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Palais Czernin


Das Palais wurde von Graf Eugen Czernin (1796 – 1868) in den Jahren 1837 bis 1839 am äußeren Rand des Glacis, das an dieser Stelle als weitläufiger Paradeplatz des Militärs diente, erbaut und anschließend in den Familien-Fideikommiss eingebracht. Heute steht ihm gegenüber das Wiener Rathaus, das aber erst zwischen 1872 und 1883 errichtet wurde. Der Architekt des riesigen Palais ist nicht bekannt. Zwar wird gelegentlich Josef Kornhäusl genannt, doch ist dies mehr als fraglich. Es war deshalb so groß dimensioniert, da es nicht nur der Familie als Wiener Stadtsitz dienen, sondern auch die große Gemäldegalerie der Familie aufnehmen sollte. Diese war im Jahr 1800 durch Graf Eugens Vater, Johann Rudolf Graf Czernin, gegründet worden. Sie befand sich bis zu seinem Tod 1845 im alten Familienpalas in der Wallnerstraße. Die Sammlung umfasste mehr als 360 Gemälde mit Werken alter Meister aus den Niederlanden, Italien und Spanien. Zu den bekanntesten Malern gehörten Rembrand, Rubens, Ruysdael, Giordano und Vermeer. Johann Rudolf Graf Czernin war Obersthofkämmerer von Kaiser Ferdinand I und Oberster Hoftheater-Direktor. Zur Familie gehörte auch Ottokar Graf Czernin, der in den letzten Jahren der Monarchie k. u. k. Au0enminister war. Im Zweiten Weltkrieg waren die Gemäldesammlung sowie andere Kunstschätze der Familie ausgelagert. Als im September 1944 eine Fliegerbombe das Gebäude schwer beschädigte, war die Gemäldegalerie daher nur marginal betroffen. Die Gebäudeschäden wurden 1950 durch den Architekten Fritz Purr behoben. Eugen Graf Czernin-Chudenitz stellte 1954 den Großteil der Sammlung der Residenzgalerie in Salzburg als Leihgabe zur Verfügung, die die Werke in den Jahren 1980 bis 1991 ankaufte. Der Schwerpunkt der Familieninteressen lag bis 1945 in Böhmen, wo ausgedehnte Ländereien und mehrere Schlösser den Czernins gehörten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese enteignet und bis heute nur in geringem Ausmaß restituiert. Die weit verzweigte Familie lebt heute vorwiegend in Österreich und Deutschland, aber auch wieder in Böhmen.

Mit seinen 30 Fensterachsen war das Palais nach seiner Erbauung doppelt so groß wie das heutige Gebäude. An seiner Vorderfront, die dem Paradeplatz bzw der Stadt zugewendet war, befanden sich zwei Portale. In den Jahren 1914 bis 1916 wurde sein Nordflügel, der 15 Fensterachsen zählte, durch ein modernes Bürohaus ersetzt (heute Friedrich Schmidt Platz 5). Die verbliebene Gebäudehälfte wurde zwischen 1928 und 1935 um zwei Geschoße aufgestockt. Das Palais umfasst heute sechs Stockwerke und ein ausgebautes Dachgeschoß. Dadurch wurde zwar zusätzlicher Wohnraum gewonnen, doch hat das Gebäude seine ursprünglichen Proportionen völlig verloren. Die ansonsten langweilige Fassade wird durch die zahlreichen Fensteröffnungen etwas aufgelockert. Die hohen Fenster des zweiten und dritten Geschosses sind abwechseln mit dreieckigen und segmentbogigen Verdachungen ausgestattet. Die Portalgruppe besitzt eine gebänderte toskanische Pilasterbegrenzung. Über dem rundbogigen Tor ist eine steinerne Kartusche angebracht, die unter einer Grafenkrone das Wappen der Familie Czernin zeigt. Das Innere des Palais ist heute in Wohnungen und Büros aufgeteilt. Von der ursprünglichen Ausstattung hat sich nur wenig erhalten.

Ort/Adresse: 1080 Wien, Friedrich Schmidt Platz 4

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


23.04.2017