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Dürnhof


Das von einem etwa einen Hektar großen Garten umgebene freistehende Gebäude ist ein zweigeschossiger rechteckiger Bau, an den im Osten eine ebenfalls zweigeschossige einjochige Kapelle angebaut ist. Ihre Apsis weist einen 5/8 Schluss auf. In ihrem Erdgeschoß liegt eine mit einem Tonnengewölbe gedeckte spätromanische Kapelle. Sie birgt einen wuchtigen Taufstein mit Zackendekor aus dem 14. Jahrhundert. Die Beleuchtung erfolgt lediglich durch einige Schlitzfenster im Chor. Der gotische Sakralraum im Obergeschoß ist mit einem Kreuzrippengewölbe, einem abgefasten Triumphbogen und drei schmalen Spitzbogenfenster in tiefen Laibungen ausgestattet. Die Wände des Chores sind mit – allerdings stark erneuerten – Dekorationsmalereien verziert. Das Dach der Kapelle trägt nach Zisterzienserart einen Dachreiter mit Zwiebelhelm. Der bewohnte Hauptteil des Dürnhofes ist durch ein hohes Walmdach geschützt. Hervorstechendes Merkmal der Südfront ist eine dreiteilige Renaissanceloggia mit toskanischen Säulen und einer Steinbalustrade aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Der interessanteste Innenraum ist ein Einstützenraum im Erdgeschoß mit einem abgefasten achteckigen Mittelpfeiler und vier Kreuzgratgewölben aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Vor dem Zugang zur Kapelle befindet sich ein 75 m² großer Saal. Bedingt durch die Verwüstungen und Plünderungen der Kriegs- und Nachkriegszeit hat sich vor Ort praktisch keine bewegliche Ausstattung erhalten. Wie die Doppelkapelle und die Renaissanceloggia jedoch zeigen, war der Dürnhof für einen Wirtschaftsbau außergewöhnlich gut ausgestattet. Man kann daher vermuten, dass er auch gehobenen Wohnbedürfnissen entsprochen hat oder zumindest als nobles Gästehaus gedient hat.

Der Dürnhof war ja bis zum Zweiten Weltkrieg eine Grangie, also ein Klostergut des Stiftes Zwettl. Urkundlich wird er unter den Namen „Durrenhove“ bereits 1210 als „macra curia“ erwähnt. Sowohl der deutsche Name als auch die lateinische Bezeichnung weisen auf die für eine Bewirtschaftung eher schlechte Bodenqualität hin. Nach einem Brand im Jahr 1289 wurde er bis 1294 wiederhergestellt. 1295 wurde die romanische Kapelle dem hl. Paulus geweiht. 1473 kam es wieder zu einem Brand, dessen Folgen erst 1494 bereinigt werden konnten. Damals erfolgte auch eine neuerliche Weihe der Kapelle. Im 17. und 18. Jahrhundert gehörten zum Hof riesige Schafherden, die auf den umliegenden Feldern der untertätigen Bauern oft große Schäden anrichteten. Im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts ließ Melchior Zaunagg, der Abt des Stiftes Zwettl, einen größeren Umbau vornehmen. 1938 requirierte die Deutsche Wehrmacht das Gebäude und schloss es dem neu errichteten Truppenübungsplatz Döllersheim an. Nach Kriegsende nutzte es bis 1947 die Rote Armee als Gefangenenlager. Danach wurde es von der USIA, einer Holding der russischen Besatzungsmacht verwaltet. Als der Dürnhof 1955 von der Republik Österreich übernommen wurde, war er eine Ruine. Erst 1976 kam es zu einer Generalsanierung. Von 1984 bis 2005 war hier das Museum für Medizin-Meteorologie untergebracht. Nicht zuletzt wegen seines etwas sperrigen Namens hielt sich der Besucheransturm in Grenzen. 2003 hatte die Republik Österreich den Dürnhof an einen privaten Interessenten verkauft, der ihn nach einer neuerlichen Restaurierung als Wohnsitz nutzt, aber gelegentlich Konzerte und Ausstellungen veranstaltet.

Lage: Zwettl Stift 8

Ort/Adresse: 3910 Zwettl, Niederösterreich

Besichtigung: meist nur von außen möglich


Weitere Literatur:


19.01.2017