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Sitzenberg


Das Gebiet zwischen Traismauer und Sitzenberg gehörte im Frühmittelalter den Salzburger Bischöfen. In einer Urkunde aus St. Florian wird 1125 ein Sigahart de Sicinberch erwähnt. Er dürfte der Namensgeber der Burg gewesen sein. 1186 sind die Domvögte von Regensburg aus dem Geschlecht der Lengenbacher die Eigentümer von Sitzenberg. Sie dürften es vom steirischen Herzog Otakar IV erhalten haben. Als mit Otto V von Lengenbach dessen Familie 1236 ausstarb, wurde die Herrschaft, zu der damals 12 Meierhöfe in der Umgebung und ein ausgedehnter Streubesitz gehörten, landesfürstlich. 1252 versuchte der Salzburger Erzbischof, der im Besitz des benachbarten Traismauer war, Ansprüche auf Sitzenberg geltend zu machen. Sie wurden jedoch von König Ottokar, der hier 1260 eine Versammlung abhielt, nicht anerkannt. Vom Beginn des 15. Jh. an, waren die Herren von Wehingen Lehensträger der Burg. 1559 wurde Joachim von Schönkirchen Burgherr, dem zehn Jahre später Christoph Greiss von Wald folgte. Dieser nahm umfangreiche Ausbauten vor und gab der alten Burg den Charakter eines Renaissanceschlosses. Von 1615 bis 1649 hatten die Freiherren von Eggenberg die Herrschaft inne, doch wurde sie Franz Andreas von Eggenberg wegen hoher Steuerschulden von den niederösterreichischen Ständen wieder entzogen und 1651 an Johann Christoph Geyer von Geyersberg verkauft. 1687 erwarb Franz Anton Graf von Losenstein das Schloss, veräußerte es aber bereits 1692 an Freiherrn Karl Gottlieb von Aichbühel. Dessen Nachkommen, denen es bereits nicht mehr als Lehen sondern als freies Eigen gehörte, behielten es mit einer kurzen Unterbrechung bis 1802 und ließen es in der Zwischenzeit barockisieren. Zu den folgenden Besitzern gehörte Alois Graf Clam, die Freiherren Selderer, die Ritter von Unknechtsberg sowie die Ritter von Rumerskirch. 1945 kam es zu schweren Zerstörungen. Die letzte private Eigentümerin war Baronin Valentine Springer, geb. Rothschild. Sie verkaufte das Schloss 1954 dem Land Niederösterreich. Es wurde restauriert und dient seither als Bundeslehranstalt für landwirtschaftliche Frauenberufe.

Schloss Sitzenberg liegt auf der Kuppe eines vorgeschobenen, isolierten Bergkegels, der den westlichen Teil des Tullnerfeldes beherrscht. Die Auffahrt zum Hauptgebäude wird vom Torwächterhaus aus der ersten Hälfte des 17. Jh. kontrolliert. Vor der Eingangsfront des Schlosses liegt ein breiter Halsgraben, der von einer vierbogigen Steinbrücke überspannt wird. An ihrer Stelle befand sich zuvor eine Kettenbrücke, wie die erhaltenen Mauerschlitze für die Kettenrollen am rustizierten Portal zeigen. Die übrigen Fronten waren früher von einem Zwinger umgeben und von einer Wehrmauer mit Schlitzscharten umgeben. Die dreigeschossigen Flügel sind an den Ecken durch runde Türme mit barocken Zwiebelhelmen verstärkt. Sie umschließen einen geräumigen Innenhof. Er ist im ersten Stock von Arkaden auf toskanischen Säulen umgeben, die zum Teil verglast, zum Teil aber heute verbaut sind und an drei Seiten über das Untergeschoß vorkragen. In einer Ecke des Hofes liegt die alte, 8o m tiefe Zisterne, über der eine Kopie des schmiedeeisernen Brunnens vom Kornmesserhaus in Bruck/Mur errichtet wurde. Der östliche Schlossflügel hat eine wechselvolle Geschichte. Noch 1672 war er nicht vorhanden, das Gebäude hatte damals einen hufeisenförmigen Grundriss und war zum Garten hin offen. Als man den Hof im letzten Viertel des 17. Jh. durch einen Quertrakt schloss, geschah dies offenbar nicht sehr fachmännisch. Der Bau kam ins Rutschen, musste 1805 abgebrochen und später durch einen Neubau ersetzt werden. Aber auch dieser wurde 1915 abgerissen. Bis 1921 entstand dann der neue Osttrakt. Sein vorspringender Mittelrisalit besteht aus einem Portikus und verschieden gestalteten rundbogigen Loggien in den beiden Obergeschossen. Dahinter liegt ein elliptischer Festsaal. Hofseitig ist ein repräsentatives Stiegenhaus in manierierten Stilformen eingebaut. Im Inneren haben sich in der Bibliothek aufklappbare barocke Bücherschränke aus der Zeit der Freiherren von Aichbühel erhalten. Auch eine Renaissancetüre mit Säulen und Holzintarsien von 1594 ist noch vorhanden. Im Jagdzimmer steht ein gewaltiger Kachelofen des 16. Jahrhunderts, bei dem es sich allerdings auch um eine Kopie handeln könnte. 2005 wurde der 1920 neu gestaltete Speisesaal restauriert. Seine klassizistischen Wandverkleidungen stammen aus dem abgetragenen Stadtpalais Liechtenstein in der Wiener Herrengasse. Ansonsten ist das Schloss heute für den Schulbetrieb modern eingerichtet.

Lage: Niederösterreich/Tullnerfeld – ca. 7 km südöstlich von Traismauer

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


19.01.2003