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Gars am Kamp


Gars ist eine der ältesten Burganlagen Österreichs. Mit dem Bau der Feste hatte wahrscheinlich schon Markgraf Adalbert von Babenberg begonnen, nachdem er bei seinem Vorstoß zur Thaya 1041 die benachbarte slawische Ringwallburg auf der Holzwiese erobert und zerstört hatte. 1051 hatte ihm Kaiser Heinrich III großen Grundbesitz im Raum Gars geschenkt. Bis zu ihrem Aussterben im Jahr 1045 waren hier die Grafen von Ebersberg begütert gewesen. Ob deren Sitz möglicherweise ein Vorgängerbau des späteren Festen Hauses war, ist nicht gesichert. Adalberts Enkel, Markgraf Leopold II (der Schöne,) ließ den vorerst bescheidenen Wehrbau nach seinem im Verlauf des Investiturstreites erfolgten Bruch mit Kaiser Heinrich IV und besonders nach seiner Niederlage in der Schlacht bei Mailberg (1081) gegen den kaisertreuen böhmischen Herzog Wratislav wehrhaft und wohnlich ausbauen. Zuvor musste er sich aber dem Kaiser unterwerfen. Nachdem Leopold den bisherigen Babenbergersitz Melk verlassen hatte, diente ihm die Garser Burg von 1075 bis 1095 als pfalzartige Residenz. Sie bestand nun aus einem Festen Haus, das von einer Ringmauer umgeben war. Die Niederlage gegen die Böhmen hatte für Leopold II keine dauernden unangenehmen Folgen, da er vom lokalen Adel unterstützt und vom Kaiser bald wieder in Gnaden aufgenommen wurde. Er konnte auch seine Funktion als Landesfürst der Ostmark wieder erhalten, die der Kaiser für kurze Zeit an Wratislav vergeben hatte. Leopold II soll in der romanischen Burgkapelle im Südturm der Garser Burg begraben worden sein, was aber von manchen Historikern bezweifelt wird. Sein Sohn, Leopold III (der Heilige), der niederösterreichische Landespatron, wurde in der Burg geboren. Er verlegte seine Residenz nach Klosterneuburg, hielt in Gars aber um 1120 ein großes Landtaiding ab. Ab 1100 wurde eine Nebenlinie der Kuenringer mit der Burghut betraut. Vor allem Nizo, ein Sohn des Azzo, dürfte dieses Amt ausgeübt haben. Gars war ein wichtiger Stützpunkt für die Kolonisierung des Waldviertels.

Bereits 1114 scheint als Verwalter der landesfürstlichen Burg der jüngere Bruder Nizos, ein Erchenbert als Gorzensis castellanus auf. Er ist der erste bekannte Vertreter der Burggrafen von Gars, die später zu einer der bedeutendsten Ministerialenfamilien der Babenberger und Habsburger aufstiegen. 1190 begleitete ein Rudwin von Gors Herzog Leopold V auf einen Kreuzzug ins Heilige Land. Unter den folgenden Garser Burggrafen findet man immer wieder typische kuenringische Namen wie Heidenreich, Rapoto, Erchenbert und Wolfger. Mit Alber starben um 1367 die kuenringischen Burggrafen von Gars aus. Zu ihrer Zeit entstand die zweite Ringmauer mit zwei Türmen und dem mächtigen achteckigen Bergfried. Auch die Gertrudskirche wurde damals errichtet. Albers Tochter Dorothea war mit Hans von Maissau verheiratet. 1373 kam Gars durch einen Teilungsvertrag zwischen Dorothea von Gars und Heidenreich von Maissau an letzteren, wobei Dorothea vorerst den Südteil der Burg, sowie die Hälfte des großen Turmes und den Kapellenturm behielt. Heidenreich konnte aber bald alle Bauten der Burg an sich bringen, so dass er schon im nächsten Jahr mit der gesamten Anlage belehnt wurde. Die Maissauer blieben bis 1430 Inhaber der Herrschaft, setzten aber meist Pfleger zu ihrer Verwaltung ein. Als Otto IV von Maissau 1429 in den Verdacht des Landesverrates bzw. der Zusammenarbeit mit den Böhmen geriet, verlor er den Großteil seiner Besitzungen, darunter auch Gars. Danach wurde die Burg von den Landesfürsten meist als Pfandbesitz vergeben. König Friedrich III verpfändete die Herrschaft 1444 an die Brüder Hans und Leopold Neudegger. Ihre Nachkommen behielten sie bis 1534 als Ernst Hans von Lamberg die Pfandherrschaft übernahm. 1549 folgte Georg Teufel. Er ließ zwischen 1561 und 1563 größere Um- und Ausbauten vornehmen, die der Burg zum Teil einen schlossartigen Charakter gaben. Georg war Stadtkommandant von Wien und Präsident des Hofkriegsrates. Sein lebensgroßer Epitaph ist, so wie die Grabdenkmäler anderer Burgherren, in der Gertrudskirche erhalten.

