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Wien - Strebersdorf (Marienheim)


Der Ort Strebersdorf wurde bereits 1078 erstmals urkundlich genannt. Allerdings lag das vorwiegend von Fischern bewohnte Dorf damals näher zur Donau und wurde regelmäßig durch Hochwasser zerstört. Er wurde daher zu Beginn des 15. Jahrhunderts an die heutige, weniger gefährdete Stelle am Fuße des Bisamberges verlegt. Schloss und Gut wechselten häufig ihre Eigentümer. Die ersten Besitzer der Herrschaft Strebersdorf waren die Vohburger, ein Markgrafengeschlecht aus Chamb am Regen, das sich um die Kolonisierung der neuen Ostgebiete große Verdienste erworben hatte. Markgraf Berthold von Vohburg schenkte um 1155 den Hof Strobersdorf dem Kloster Reichenbach. Um 1320 dürfte der Hof dem Passauer Bischof gehört haben, der ihn aber als Lehen oder zur Nutzung an häufig wechselnde österreichische Adelige weitergab. 1366 gab Niklas II von Valbach das Lehen dem Stift Klosterneuburg zurück. Später war Strebersdorf ein kaiserliches Lehen, das zur Zeit Friedrichs III im Besitz der Brüder Stephan und Ulrich Eizinger war. 1573 wird als Gutsherr Erasmus Spanowsky genannt. Er hatte den Hof im gleichen Jahr erworben, aber nach wenigen Monaten an den Edlen Urban Süß weiterverkauft. Dieser besaß ihn bis 1584, als er an den Freiherrn Siegmund von Landau überging. 1668 gehörte Strebersdorf dem Reichsherold und Hofkastner Johann Gasser. In diesem Jahr erreichte dieser eine Messlizenz für die Marienkapelle. 1688 folgte der Hauptmann der Stadtguardi Thomas Fermo de Pecorini.

1718 erwarb Johann Simon Schreiner das Lehen. Von der Gräfin St. Julien kam das Schlösschen 1733 an das k. k. Vizedomamt. Dieses veräußerte die Herrschaft 1750 an Eva Elisabetha Dietmayer von Dietmannsdorf. Sie vererbte sie ihrer Tochter Anna Sabrina, die sie als Heiratsgut in ihre Ehe mit Philipp Josef von Fillenbaum einbrachte. 1781 erwarb der Freiherr Heinrich Stadler von Adelsheim das Gut, trat es aber bald wieder an den Edlen Philipp von Prosky ab. Ab 1790 besaß Michael Johann Freiherr von Sala zu Stollberg den Ansitz. Dieser war damals von einem gepflegten Park umgeben. Nach 1803 erfolgte ein neuerlich rascher Wechsel der Eigentümer. 1817 wurde der k. k. Kämmerer Maximilian Graf von Grimaus d’Orsay durch Kauf neuer Schlossherr. Seine Vorfahren waren im 18. Jahrhundert aus Frankreich nach Österreich emigriert. 1822 brannte das Anwesen nieder. Sieben Jahre später ging Strebersdorf an Christoph Heinrich Gottfried Plattensteiner, der es 1841 dem Stift Klosterneuburg verkaufte. Dieses war und ist noch heute der größte Grundeigentümer in Floridsdorf. 1886 übertrug das Stift Schloss Strebersdorf, das noch immer von einem beträchtlichen Grundbesitz umgeben war, der Kongregation der Christlichen Schulbrüder. Dieser Orden errichtete bis 1888 an der Westseite des Schlosses eine große Klosterkirche, die mit dem Schloss verbunden wurde. In seinem Umkreis entstanden mehrere Privatschulen, die nach wie vor einen ausgezeichneten Ruf genießen. 1938 wurde der Orden enteignet. In den vorhandenen Bauten sowie in neu errichteten Baracken wurde eine Polizeikaserne und ein Militärlager eingerichtet, doch konnten die meisten Schulbrüder den Krieg im Schloss überdauern, das nicht konfisziert worden war. Das Marienheim überstand auch die zahlreichen Bombenabwürfe, die der Industrie im Norden Wiens galten, ziemlich unbeschadet. Nach 1945 und der Rückgabe an die Schulbrüder konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden.

Die Anton Böck Straße ist in ihrem unteren Bereich völlig von Schul- und Verwaltungsbauten der Schulbrüder umgeben. Das nun Marienheim genannte Schlösschen fällt daher nur wenig auf, obwohl es praktisch die Zentrale des riesigen Komplexes ist. Es hatte ursprünglich einen rechteckigen Grundriss, doch wurde es im 19. Jahrhundert durch die Anlage der Anton Böck Straße von seinem Meierhof getrennt. Dieser ist mittlerweile im Schul- und Verwaltungskomplex aufgegangen. Heute ist das Schloss nur mehr durch einen schmalen Vorgarten von der Straße getrennt. Auch die ausgedehnte Parkanlage an der Rückseite des Schlosses ist in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr erhalten. Hier befindet sich heute eine groß angelegte Sportanlage mit Hallenschwimmbad, Sauna, Tennisplätzen und Leichtathletik-Trainingsmöglichkeiten. Das Schloss selbst ist eine kleine zweigeschossige Anlage aus dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts. Mit seinen beiden Flügeln begrenzt es U-förmig einen schlichten Hof, der an seiner Vorderseite von einem Gitter abgeschlossen ist. Der einzige Schmuck der einfachen Hauptfassade ist eine Madonnenfigur an der Attika aus dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts. Der ehemalige Arkadengang im Erdgeschoß wurde später vermutlich aus Witterungs- und Platzgründen geschlossen. 1762 ließ der damalige Schlossherr Philipp Josef von Fillenbaum an den westlichen Schlossflügel eine größere Barockkapelle anfügen, die zwei Jahre später als öffentliche Kapelle genutzt wurde. Beim Wiederaufbau nach dem Brand von 1822 wurde die Kapelle in den Neubau einbezogen. Vom Hof aus führen drei Türen in das Innere des Schlosses. Die mittlere führte einst in einen Empfangssalon, die linke zur Herrenstiege und die rechte in ein Wohnzimmer. Ansonsten gab es im Erdgeschoß nur untergeordnete Räume, während die fünf Räume im Oberstock repräsentativ eingerichtet waren. Der mittlere Salon führte auf einen Balkon, doch wurde die Balkontüre von Graf Andrassy, einem Sommergast, vermauert. Heute finden sich vorwiegend Büros in den Innenräumen.

Ort/Adresse: 1210 Wien, Anton Böck Straße

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


03.01.2016