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Friedberg


Noch unter den aus Bayern stammenden Herren von Andechs dürfte hier ca. 100 Meter über dem Inntal ein erster Wehrbau entstanden sein. Es war aber wohl nur ein von einer Mauer oder Palisaden umgebener befestigter romanischer Wohnturm. Um diese Zeit entstanden die meisten Burgen Tirols, als die Ministerialen ihren großen Aufstieg erlebten. Der eigentliche Bauherr ist aber nicht bekannt. Nach dem Aussterben der Andechser 1248 wurde Friedberg landesfürstlich. Die Burg war für die Grafen von Tirol sehr wichtig, da man von hier aus weite Teile des Inntales sowie einige große Seitentäler kontrollieren konnte. Über Albert II von Tirol (1248) und Graf Gebhard von Hirschberg (1253) gelangte es an Graf Meinhard II von Tirol (1263). Als erster Burgherr wird ein „dominus Sicardus dictus Kolbe de Friedeberg“ 1268 genannt. Danach wird die Feste immer häufiger in Urkunden erwähnt. Friedberg war ein wichtiges Verwaltungszentrum, bestand aber nur aus einzelnen, isoliert stehenden Türmen, die von einer Ringmauer umgeben waren. Von hier aus wurden die landesfürstliche Propstei, aber auch der Besitz des Stiftes St. Georgenberg sowie die burgeigenen Güter verwaltet. Auch der Vogt über die augsburgischen Besitzungen in Vomp und Volders hatte hier seinen Sitz. Jedes Amt wurde von einem Edelmann ausgeübt, der in einem eigenen Turm wohnte. 1297 werden drei gleichberechtigte Adelige erwähnt: Otto de Turri, der für militärische Belange zuständig war, Heinrich von Aufenstein als landesfürstlicher Burghüter und Propst Ebhard, der die Steuern einzog. Aus dem 14. Jahrhundert haben sich mehrere Baurechnungen erhalten, aus denen hervorgeht, dass damals größere Arbeiten am Palas und beim Tor erfolgten. Als 1363 Margarethe Maultasch Tirol an Rudolf IV von Habsburg abtrat, fielen die damit unzufriedenen Bayern mehrmals in Tirol ein. Sie konnten dabei zwar die Umgebung von Friedberg verwüsten und plündern, die Burg aber nicht einnehmen. Zwischen 1380 und 1410 konnte Heinrich Spieß alle Ämter auf sich vereinigen. 1410 beteiligte er sich an einem von Heinrich von Rottenburg geführten und von den Bayern unterstützten Adelsaufstand gegen den Landesfürsten Herzog Friedrich IV von Österreich, der aber für ihn unglücklich verlief. Bei den militärischen Auseinandersetzungen spielten sich zwar Kämpfe unmittelbar vor der Burg ab, diese blieb aber unbeschädigt. 1489 verkauften die Herren von Spieß die Herrschaft an Antony von Ross. Er war oberster Amtmann des Erzherzogs Sigmund, führte die große Münzreform mit der ersten Talerprägung in Hall durch, verspekulierte sich aber am Schwazer Silberbergbau und machte 1491 Bankrott.

Friedberg wurde danach als Lehen an den Gewerken Hans Fieger d. J. von Melans vergeben. Die Fieger waren reiche Kaufleute aus Hall in Tirol und Bergwerksunternehmer in Schwaz. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stellung und der Darlehen, die sie dem Landesfürsten gaben, wurden sie 1489 geadelt. Die Familie schrieb sich bis ins 17. Jahrhundert hinein Fueger. Der Name Fieger wurde aber gewählt, um Verwechslungen mit den ebenfalls in Tirol ansässigen Fugger aus Augsburg und der Familie Fueger von Offringen zu vermeiden. Sofort nach dem Kauf der bereits recht ramponierten Burg wurde mit dem großzügigen Umbau zu einem adeligen Wohnsitz begonnen, der bis 1509 dauerte. Da die Kuppe des Hügels für Erweiterungen keinen Platz bot, beschränkte man sich im Wesentlichen auf den Innenausbau. Der Burghof erhielt seine heutige Gestalt. Die Fieger bauten den wehrtechnisch bereits überholten Bergfried um 1500 zum Wohnturm um, indem sie ihn um zwei Stockwerke bzw. 30 Meter erhöhten, die unteren Räume jedoch in ihrer alten Form beließen, aber durch den Einbau eines Kamines und dem Anbau eines Abtrittes bewohnbar machten. Diese neu entstandene Turmwohnung mit ihren vier übereck gestellten zweigeschossigen Erkern gab Friedberg sein charakteristisches Aussehen zeigt aber, dass es für diese Baumaßnahme keine verteidigungsmäßigen Gründe gab, sondern dass diese hauptsächlich der Repräsentation diente. Unter dem obersten Wehrgeschoß wurde ein umlaufender hölzerner Wehrgang angelegt, der heute nicht mehr vorhanden ist. Die militärische Abwehrkraft wurde durch die Anlage eines nach Nordwesten vorgeschobenen Geschützrondells verstärkt. Dem gleichen Zweck diente der Bau einer über 80 m langen und 3 bis 5 m hohen Mauer zur Sicherung des Hohlweges, der bei Bedarf durch zwei Tore gesperrt werden konnte.