Matthäus, dem auch das unweit gelegene Schloss Buchberg gehörte, war der letzte Teufel auf Gars. Sein Tod im Jahr 1608 hatte zur Folge, dass nun ein rascher Besitzwechsel einsetzte. Erzherzog Maximilian III löste die Ansprüche der Erben des Matthäus ab und verpfändete die Herrschaft 1616 an Martin Hilleprandt. Der niederösterreichische Landschaftseinnehmer verstarb jedoch noch im selben Jahr. Auch sein Sohn Jonas konnte sich seines Erbes nicht erfreuen. Es wurde wegen seiner protestantischen Überzeugung konfisziert und zwei Jahre später an Vinzenz Muschinger, der als Heereslieferant zu großem Vermögen gekommen war, als freies Eigen verkauft. Als dieser 1628 starb, fiel die Herrschaft an den Reichsvizekanzler Ferdinand Sigismund Graf Kurz. Bis die Freiherren von Oppel Gars 1663 übernahmen und verschiedene Baumaßnahmen durchführten, die vor allem die Wohnlichkeit der Burg verbessern sollten, besaßen noch Maximilian Kemptner und Helfried von Wopping für wenige Jahre die Burg. Unter den Freiherren von Oppel wurden etliche Baumaßnahmen durchgeführt, die ebenfalls vor allem der Verbesserung des Wohnkomforts dienten. 1701 gelangte die Burg Gars in den Besitz des Grafen Leopold Ferdinand Anton von Rottal, der ebenfalls den weiteren Ausbau vorantrieb. 1712 verkaufte dieser die Herrschaft dem Wiener Bischof Franz Ferdinand Freiherr von Rumel, der sie 1715 seinem Cousin Franz Joseph Freiherr von Rumel schenkte. 1755 erwarben Nikolaus Heinrich von Wallhorn und dann 1773 Johann Joseph Nepomuk Graf Fuchs die Burg. Diese war wehrtechnisch längst wertlos geworden, so dass sie dem Verfall überlassen worden war. Brände richteten 1742, 1781 und 1809 große Schäden an. Der letzte geht vermutlich auf die Garser Bevölkerung zurück, die die Burg anzündete, damit sie den anrückenden Franzosen nicht als Stützpunkt dienen konnte. Die Gebäude waren aber bereits um 1800 abgedeckt worden, um der Dachsteuer zu entgehen. Ignaz Graf Fuchs verkaufte die Herrschaft 1822 an Franz Winkler, der sie sieben Jahre später an den Fürsten Karl Croy verkaufte. 1975 setzten erste Restaurierungsarbeiten ein. Bei der Familie Croy verblieb die Ruine bis 1966. Heute gehört sie der Marktgemeinde Gars, die sie 1997 vom letzten privaten Besitzer, Dkfm. Fritz Bogner, erwarb. Im Sommer finden im Hof der Kernburg qualitätvolle Opernfestspiele statt. Die hiefür erforderlichen Adaptierungen, wie die Errichtung einer großen Tribünenanlage, haben allerdings das optische Erscheinungsbild der Kernburg stark beeinträchtigt. Opernliebhaber sind von Gars begeistert, Burgenfreunde haben für die Einbauten hingegen wenig Begeisterung übrig.

