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Altmannsdorf


Altmannsdorf ist heute ein Teil des 12. Wiener Gemeindebezirkes Meidling. Es ist eine der ältesten Siedlungen im Umkreis von Wien. Der Ort entstand wohl bereits im 12. Jahrhundert. Ob sein Name auf Bischof Altmann von Passau zurückgeht, wie von manchen Heimatkundlern angenommen wird, ist nicht gesichert. Er war ein Parteigänger von Papst Gregor VII und versuchte den Priestern das Heiraten zu untersagen, was bis dahin noch möglich war. Es folgte ein Aufstand der Bevölkerung von Passau, so dass Altmann in das heutige Niederösterreich flüchten musste, wo er unter dem Schutz von Leopold II stand. Möglicherweise bezieht sich der Ortsname aber auf einen gleichnamigen frühen Grundherrn. Das Schloss liegt im alten Ortskern von Altmannsdorf, gegenüber der Pfarrkirche. Um 1290 wird in einem Klosterneuburger Urbar an diesem Platz ein Oswaldhof und eine dem hl. Oswald geweihte Kapelle erwähnt. Zum kleinen Gut gehörten 14 Häuser. Im 15. Jahrhundert gehörte es dem Wiener Bürger und Ratsherrn Erhard Griesser. Dieser vermachte die Herrschaft 1443 testamentarisch dem Orden der Beschuhten Augustiner, der seinen Sitz im heutigen dritten Bezirk Wiens (Landstraße) hatte. Die Augustiner errichteten hier einen Wirtschaftshof für die Verwaltung der geerbten Güter, der Augustinerhof genannt wurde. Sie mussten sich verpflichten, täglich eine Messe für Griesser zu lesen. Die Augustiner übten in der Folge auch die Grundherrschaft über Altmannsdorf aus. Sie verstanden aber nicht viel von der Landwirtschaft und dem in Altmannsdorf üblichen Weinbau, so dass sie das Gut verpachteten. Während der ersten Türkenbelagerung Wiens wurden die bestehenden Bauten 1529 verwüstet. Die Schäden konnten erst bis 1539 notdürftig behoben werden. Auch bei der zweiten Türkenbelagerung von 1683 traten massive Schäden auf, die anschließend umfassende Baumaßnahmen erforderlich machten.

In den Franzosenkriegen von 1805 und 1809 war der Wirtschaftshof in ein Lazarett umgewandelt worden. Durch die dichte Belegung mit Verwundeten brach eine Typhus-Epidemie aus, die auch so viele Mönche dahinraffte, dass der Orden nicht zuletzt aus Personalmangel 1812 aufgelöst wurde. Seine Güter wurden dem Religionsfonds übergeben. Die Verwaltung erfolgte durch die Niederösterreichische Staatsgüterdirektion. Im Jahr 1818 erwarb der Fabriksdirektor Johann Baptist Hoffmann die Herrschaft. Zwanzig Jahre später verwendete er einen Lotteriegewinn zur Umgestaltung der bisherigen, bereits stark vernachlässigten Bauten in ein biedermeierliches Landschloss. Der Gewinn reichte auch für den Neubau der benachbarten Pfarrkirche. Als Hoffmann 1856 starb, erbte seine Tochter Anna, die mit dem Publizisten und Dichter Johann Baptist Ritter von Hoffinger (1825 – 1879) verheiratet war, den Besitz. Er lebte in Wien und verbrachte nur die Sommermonate im Altmannsdorfer Schloss. 1866 waren hier sächsische Truppen einquartiert. Hoffingers Witwe verkaufte es 1899 an Julius Frankl. Dessen Sohn Robert nahm nach 1905 an den Gebäuden zahlreiche Veränderungen vor. Teile des Schlosses wurden vermietet. So lebte hier in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Kunsthistoriker Dagobert Frey . Moritz Edler von Kuffner, der Eigentümer der Ottakringer Brauerei, verbrachte mit seiner Familie die Sommermonate in Altmannsdorf. 1967 wurden Schloss und Park unter Denkmalschutz gestellt. 1974 verkaufte Maria Frankl das Schloss der Sozialistischen Partei Österreich. Die bereits dringend erforderliche Generalsanierung kostete mehr als das Vierfache des Kaufpreises. Seither ist in dem Gebäude eine Parteischule, das Dr. Karl-Renner-Institut, untergebracht.

Am stark gegliederten Schloss kann man heute noch die zahlreichen Um- und Ausbauten der letzten drei Jahrhunderte erkennen. Die ältesten Bauteile stammen noch aus der Renaissancezeit, doch wurden sie später mehrfach verändert. Die dem Khleslplatz zugewendete Front besteht aus zwei Häusern, deren Fassaden weitgehend schmucklos gehalten sind. Im linken liegt allerdings ein breites korbbogenförmiges Einfahrtstor, das durch seine Rustikarahmung und das Steingewände auf die einstige herrschaftliche Nutzung hinweist. Das Nachbarhaus ist ein Eckhaus, das erst im 19. Jahrhundert errichtet wurde. In einer Mauernische steht eine Skulptur der hl. Anna mit dem Marienkind auf dem Schoß. Sie wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts angefertigt. Die Schauseite des Schlosses liegt an der Parkfront. Sie geht auf die Zeit um 1700 zurück und wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts überarbeitet. Ihre Fassade ist zweigeschossig mit einem übergiebelten Zwerchgeschoß in der Mitte. Vom Obergeschoß führt eine gerade Freitreppe in den Park. Die von flachen Kolossalpilastern gerahmten Seitenachsen weisen ebenfalls kleine Ziergiebel auf. Der Hof wird teilweise von einen ehemals offenen kreuzgratgewölbten Arkadengang begrenzt. Er wurde erst beim Umbau von 1976 geschlossen. Auch in zwei Zimmern des Erdgeschosses haben sich die alten Kreuzgratgewölbe erhalten. Die Innenräume sind modern möbliert, da sie für das Renner-Institut neu eingerichtet wurden. In einigen Sälen sowie im Treppenhaus sind die flachen Decken mit Stuckrahmen aus der Zeit um 1820 ausgestattet. Der einstige Schlosspark mit seinen beiden Teichen macht heute wieder einen gepflegten Eindruck, nachdem er 1974 saniert wurde. Er war ursprünglich deutlich größer, doch opferte man Randgebiete zur Errichtung von Wohnbauten und einem Gartenhotel. Im Park sind noch einige Gartenplastiken aus der Zeit des Biedermeiers zu sehen.

Ort/Adresse: 1120 Wien, Khleslplatz 12

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


18.04.2017