Vermutlich war der militärische Ausbau eine Auflage des Landesherrn Maximilian I bei der Vergabe der Burg. Die Fieger, die ja Kaufleute waren, hätten wohl kaum von sich aus eine so kostspielige Wehranlage errichtet. 1509 übergab Hans Fieger Friedberg seinem Bruder Christoph. Die Familie wurde 1699 in den Reichsgrafenstand erhoben. Sie hatte in Friedberg ihren Hauptwohnsitz und hielt es bis zu ihrem Aussterben 1802. In der bayrisch-napoleonischen Zeit wurde es vom Fiskus eingezogen. 1814 kaufte der Obristwachtmeister Victor Freiherr von der Lochau die Burg. Seine Witwe verkaufte sie 1845 ihrem Neffen Johann Graf Trapp. Dessen Sohn Ludwig ließ bis 1854 den bereits stark vernachlässigten Wohnbauten ein weiteres Geschoß aufsetzen, so dass sie nun dieselbe Höhe wie die Türme haben. Alle Bauten wurden mit hohen Walmdächern gedeckt, wodurch die alten Zinnen verschwanden. Die Burg hat dadurch ihr Aussehen verändert und ihren wehrhaften Charakter weitgehend verloren. Das Innere wurde vorwiegend im Biedermeierstil neu ausgestattet. Die Grafen Trapp sind noch heute die Besitzer von Friedberg, das sie neben ihrem Stammsitz, der Churburg im Vinschgau, bewohnen. Zu ihren bekanntesten Mitgliedern gehörte im 20. Jahrhundert der Burgenforscher und ehemalige Landeskonservator von Tirol Dr. Oswald Graf Trapp. Im Zweiten Weltkrieg diente Friedberg als Bergungsort für öffentliches und privates Kunstgut. Die letzte große Renovierung der Burg fand unter dem derzeitigen Burgherrn Gaudenz Graf Trapp in den Jahren 2008/09 statt. Die damit verbundene Modernisierung machte es möglich, dass die wichtigsten Innenräume seit 2012 der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Repräsentationsräume können auch für Veranstaltungen gemietet werden.

Die Burg liegt auf einem sanften Hügel, der aber gegen das Voldertal hin steil abfällt. Wie archäologische Funde zeigen, war der strategisch günstig gelegene Burghügel schon vor der Römerzeit besiedelt. Mit ihren, in rot-weiß-roten Farben gehaltenen Fensterläden ist sie schon von weitem sichtbar. Der Blick reicht im Westen bis zur Martinswand und im Osten bis zum Kaisergebirge. Die Anlage besteht neben dem Bergfried aus mehreren dreigeschossigen Wohntrakten, die an den Bering des 13. Jahrhunderts angebaut wurden. Der Weg zur Burg wird von einem gewaltigen Rundturm bewacht, dessen zahlreiche Maulscharten für Hakenbüchsen und leichte Kanonen einen wehrhaften Eindruck machen. Als die Zeiten friedlicher geworden waren, wurde er in einen Wohnbau umgewandelt. Auch der folgende Zwinger hätte einen Angreifer vor Probleme gestellt. Der einstige Burggraben ist längst zugeschüttet. Über dem rundbogigen Burgtor ist ein Wappenstein des Hans Fieger von 1491 eingemauert. In der dazugehörigen Inschrift bedankt sich die Burg für ihre Erneuerung und Verschönerung. Das Relief gilt als Arbeit aus der Werkstatt von Nikolaus Türing, dessen bekanntestes Werk das Goldene Dachl in Innsbruck ist. Darüber befindet sich ein von geschwungenen Kragsteinen getragener Erker mit Gussloch. Durch das mit Eisenplatten beschlagene Tor bzw. das kleine Mannloch betritt man den engen Innenhof, in dem eine 7 m tiefe Zisterne auffällt. Sie ist in den Fels gehauen und wurde vom Regenwasser der umliegenden Dächer gespeist. Die Fiegers hatten die Wasserversorgung der Burg jedoch wesentlich verbessert, als sie den Georgsbrunnen anlegen ließen. Sein Wasser stammt aus einer Quelle oberhalb der Burg, das durch unterirdische Rohre in den Innenhof geleitet wurde. Die Wände des Hofes wurden in der Barockzeit mit Fassadenmalereien geschmückt.