Der über dem Ort Gars aufragende Schlossberg hatte sich mit seinem Gipfelplateau zur Anlage einer ausgedehnten Burg direkt angeboten. Große Teile des Kamptales konnten von hier aus kontrolliert werden. Die landesfürstliche Burg war ein Ensemble, das aus der wehrhaften Burg und der anschließenden Pfarrkirche bestand. Beide Objekte liegen auf einem spornartigen Ausläufer des Taborberges zwischen dem Kamp und dem in diesen mündenden Hirschbach. Diese natürliche Sicherung wurde an der Bergseite im Norden durch einen tiefen Halsgraben ergänzt. Der weitläufige Baukomplex erstreckt sich über eine Länge von 200 m und drei Höhenstufen. Ältester Bauteil dürfte möglicherweise das am höchsten Punkt (315 m Seehöhe) der Anlage errichtete Feste Haus sein. Der einst viergeschossige rechteckige Bau weist eine Grundfläche von 18 x 11 m und im Erdgeschoß eine Mauerstärke von bis zu 2,1 m auf. Er hatte ursprünglich im Erdgeschoß keinen Eingang. Erst in der Spätgotik errichtete man ein steingerahmtes Spitzbogentor. Das Innere war nur über einen Hocheinstieg im ersten Stock der Südfront zugänglich. Eine hölzerne Außentreppe konnte bei Gefahr rasch abgebrochen werden. Beleuchtung und Belüftung erfolgten durch wenige rundbogige Trichterfenster. Während das Erdgeschoß vorwiegend Lagerzwecken diente, war das zweite und dritte Obergeschoß zumindest zeitweise bewohnt und konnte auch beheizt werden. Das letzte Stockwerk beherbergte einen 95 m² großen Saal. Auf Grund des sorgfältig verlegten Bruchsteinmauerwerks wird die Errichtung des Festen Hauses in den Jahren vor 1100 vermutet. Das heute als Ruine erhaltene Gebäude wurde durch eine eigene 10 m hohe und 1,5 m starke innere Ringmauer geschützt. Diese Kernburg war bereits im Hochmittelalter von einem umlaufenden Graben umgeben, der erst wesentlich später zugeschüttet wurde. Der durch Vernachlässigung verursachte Verfall des Festen Hauses setzte erst im 19. Jahrhundert verstärkt ein. Große Mauerteile der bis zu 14 m hohen Nord- und Südfront sind noch vorhanden.

Die mit einer Gesamtlänge von rund 330 m gewaltige äußere Burgmauer entstand zum größten Teil in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ihre randständige Bebauung ist nur dort zum Teil erhalten, wo sie in Stein ausgeführt wurde, da die Holzbauten vom Zahn der Zeit bzw. den drei Bränden vernichtet worden sind. Ein in Österreich einmaliger Bau ist der achteckige Bergfried an der Nordwestecke des Burgareals, wo er die Angriffsseite der Burg zu schützen hatte. Wie dendrochronologische Untersuchungen beweisen, dürften der Bergfried sowie die benachbarten Teile des Berings bereits um 1090 erbaut worden sein. Um 1400 wurden ihm ein Zwinger und eine Toranlage mit Zugbrücke vorgelegt. Der Turm weist eine Höhe von 21 m und einen Durchmesser von 10 m auf. Er wurde später auch als Diebsturm oder Hungerturm bezeichnet, da sich hier zeitweise das Verlies befand. Sein Mauerwerk ist mit schön bearbeiteten Quaderblöcken und hochgestellten Steinplatten verkleidet. Der ursprüngliche Hocheinstieg befindet sich in 7 m Höhe. Er ist von großen Steinpfosten gerahmt. Die Belichtung des Inneren erfolgte durch schmale Schlitzfenster. Der Turm dürfte in erster Linie der Repräsentation und gelegentlich der Verteidigung gedient haben, da er mangels einer Heizung nur bedingt bewohnbar war. 1709 wurde der Bergfried im Erdgeschoß, wo sich zuvor das Verlies befand, durchbrochen, um eine direkte Verbindung vom Nordtor zur Hochburg zu schaffen. Auf diesen Umbau weist das hofseitig über dem Torbogen angebrachte Wappen des Grafen Leopold Ferdinand Anton von Rottal hin. Dem Turm wurde im 17. Jahrhundert eine in den Graben vorspringende Bastion vorgelagert. Schon im 15. Jahrhundert wurde der zentrale Felskopf mit dem Festen Haus als repräsentativer Wohnbereich ausgebaut. Als neuer Palas entstand der heute zweigeschossige, 38 m lange und 10 m breite Südtrakt.

