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Pürnstein


Pürnstein wurde möglicherweise noch im 10. Jahrhundert gegründet. Erstmalig erwähnt wird es 1010 in einer Aufzählung mehrerer Burgen. 1170 ist ein Alramus de Birchenstaine als Besitzer verbürgt. Er war ein Gefolgsmann der hochfreien Blankenberger. Damals dürfte auch der Vorgängerbau der heutigen Burg entstanden sein. Die Blankenberger übertrugen die Oberherrschaft über Pürnstein 1231 dem Passauer Bistum. Es blieb bis 1803 Eigentum der Passauer Bischöfe. Sie vergaben die Burg meist als Lehen oder verpfändeten sie. 1260 wird Wittigo von Rosenberg als Herrschaftsinhaber genannt. Anfangs des 14. Jh. befand sich die Burg im Pfandbesitz des Conrad von Capellen. 1337 saß hier Dietrich von Harrach. Sieben Jahre später ging sie an Ulrich II von Tannberg über. Als dessen Familie 1411 ausstarb, fiel das Lehen an Kaspar und Gundacker von Starhemberg, die mit den Tannbergern verwandt waren. Sie mussten sich ihr Erbe aber erst erkämpfen, da Erasmus der Satlpoger sich für den gesetzmäßigen Erben hielt und die Burg besetzt hatte. Der langwierige Erbschaftsstreit dauerte bis 1470. Wegen dieser ständigen Bedrohung ließ der Pfleger Erhard Marschalk von Reichenau, die starke Ringmauer um die Burg errichten, die auch der damaligen Artillerie gewachsen war. Möglicherweise war er auch der Erbauer der Hauptburg. Unter den Starhembergern war Pürnstein jedenfalls zur stärksten Burg im oberen Mühlviertel geworden. Als 1526 ein Einfall der Türken zu befürchten war, bestimmte man es als Fluchtburg für die Bevölkerung. Die Anlage musste ständig im Verteidigungszustand gehalten werden.1594 wiederholte sich diese Vorsichtsmaßnahme. Damals wurde sogar das Archiv der oberösterreichischen Ländstände von Linz nach Pürnstein ausgelagert. Aus einem Inventar von 1564 geht hervor, dass die Burg damals von etwa 33 Leuten bewohnt war.

Die Burg war bereits 1574 an Leonhard V von Harrach übergegangen. Dessen Pfleger auf Pürnstein war Friedrich Dorffner, der im zweiten oberösterreichischen Bauernkrieg (1594 bis 1597) auf Seiten der Bauern stand. Karl von Jörger, der 1611 die Herrschaft erwarb, war Protestant. Da er die Sache seiner Glaubensbrüder nicht nur verbal vertrat, sondern auch aktiv an den aufflackernden Unruhen teilnahm, wurden seine Güter eingezogen. Nach einem siebenjährigen Streit mit den Grafen von Harrach, kaufte das Hochstift Passau seinen ursprünglichen Besitz zurück. Es bewirtschaftete ihn vorerst selbst, vergab ihn aber 1669 an den Passauer Geheimsekretär Johann Winklhofer. Nun wechselte Pürnstein häufig den Pfandinhaber. 1774 baute Kardinal Leopold Ernst Graf Firmian das sog. Neue Schloss für seinen Pfleger aus. Er erneuerte auch das Burgtor und brachte dort sein Wappen an. 1782 kam die Burg durch einen Vertrag an Österreich. Durch die Säkularisierung verlor Passau 1803 seine weltlichen Besitzungen. Pürnstein wurde von einem kaiserlichen Pfleger verwaltet. Bis 1825 war im Palas das kaiserliche Oberamtsgericht und im Hungerturm das Amtsgefängnis eingerichtet. 1828 erwarb Johann Freiherr von Bartenstein die Herrschaft. 1866 ging sie in bürgerliche Hände über. Damals kaufte der Papierfabrikant Carl Christian Müller die Burg, doch wurde diese noch im gleichen Jahr durch Brandstiftung zur Ruine. 1883 setzte man ein neues Dach auf, das aber 1917 durch einen Sturm neuerlich vernichtet wurde. Im Frühjahr 1945 wurden die bewohnten Bauteile durch amerikanische Artillerietreffer schwer beschädigt. Seit 1958 finden ständig Sicherungs- und Schutzmaßnahmen durch einen lokalen Burgenverein statt. 1989 wurde die Wohnburg aus Mitteln der öffentlichen Hand mit einem neuen Dach versehen, das allerdings den Gesamteindruck stark beeinträchtigt. Die Burg ist nach wie vor Privatbesitz. Im sog. Hungerturm, in dem sich einst das Verlies befand, ist ein kleines Museum mit Rechtsaltertümer und Waffen aus den Bauernkriegen eingerichtet.

