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Baden - Sauerhof


Als Vorgängerbau stand an der Stelle des späteren Schlosses der sog. Rauberturm, der auf das 13. Jahrhundert zurückging. Er wird 1326 erstmals urkundlich genannt. Allerdings hausten hier keine Räuber, sondern Mitglieder der Familie Rauber, die ein Zweig des gleichnamigen Wiener Ritterbürgergeschlechts war. Der Turm war drei Generationen lang im Besitz der Rauber, die alle mit Vornamen Otto hießen. Bald nach dem Tod Ottos III wurde er allerdings bereits als öde bezeichnet. Es folgten verschiedene Kleinadelige aus Baden und Umgebung. Um 1419 gehörte er „Hans dem Frel“. Im ausgehenden Mittelalter war sowohl Rauhenstein als auch der Turmhof ein kaiserliches Lehen. Reste dieses Hofes sind heute noch im Sauerhof verbaut. Nach seinen jeweiligen Bewohnern trug er im Laufe der Zeit verschiedene Namen. So wurde er ab 1479 nach Hans Rottinger, dem Pfleger von Rauheneck, folgerichtig Rottingerhof genannt. Er war bereits 1467 von Kaiser Friedrich III mit ihm belehnt worden. Als Rottinger 1508 starb, kam der Turm zur Herrschaft Rauhenstein, die ihn als Meierhof nützte. Während der Ersten Türkenbelagerung Wiens im Jahr 1529 brannte der Turmhof ab. Der Wiederaufbau begann erst 1550 und war 1564 vollendet. 1583 erwarb Georg Saurer von Sauerburg die Herrschaft Rauhenstein. Er war Kämmerer des Erzherzogs Maximilian III, der 1590 die Würde eines Hochmeisters des Deutschen Ordens erlangte. Die alte Burg Rauhenstein wurde Saurer als Residenz bald zu unbequem, so dass er den Turmhof modernisieren und zu einem Verwaltungs- und Wirtschaftszentrum der Herrschaft umbauen ließ. Die Pfleger der Herrschaft Rauhenstein residierten fortan im Sauerhof. Außerdem hatte auch das Landgericht Rauhenstein hier seinen Sitz.

Der Sauerhof bekam jenes Aussehen, das auch am Vischer-Stich von 1672 abgebildet ist. Schon damals befand sich im Garten ein kleines, aus Holz erbautes Wildbad, das von Saurer ausgebaut wurde. Nach Georg Saurer erhielt der Hof seinen heutigen Namen, obwohl die Familie Saurer ihn bereits 1607 verkaufen musste. Mit der Vereinigung der Herrschaften Rauhenstein und Weikersdorf 1617 kam der Sauerhof zu Weikersdorf. Im Zuge der Zweiten Türkenbelagerung Wiens wurde er 1683 weitgehend zerstört. In einem Urbar von 1705 wurde der Turm noch als baufällig bezeichnet. Ein durch ein Feuerwerk ausgelöster Brand vernichtete 1731 große Teile der Dachfläche und der Innenausstattung. 1741 war der Hofkammerrat Kaiser Karls VI, Salomon von Piazzoni, der Schlossherr von Rauhenstein und damit auch Eigentümer des Sauerhofs. Er musste vorerst die Schäden des Brandes beheben. Mittlerweile war der Großteil der Herrschaftsverwaltung in das Schloss Weikersdorf übersiedelt, so dass der Sauerhof fast gänzlich dem Kur- und Badebetrieb zur Verfügung stand. Piazzonis Witwe heiratete den Edlen Carl Hieronymus von Doblhoff. 1785 wurden Bad, Zimmer und die Gaststätte im Sauerhof renoviert und neu möbliert. 1820/22 errichtete der Architekt Josef Kornhäusel für den Freiherrn Carl von Doblhoff das heutige klassizistische Gebäude, wobei er das noch vorhandene Mauerwerk des alten Turmes mitverwendete. Er vereinigte die beiden Bauwerke Sauerhof und Sauerbad, die schon zuvor durch einen Gang verbunden waren.

Die folgenden Jahrzehnte waren die Glanzzeit des Gebäudes. Der Sauerhof war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein Nobelkurhotel, das vor allem von arrivierten Künstlern geschätzt wurde. Hier komponierte Ludwig van Beethoven „Wellingtons Sieg“. Auch Schuberts Freund, der Sänger Johann Nepomuk Vogl, gehörte zu den prominenten Gästen. Hier wohnten die Schriftsteller Friedrich Schlegel (1822/24) und Ignaz Castelli (1857), der Botaniker Josef Franz Jaquin (1834 – 1838), der Burgtheaterdirektor Josef Schreyvogel (1824 – 1831), der Komponist Antonio Salieri (1823) sowie zahlreiche andere Prominente ihrer Zeit. 1863 wurde der Sauerhof von Anton von Doblhoff an das k. k. Militär-Ärar verkauft und danach als Militärbad und Kuranstalt für Offiziere betrieben. Gemeinsam mit dem benachbarten Engelsbad und dem großen Militärspital Peterhof bildete er wichtiges medizinisches Zentrum, das als Garnisonsspital Nr. 27 bekannt war. Das Sauerbad war aber nicht nur Armeeangehörigen vorbehalten, sondern konnte weiterhin auch von Zivilisten besucht werden. Mit dem Ende der Monarchie verlor der Sauerhof diese Bestimmung, nachdem er bereits im Ersten Weltkrieg als Lazarett gedient hatte. Rt blieb aber weiterhin in staatlichem Besitz. 1920 wurde der Sauerhof in eine Zivilheilanstalt umfunktioniert, die dem Sozialministerium unterstand. Ab 1940 diente er der Deutschen Wehrmacht als Reservelazarett. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1955 war in Baden das Hauptquartier der russischen Besatzungsmacht in Österreich. Auch der Sauerhof wurde von ihr requiriert. Hier war unter anderem eine Schule für Offizierskinder untergebracht. Als die Russen 1955 Österreich verließen, war das Gebäude völlig devastiert und stand danach lange leer. Ein Antrag auf Demolierung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse wurde 1968 glücklicherweise abgelehnt, doch gab es weiterhin keine Sanierungsmaßnahmen. Einzelne Zwischendecken waren bereits eingestürzt. 1972 erwarb die Stadt Baden den Sauerhof. Sie verkaufte ihn noch im gleichen Jahr an die Familie Schorn aus Würzburg, die ihn zwischen 1975 und 1978 umfassend restaurierte und wieder in ein Kurhotel umwandelte. Bei der Revitalisierung entdeckte man, dass der alte Turmhof durch Kornhäusel im Gebäude verbaut war, was von außen nicht sichtbar war. 1984 mussten die Eigentümer des nunmehrigen Grandhotels allerdings Konkurs anmelden. Zwar wurde das Hotel von anderen Besitzern weitergeführt, doch wurde es 2014 nach einem neuerlichen Konkurs endgültig geschlossen und das Mobiliar versteigert. 2015 erwarb eine österreichisch-malaysische Immobiliengesellschaft das Areal und versprach eine Sanierung sowie die Wiedereröffnung des Hotels für 2017. Da ein Teil des Parks verbaut werden soll, gibt es jedoch mittlerweile großen Widerstand.