Im Südosten der sich auf einer tieferen Terrasse hinziehenden Außenmauer erkennt man noch die an der Bering angebauten spärlichen Reste eines tonnengewölbten hochmittelalterlichen Torbaues, der im Obergeschoß die romanische Pankratiuskapelle enthielt. Diese war ein nahezu quadratischer zweijochiger gewölbter Raum von 5,1 x 4,7 m, dessen Apsis als Erker nach Osten vorkragte. Oberhalb des tonnengewölbten Tores war ein Wehrgang mit gemauerter Brustwehr angelegt. Der über dem Burgtor und der Kapelle im 14. Jahrhundert. errichtete Kapellen- oder Fleischturm wurde um 1561 von Georg Teufel mit runden Renaissancezinnen geschmückt. 1781 und 1919 wurde er durch Blitzschläge zerstört, so dass von ihm nur mehr ein Mauerzahn übrig blieb. An die Kapelle schloss im Westen ein repräsentativer mehrgeschossiger Saalbau von 11 x 22 m an. Von ihm sind ebenfalls nur mehr Reste vorhanden, doch zeigen diese etliche gotische Baudetails wie Sitzbänke und gemalte Wappen in den Fensternischen. Im Erdgeschoß des Saalbaues wurde im 15. Jahrhundert der sog. Rittersaal eingebaut, der mit einem zweischiffigen fünfjochigen Kreuzgratgewölbe gedeckt war, das von achteckigen Pfeilern gestützt wurde. Auch der nordöstliche Wohntrakt wurde von Georg Teufel in Auftrag gegeben. Der westliche Teil der Außenmauer war durch zwei, nach innen offene, viereckige Türme verstärkt. Große Teile des Berings wurden ab dem Spätmittelalter durch Neubauten ersetzt oder verändert. So wurden Teile der Ringmauer durch eine Doublierung deutlich verstärkt. Kurz vor 1600 entstand als Folge des gesteigerten Wohnbedarfs der 56 m lange dreigeschossige Renaissance-Schlosstrakt an der Nordostfront. Seine 17-achsige Außenfront ist dem Ort zugewandt, von dem aus die Feste in den letzten beiden Jahrhunderten eher den Eindruck einer ausgebrannten Fabrik als einer mittelalterlichen Burg machte. Erst ab 1976 wurde dieser Bauteil wieder gedeckt und dient seither als Gaststätte. Im Inneren haben sich Reste des Stuckdekors erhalten. An der Stelle dieses großen Wohntraktes befand sich im Hochmittelalter ein Saalbau, der beim Renaissanceumbau in diesen aufgegangen ist. Zur Babenbergerresidenz gehörte auch die auf einer Terrasse am ursprünglichen Burgweg unterhalb der äußeren Ringmauer liegende St. Gertrudskirche. Sie war zugleich Burg- und Pfarrkirche. Der romanische Bau wurde im 13. Jahrhundert erweitert. Im 17. Jahrhundert wurde er nochmals umgebaut. Unter anderem hatte Georg Teufel damals eine Familiengruft einrichten lassen. Die Kirche und der alte Friedhof waren durch eine eigene Ringmauer mit der Burg verbunden. An ihrer Stelle befand sich ursprünglich eine geräumige Vorburg.

Lage: Oberhalb des Ortes Gars am Kamp im Ortsteil Thunau

Ort/Adresse: 3571 Gars am Kamp

Besichtigung: jederzeit möglich

Homepage: www.burg-gars info


Weitere Literatur:


14.02.2016