Die blockhaft wirkende Anlage steht auf einem Felsen unmittelbar vor dem senkrechten Abbruch zur Großen Mühl. Die um 1170 erwähnte Feste lag auf einem Felssporn im Norden der heutigen Burg. Sie wurde bei der Planung derselben in die Vorburg einbezogen. Die dort befindliche, 1448 geweihte Burgkapelle wurde nach der Errichtung der neuen Burg bald aufgegeben. Die in Oberösterreich einzigartige neue Anlage wurde von einem erstklassigen Festungsbaumeister entworfen und in einem Zuge erbaut. Steinmetzzeichen einer spätgotischen Bauhütte finden sich im ganzen Ruinenbereich. Die viergeschossige Hauptburg hat einen sechseckigen Grundriß auf einer Fläche von 2830 m². Ihre Mauern sind aus Zwickelmauerwerk aufgeführt. In der Südwestecke des Innenhofes liegt die 1490 geweihte Kapelle mit einem quadratischen Laienraum und einem rippengewölbten 5/8 Chor. Bemerkenswert ist das spitzbogig umrahmte Sakramentshäuschen aus Granit. Daneben liegen die Reste einer großen Küche mit einem Backofen und einem mächtigen Kamin. Zu den Herrschaftsräumen im Westen führte eine offene Stiegenanlage. In den Obergeschossen gibt es einige geräumige Säle aus dem 16. Jh. Im letzten Stock liegt hinter den Außenmauern ein Wehrgang mit 29 Wehrfenstern und einem vorkragenden Späherker an der Südostecke. Unter der Ost-, Süd- und Westseite ziehen sich ausgedehnte Kellergewölbe hin. Ein ca. 6 m breiter Zwinger trennt die Hauptburg von der bis zu sechs Meter dicken Mantelmauer. Sie ist an den fünf Ecken durch halbrunde Schalentürme verstärkt. An der Nordseite, beim Haupttor, liegt ein sechster Turm, doch wurde dieser erst später angebaut. In den Türmen und auf den Wehrgängen standen einst 21 Geschütze. Darunter befand sich auch der „Narr“, ein Riesenkaliber mit 30 cm Durchmesser. In einem Inventar wird auch ein Fahrzeug mit zehn gleichzeitig abzufeuernden Doppelhakenbüchsen, also ein Vorläufer der gefürchteten Stalinorgel, erwähnt. Die obere Vorburg besteht aus dem breiten Burggraben, dem Kanonenturm im Westen mit der nach Süden führenden Stützmauer und einem heute zugemauerten, früher mit einer Zugbrücke versehenen Tor. Der wuchtige Kanonenturm ist an der Innenseite mit einem hohen Spitzbogen geöffnet. Er wies drei Wehrböden auf. In der unteren Vorburg im Osten liegt die auch heute noch benutzte Toranlage mit der rundbogigen Einfahrt und einer Fußgängerpforte.

Lage: Oberösterreich/Mühlviertel – ca. 2 km nördlich von Neufelden

Besichtigung: von Mai bis Oktober täglich außer Dienstag Führungen um 10.00, 11.00, 14.00, 15.00 und 16.30


Weitere Literatur:


25.01.2003