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Pillichsdorf


Der Ort geht vermutlich auf das 11. Jahrhundert zurück, denn um 1050 hatte die Gräfin Pilichild aus der bayerischen Familie der Sighartinger, hier Besitzungen. Ihr Sohn Sighart wurde Patriarch von Aquileja. Im 12. Jahrhundert waren die Bischöfe von Passau und St. Pölten hier begütert. Als Bauherr der ersten Wehranlage wird jedoch Markward von Himberg vermutet, der in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts urkundlich aufscheint. 1209 tritt das namensgebende Geschlecht der Herren von Pillichsdorf erstmals auf. Die Ministerialenfamilie war mit den Himbergern eng verwandt. Markwards Sohn Ulrich von Himberg nannte sich ab 1234 auch nach Pillichsdorf. Konrad I von Pillichsdorf war gegen Ende des 13. Jahrhunderts Bischof von Chiemsee. Der bekannteste Vertreter der Familie war jedoch Dietrich von Pillichsdorf, der ab 1303 das Amt des Hof- und Landmarschalls ausübte. Die Pillichsdorfer scheinen bis um die Mitte des 14. Jahrhunderts häufig in den Urkunden auf, doch dürften sie zuletzt nicht mehr hier gewohnt haben. Die gleichnamige Herrschaft war inzwischen an die Dachsberg übergegangen. Auch Ulrich von Dachsberg war um 1399 Landmarschall. Seine Tochter Kunigund heiratete Heinrich von Pottendorf und brachte ihm Pillichsdorf in die Ehe mit. 1458 wurde der Ort nach einer Belagerung vom böhmischen König Georg Podiebrad eingenommen und die Burg in Brand gesetzt. 1470 kaufte Sigmund Maroltinger dem Georg von Pottendorf die halbe Burg ab. Sie blieb aber nach wie vor ein landesfürstliches Lehen, das 1513 an Jakob von Landau verpfändet wurde. Im Verlauf der ersten Wiener Türkenbelagerung wurde die Burg 1529 zerstört, so dass sie 1544 als „ödes Schloss“ bezeichnet wurde. Die Herrschaft befand sich aber bereits seit 1534 im Besitz der Familie Stubenberg. Pillichsdorf dürfte in erster Linie als landwirtschaftliches Gut gedient haben. Die auf Matzen sitzenden Grafen Herberstein nutzten es von 1570 bis 1747, als es Philipp Ferdinand Graf Sonnau erwarb. Möglicherweise war er es, der den heutigen Schlossbau errichten ließ. 1766 verkaufte Aloys Graf Sonnau das Schloss an Franz Anton Haydler, doch wurde Pillichsdorf bereits 1779 von der benachbarten kaiserlichen Herrschaft Wolkersdorf angekauft und dem Hofspital am Rennweg übergeben 1802 kam es zu einer Versteigerung, wobei das Schloss von der Gemeinde Pillichsdorf erworben wurde. Seither dient es als Gemeindeamt und Gasthaus. Zeitweise stand es auch als Armenhaus und Bank in Verwendung

Das gut erhaltene und bestens restaurierte Schloss liegt mitten im Ort unmittelbar an der Hauptstraße. Seine zweigeschossige Hauptfront ist der Straße zugewendet. Bei seiner Errichtung wurden noch brauchbare Bauteile der alten Burg wiederverwendet. Darauf weist sowohl die fünfjochige kreuzgratgewölbte Einfahrt als auch das im westlichen Teil befindliche Stiegenhaus mit seinem Gewölbe aus dem 17. Jahrhundert hin. Die siebenachsige Fassade wird von einem dreiachsigen Mittelteil dominiert, der einen Dreieckgiebel trägt. Dieser wird durch einfache Lisenen gegliedert. Die Obergeschossfenster weisen schlichten spätbarocken Dekor und gerade Verdachungen auf. Die Erdgeschoßfenster wurden im 19. Jahrhundert verändert und vereinfacht. Sehr hübsch ist der von Konsolen gestützte Mittelbalkon mit seinem barocken Schmiedeeisengitter. Das darunterliegende breite Rundbogenportal ist mit einem Rustikarahmen versehen. Zu Missverständnissen gibt immer wieder dessen Keilstein Anlass, der mit seiner Jahreszahl 1725 und den darüber angebrachten Initialen IOGVS nicht auf Johann Quintus Ehrenreich Graf Sonnau hinweist sondern auf Johanna Gräfin Sonnau, die das Schloss einer Generalrenovierung unterzog. Auch am Balkongitter ist das Monogramm „S“ zu sehen. Allerdings gelangte das Schloss nach verlässlichen Angaben erst 1747 in den Besitz der Familie Sonnau. Die Rückseite ist von einem modernen Ausbau entstellt, der der Gastwirtschaft bzw. dem Gemeindeamt dient. Die Kanten des Hauses werden durch eine aufgeputzte Eckquaderung betont. Das Gebäude ist mit einem hohen Mansarddach gedeckt. Interessant sind die mächtigen Volutengiebeln an den Seitenflügeln. Das Innere weist keine historische Einrichtung mehr auf, doch zeigt die fein ornamentierte Putzgliederung des Plafonds, dass Pillichsdorf auf eine adelige Vergangenheit zurückblicken kann. Es ist modern für seinen heutigen Verwendungszweck eingerichtet. Hinter dem Schloss liegen die Reste eines ehemaligen Parks.

Ort/Adresse: 2211 Pillichsdorf, Hauptplatz 1

Besichtigung: teilweise möglich


Weitere Literatur:


29.05.2016