Der Sauerhof ist ein weitläufiger zweigeschossiger Gebäudekomplex, der von einem einst sehr gepflegten Englischen Garten umgeben ist. Die 23-achsige Hauptfront des Kornhäusel-Baues wird von siebenachsigen Flügelbauten abgeschlossen, die einen breiten, aber kurzen „Ehrenhof“ begrenzen. Die straßenseitigen Fassaden der Flügel sind ebenfalls siebenachsig. Sie zeigen dreiachsige Mittelrisalite, die mit Dreiecksgiebel geschmückt sind. Das Erdgeschoß ist gebändert. An der Rückseite des Gebäudes schließt an den Mittelrisalit ein länglicher hufeisenförmiger Hof an. Die Fassaden der ihn begrenzenden Gebäude werden durch doppelpfeilerartige Lisenen gegliedert, zwischen denen im Erdgeschoß segmentbogenförmige Blendnischen mit rechteckigen Türen angeordnet sind. Im Obergeschoß befinden sich an ihrer Stelle Rundbogenfenster. Hinter dem Hof war ein ausgedehnter Wirtschaftstrakt angeordnet, dessen Architektur jener des Hauptbaues angepasst war. Hier befanden sich ursprünglich die Stallungen und Wagenremisen. Die Flachdecken der Erdgeschoßräume zeigen zum Teil einfache Stuckdecken. Im südwestlichen Hofflügel führt ein Rundbogenportal zu einer tiefer gelegenen Halle aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Im Süden des Hoftraktes befindet sich im Obergeschoß die ehemalige Schlosskapelle. Ihr zweijochiges Schiff ist mit einem korbbogigen Tonnengewölbe ausgestattet. Die halbkreisförmige Apsis springt nach Süden vor. Ihr Kegeldach wird von einer achteckigen Laterne abgeschlossen. Die gemalte Wand- und Deckendekoration der Kapelle ist sehr gut erhalten. Der Sauerhof verfügte nach dem Kornhäusel-Neubau über 85 Gäste- und 45 Dienerzimmer. In seinem rechten Seitentrakt waren drei Speisesäle angeordnet.

Der interessanteste Teil des Kornhäusel-Neubaues war das im südlichen Flügelbau gelegene „Sauerbad“. Es ist eine dreischiffige Halle in der Gestalt eines griechischen Tempels. Das Mittelschiff ist mit einer breiten Rundbogentonne gedeckt. Die schmäleren Seitenschiffe weisen Flachdecken auf. Der rechteckige Baderaum ist von acht dorischen Säulen umgeben. Er ist ca. 12 m lang, 9,3 m breit und etwas über sechs Meter hoch. Der Wasserspiegel des mit Holz verkleideten achteckigen Badebeckens war um 1,5 m unter den mit Kehlheimer Platten bedeckten Fußboden abgesenkt. Als einzige Lichtquelle diente eine verglaste, ebenfalls rechteckige Öffnung im Tonnengewölbe. Zentraler Raumschmuck war die von Josef Klieber geschaffene Sandsteinskulptur „Äskulap und Hygieia“. Durch den starken Schwefeldunst des Bades wurde Kliebers Werk aber in den folgenden Jahrzehnten völlig zerstört. In der Zeit, als hier Offiziere der österreichischen Armee kurten, wurde die Sandsteingruppe durch eine Herkulesstatue ersetzt. Aber auch sie konnten den aggressiven Schwefeldünsten nicht standhalten und musste im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts entfernt werden. Die übrige Raumausstattung war ebenfalls für eine dauerhafte Belastung nicht geeignet. Von ihr sind heute nur noch Teile des Fußbodens und die an den Längsseiten aufgestellten Steinbänke erhalten. Das Badebecken wurde schließlich mit einer Betonplatte abgedeckt. Das Bad hat seine Bezeichnung mehrfach geändert: Sauerbad, Herkulesbad und zuletzt Römerbad. Die letzte Bezeichnung wurde wohl wegen seiner dorischen Säulen gewählt, aber auch um für den abgefallenen Verputz eine Entschuldigung zu haben.

Ort/Adresse: 2500 Baden bei Wien, Weilburgstraße 11 - 13

Besichtigung: derzeit nur von außen möglich


Weitere Literatur:


13.01.2017