-, Ketten- und Pfannenschmieden auch bedeutende Sensenwerke. Dass diese recht einträglich waren, bezeugen noch heute mehrere stattliche Gewerkensitze. Der größte und schönste des Tales ist das am Nordwestende des Marktes liegende Goldschmiedschlössl. Etwas unterhalb des Ansitzes befanden sich bereits im 16. Jahrhundert eine Hacken- und später eine Sensenschmiede. Das Gewerkenschloss stammt aber erst vom Ende des 18. Jahrhunderts. Der aus Oberösterreich stammende Hammerherr Balthasar Schröckenfuchs hatte mit seinem Betrieb einen so großen wirtschaftlichen Erfolg, dass sein gleichnamiger Sohn 1783 den Bau eines schlossartigen Herrensitzes in Auftrag geben konnte. Wegen der ohne Bahnanschluss verkehrsmäßig ungünstigen Lage und der gestiegenen industriellen Konkurrenz wurde es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer schwieriger, die technologisch veralteten Hammerwerke profitabel zu führen. Um 1900 musste die Familie Pachernegg, bei der es sich um Nachkommen der Familie Schröckenfuchs handelte, die Sensenerzeugung aufgeben. Damit war auch das Schloss nicht mehr zu halten. Im 19. und 20. Jahrhundert wechselten die Besitzer mehrfach. In dieser Zeit trug das Gebäude nach den jeweiligen Eigentümern verschiedene Namen, u. a. Ruhmann-Villa und Goldschmiedschlössl. Der auch als Schloss Kleintal bekannte Bau wurde 1980 vom mehrfachen Gutsverwalter und Forstfachmann Dipl. Ing. Constantin von Pott erworben, der sehr viel an eigener Arbeitskraft in die Restaurierung investierte. Er verstarb jedoch 2013 im Alter von 85 Jahren. Das Schlössl wird seit einiger Zeit zum Kauf angeboten.

Das mit seinen 13 Fensterachsen gar nicht so bescheidene Herrenhaus ist im damals bei Landschlössern beliebten Stil des Josephinischen Barocks errichtet worden. Seine Hauptfassade ist dem 1,5 Hektar großen Park zugewendet. Ihre gelbe Färbelung kontrastiert zu den roten Dachziegeln und den grünen Fensterläden. Der Bau ist zweigeschossig, wobei das Erdgeschoß vom Obergeschoß durch ein umlaufendes markantes Gesims getrennt ist. Die Erdgeschoßfenster sind an der linken Gebäudeseite etwas niedriger als an der rechten. Die in weiß gehaltenen Parapete des Obergeschosses sind mit dem weißen Gesimsstreifen verbunden. Der schmale Wandstreifen über den Fenstern ist mit zartem Stuckdekor verziert. Blickfang der Fassade ist der dreiachsige, leicht vortretende Mittelrisalit, der von einem flachen Dreiecksgiebel abgeschlossen wird. Die Portalzone in seinem Erdgeschoß macht durch die vier, den Eingang flankierenden grauen Rundsäulen einen repräsentativen Eindruck. Ihre flachen Kapitelle tragen einen Balkon, der sich über den größten Teil der Risalitbreite erstreckt und von einem schmiedeeisernen Gitter gerahmt wird. Wie die drei großen Rundbogenfenster vermuten lassen, liegt hinter dem Balkon ein Saal. Durch das zweiflügelige Holztor gelangt man in einen tonnengewölbten Flur, von dem am linken Ende eine Treppe zu den Wohnräumen im Obergeschoß führt. Diese sind durch einen mit Jagdtrophäen geschmückten Gang zugänglich. Einige von ihnen weisen durch ihre Stuckdecken, Kachelöfen und Parkettbögen auf eine gehobene Wohnkultur des ausgehenden 18. Jahrhunderts hin.

Bemerkenswert ist, dass vom herrschaftlichen Portal heute lediglich ein schmaler Gartenweg über eine große Wiese zum großen schmiedeeisernen Gartentor führt. Die Wiese dürfte früher als Ziergarten gestaltet gewesen sein. Das heute versperrte und unbenützte Tor stammt aus dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Ursprünglich war es wohl die Hauptzufahrt für Gäste zum Schloss. Die sieben goldenen Sterne im kielbogigen Torabschluss geben einen Hinweis auf den Auftraggeber. Sie sind das Markenzeichen des damaligen Sensenhammerwerkes. Heute gelangt man direkt von der Straße durch eine schlichte Einfahrt neben der sechsachsigen Westseite des Haupttraktes in den Wirtschaftshof des Schlosses und von hier in den Wohnbereich. Die Einfahrt wird von zwei viereckigen Pfeilern flankiert, auf denen kleine Vasen stehen. Um den in der Art eines Ehrenhofes angelegten Wirtschaftshof befanden sich die Wagenremisen, die Stallungen und die Wirtschaftsgebäude. Der Koch dürfte einst von der bürgerlichen Herrschaft sehr geschätzt worden sein, da ihm hier ein eigenes Wappen gewidmet wurde, das einen gekrönten Küchenkessel zeigt. Wahrscheinlicher jedoch ist es, dass es sich dabei um eine Anspielung auf den Namen des letzten Schlossherrn handelt. Dafür wurde auch die Verwendung der fünfperligen Adelskrone sprechen. In beiden Fällen wäre in Adelskreisen ein solcher Scherz wohl nicht sehr gewürdigt worden. Vom Westflügel führt eine schmale Türe direkt auf die Straße. Am Scheitel der Portalumrahmung ist die Jahreszahl 1783 zu sehen, die auf die Erbauung des Schlosses hinweist. Das darüber liegende korbbogige Fenster hebt sich von den übrigen rechteckigen Fenstern deutlich ab. Der Tür gegenüber steht am anderen Straßenrand ein einfacher Bildstock, der aber von zwei schönen Heiligenfiguren aus Sandstein flankiert wird.

Lage: an der Landesstraße L385 am Ortsende von Übelbach

Ort/Adresse: 8124 Übelbach, Kleintal 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


06.07.2017