Der fast quadratische, 36 m hohe Bergfried neben dem Südeingang und der gegenüberliegende Palas sind die ältesten Bauteile. Sie stammen noch aus dem 13. Jahrhundert. Allerdings wurde der Palas bei späteren Erweiterungsbauten vollkommen in die neueren Bauten integriert. Der dominante Bergfried hat eine Grundfläche von 9 x 9 m. Im Erdgeschoß sind seine Mauern ca. zwei Meter stark, nehmen aber mit zunehmender Höhe in ihrer Stärke ab. Als Baumaterial dienten vorwiegend Bruchsteine. Am Sockelgeschoß haben sich vereinzelte Buckelquader erhalten. Friedberg war nie Gerichtssitz, daher dürfte das im untersten Turmgeschoß liegende und nur durch eine kleine Bodenöffnung, dem Angstloch, zugängliche Verlies nicht allzu oft besetzt gewesen sein. An der Ostseite des Bergfrieds liegt die ehemalige Rauchküche, die noch aus dem Mittelalter stammen dürfte. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts bestanden neben dem Bergfried noch drei weitere Türme, die heute aber nur mehr im Grundriss zu erkennen sind. Ein vierter in der Südwestecke dürfte erst um 1352 errichtet worden sein, als den Mehrensteiner ein viertes Amt in Friedberg zugeteilt wurde. Mit einer Seitenlänge von 7,5 m war er der größte reine Wohnturm. Seine geringe Mauerstärke von 1,2 m zeigt, dass er kaum mehr eine militärische Funktion hatte. Darauf deutet auch der ungewöhnlich große Hocheinstieg hin. Ähnlich ist auch der etwas kleinere nördliche Eckturm gestaltet. Die Türme wuchsen in den folgenden Jahrhunderten langsam durch Zwischenbauten zusammen, bis sie im 19. Jahrhundert vollständig angeglichen wurden. Der malerische Burghof wird im ersten Stock durch mehrere Arkadengänge belebt, zu denen drei Treppen hochführen. Ein bauliches Meisterwerk ihrer Zeit ist die spätgotische Spindeltreppe, deren Schnecke keinen mittleren Stützpfeiler braucht.

Leider hat von der Innenausstattung der Fieger-Zeit nur eine spätgotische Holzdecke im mittleren Wohnturm die Modernisierung im 19. Jahrhundert überstanden. Ihre 48 Felder sind mit aus Zirbelholz geschnitztem Maßwerk gefüllt, das eine Vielfalt spätgotischer Zierelemente aufweist. 1967/68 konnten an den vier Wänden des in der Nordwestecke des Berings liegenden „Rittersaales“ großformatige Fresken aus der maximilianischen Zeit aufgedeckt werden, die zu den bedeutendsten Zeugnissen profaner Raumgestaltung Tirols im frühen 16. Jahrhundert zählen. Der Zyklus zeigt das Leben und Treiben der damaligen ritterlichen Gesellschaft. Während an der Ostwand verschiedene Jagdarten (Gemse, Hirsch, Reiherbeize) dargestellt werden, sind an der Nordwand zeitgenössische Turnierszenen wie Rennen und Stechen zu sehen. An der Südwand ist die Belagerung Friedbergs durch Herzog Friedrich IV 1410 abgebildet. Sie zeigt aber das Aussehen der Burg um 1510, als die Gemälde angefertigt wurden und stellen damit die älteste Abbildung der Burg dar. Als Schöpfer der Fresken wurde Kaiser Maximilians Hofmaler Jörg Kölderer identifiziert. Das „Römische Kaiserzimmer“ schmücken 24 auf Marmor gemalte Brustbilder römischer Kaiser und ihrer Frauen. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die dem hl. Bartholomäus geweihte Burgkapelle ist vom Hof aus zugänglich. Sie wurde 1469 erstmals erwähnt. Beim Umbau zu Beginn des 16. Jahrhunderts erhielt sie ihr Spitzbogenportal, das Netzrippengewölbe und die Sakramentsnische. In ihren Gewölbefeldern sind Renaissance-Fresken zu sehen, die Karl Fieger und seine Gattin Elisabeth von Botsch um 1600 anbringen ließen. Über dem kleinen Barockaltar ist ein Gemälde angebracht, das die von den Heiligen Bartholomäus und Andreas umgebene Gottesmutter zeigt. Im 18. Jahrhundert wurden von den Fieger eigene Burgkapläne angestellt. Der im Erdgeschoß liegende, 86 m² große Fieger- oder Knappensaal wurde 1983/84 von der deutschen Messerschmitt-Stiftung restauriert. Er ist jener Familie gewidmet, der über 300 Jahre lang die Burg gehörte. Die hier hängenden großformatigen Portraitbilder wurden vermutlich von einem niederländischen Maler geschaffen.

Lage: oberhalb der Gemeinde Volders, ca. 13 km östlich von Innsbruck

Besichtigung: Die historischen Räume können im Sommer im Rahmen von Führungen besichtigt werden (Juni, Juli und August, täglich 14.00 – 17.00)

Homepage: www.schloss-friedberg.com


Weitere Literatur:


14.11.2016