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Kittsee - Neues Schloss (Schloss Batthyány)


Während das sog. Alte Schloss von Kittsee in seiner Geschichte bis in das 12. Jahrhundert zurückgeht, ist das Batthyány Schloss, auch „Neues Schloss“ genannt, wesentlich jünger. Es geht auf eine Güterteilung zurück. Anfangs des 17. Jahrhunderts wurde unweit der alten Burg ein Meierhof errichtet. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts kam die Herrschaft Kittsee an die aus Siebenbürgen stammende Familie Listy. Mit ihr war auch das Landgericht verbunden. Nach der Aufspaltung der Familie in zwei Linien wurde die Herrschaft geteilt. Graf Johann war evangelisch, sein Bruder Ladislaus katholisch. Ladislaus Graf Listy und seine Nachkommen behielten die Alte Burg als Wohnsitz. Johann Graf Listy, der kaiserlicher Ratgeber und Kämmerer war, ließ den herrschaftlichen Meierhof zu einer hufeisenförmigen Renaissance-Anlage mit Freitreppe und einem Zwiebeltürmchen vor der Hoffassade erweitern. Ein Inschriftenstein im Park weist 1668 als Jahr der Beendigung der Bauarbeiten aus. Die Anlage wurde Neues Schloss genannt. Es war damals von einer Wallmauer mit vier Eckbastionen sowie einem Graben umgeben, über den eine gemauerte Brücke zu einem rustizierten und übergiebelten Tor führte. Die Wehrhaftigkeit war durchaus notwendig, wie die Kuruzzenüberfälle und der Vormarsch der Türken zeigten. Außerdem lag Kittsee mit dem Burgenland bis zum Ende der Monarchie im ungarischen Grenzgebiet. 1676 kam die Herrschaft durch Kauf an Paul Graf Esterházy. Der Umbau im Barockstil erfolgte in den Jahren 1730 bis 1740 durch einen unbekannten Wiener Baumeister, den Paul Anton Fürst Esterházy dazu beauftragte. Gelegentlich wird Anton Erhard Martinelli oder Lukas von Hildebrandt als Architekt genannt, doch scheint es sich eher um einen Schüler des letzteren gehandelt zu haben. Damals wurde die Außentreppe abgetragen und durch die beiden Innentreppen ersetzt. Von diesem Umbau stammt auch der vor die mittleren fünf Achsen des Hauptflügels gesetzte Mittelrisalit mit dem überhöhtem Mansardendach.

Aus dem 18. und 19. Jahrhundert gibt es mehrere Schlossbeschreibungen von begeisterten Besuchern, die von der gediegenen Ausstattung des Schlosses berichten. In einem großen Stallgebäude konnten 36 Pferde untergebracht werden. Kaiser Karl VI und Kaiser Franz I waren prominente Jagdgäste der Familie Esterházy. Auch Maria Theresia genoss die Gastfreundschaft des Fürsten Nikolaus, wenn sie nach Preßburg reiste. 1870 gelangte Kittsee an die Familie Batthyány-Strattmann. Prominentester Schlossbesitzer war Dr. Ladislaus Fürst Batthyány-Strattmann. Er hatte Kittsee 1897 von seinem Vater geerbt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließ er umfangreiche Bauarbeiten im Stil des Historismus durchführen und fast alle Innenräume neobarock umgestalten. Auch eine Bibliothek wurde neu eingerichtet. 1901 wurde die Wallmauer abgetragen. Da er als prominenter Augenarzt mittellose Patienten gratis zu behandeln pflegte, wurde er als „Arzt der Armen“ bezeichnet. Das Krankenhaus in Kittsee wurde von ihm aus eigenen Mitteln errichtet. Dr. Ladislaus Fürst Batthyány Strattmann fühlte sich mehr als Ungar als Österreicher, so dass er nach dem Ersten Weltkrieg das nun österreichische Kittsee verließ und in sein ungarisches Schloss Körmend zog, wo er neuerlich aus eigenen Mitteln ein Krankenhaus errichtete. Er starb 1931 und wurde später vom Papst selig gesprochen. Im Zweiten Weltkrieg diente Schloss Kittsee als Lazarett. Gegen Kriegsende lag es im unmittelbaren Kampfgebiet. Bombentreffer beschädigten vor allem das Dach und den rechten Stiegenaufgang. Auch die Nachkriegszeit brachte dem Neuen Schloss schwere Schäden.

1945 zog eine russische Kommandantur in die noch benutzbaren Räumen ein. Das Schloss stand dadurch nicht leer, wodurch Plünderungen weitgehend vermieden wurden. Als die Besatzung aufgehoben worden war, richtete man im Gebäude einfache Wohnungen für Flüchtlinge ein, was zu einer allgemeinen Vernachlässigung führte. Karl und Franz Batthyány-Strattmann, die mittlerweile das desolate Gut geerbt hatten, verkauften Kittsee 1961 an Manfred Mautner-Markhof. Dieser veräußerte es bereits ein Jahr später an Emmerich Makunda. Nun erlebte das Schloss seine schlimmste Zeit. Der neue Eigentümer war am Schloss nur insoweit interessiert, als er im Erdgeschoß eine Hühnerfarm einrichten und die Reste der erhaltenen Einrichtung verkaufen konnte. Auch die Parkarchitektur wurde zu Geld gemacht. Durch den Ankauf der Marktgemeinde Kittsee konnte das Schloss praktisch in letzter Minute 1966 gerettet werden. Der Architekt Rudolf Pamlitschka leitete ab 1968 die Generalsanierung des Hauses. Da dieses seiner Einrichtung völlig beraubt war, war es ein Glücksfall, dass es 1970 an den Verein Ethnographisches Museum verpachtet werden konnte. Kittsee diente nun als Filiale des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien, das hier seine Sammlungen aus Ost- und Südosteuropa unterbringen und zeigen konnte. Die Restaurierung des Äußeren konnte 1975 abgeschlossen werden. Dabei wurden die bis dahin verbauten Arkaden im Erdgeschoß der Ehrenhofflügel wieder geöffnet. Aus Kostengründen wurde das Dach in vereinfachter Form erneuert. Im Inneren konnten die Parkettböden instand gesetzt und die entwendeten Messingbeschläge der Türen und Fenster ergänzt werden. Bis 1981 konnte auch der Nordflügel mit seiner historistischen Ausstattung wiederhergestellt werden. Leider wurde das Museum 2008 aus finanziellen Gründen wieder geschlossen. Heute dient das Schloss in erster Linie als regionales Kulturzentrum. Unter anderem finden hier die Veranstaltungen der Sommerakademie Kittsee statt.

Schloss Kittsee liegt nur acht Kilometer von Preßburg, der heutigen slowakischen Hauptstadt Bratislava, entfernt. Der Zugang erfolgt durch ein mächtiges schmiedeeisernes Parktor. Ein Weg führt durch den Park zum Schloss. Davor liegt ein großes Brunnenbecken, in dessen Mitte einst die prachtvollen Statuen einer Achilles-Gruppe standen. Diese wurde jedoch 1964 vom damaligen Schlossbesitzer nach Amerika verkauft. Der Brunnen ist heute ohne Wasser, so dass er seine Aufgabe als Blickfang des Schlossvorplatzes nicht mehr erfüllen kann. Hinter ihm erstrecken sich die drei zweigeschossigen Flügel des Schlosses, die symmetrisch um einen Ehrenhof angelegt sind. Es wird vom fünfachsigen Mittelrisalit dominiert, der aus dem neunachsigen Haupttrakt deutlich vorspringt. Er geht, wie die Jahreszahl 1737 am Dachstuhl zeigt, auf den Schlossausbau unter Paul Anton Esterházy zurück und ist der architektonisch ansprechendste Teil des Gebäudes. Sein dreiachsiger Mittelteil wird durch einen mit Steinvasen verzierten Dreiecksgiebel betont, dessen heute leeres Giebelfeld einst das Zifferblatt einer Uhr zeigte. Geschweifte Halbgiebel schließen die Fassaden der beiden angrenzenden Treppenhäuser ab. Das Obergeschoß des Mittelpavillons wird durch vier ionische Pilaster gegliedert. Dazwischen beleuchten drei hohe Balkontüren den dahinter liegenden Festsaal, der die gesamte Tiefe des Schlosses einnimmt. Die Fenster sind mit geschweiften Verdachungen versehen. 1909 wurde dem Mittelpavillon eine Altane vorgesetzt, die von acht muskulösen Atlanten gestützt wird. Dieser Vorbau befand sich zuvor am Palais Grassalkovich in Preßburg, wo er um die Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Fürst Ladislaus erwarb ihn und brachte ihn nach Kittsee. Gleichzeitig ließ er die Tordurchfahrt, die in den anschließenden Südteil des Parks führte, schließen und in eine Hauskapelle umwandeln. Diese wurde beim letzten Umbau profaniert und diente danach dem Museum als Kassen- und Informationsraum. Der Haupttrakt des Schlosses ist mit einem hohen Mansarddach versehen, das mit seiner schwarzen Eternitdeckung und den Abbruch der meisten Rauchfänge die Dachsilhouette unvorteilhaft verändert hat. An den Haupttrakt schließen rechtwinkelig zwei sechsachsige Seitenflügel an, die wesentlich einfacher gehalten sind. Die Südfront des Schlosses ist ähnlich wie die Ehrenhofseite, jedoch ebenfalls schlichter gestaltet. Der Mitteltrakt springt hier nicht vor, weist aber ebenfalls drei große hohe Fenster des Festsaales auf. Die darunter liegende Altane wurde 1909 zugemauert und diente danach als Apsis der Kapelle. Dafür wurde sie mit dem nicht mehr benötigten barocken Prunkportal der Ehrenhofseite verschönt, das aber wegen seiner Vermauerung funktionslos ist.

Das Vestibül ist vom Vorplatz durch ein schmiedeeisernes Gittertor aus der Zeit um 1900 getrennt. Der Stuck zeigt u. a. das Batthyány Wappen aus der Zeit um 1740. Die Innenräume sind in der Art einer barocken Enfilade durch Türen miteinander verbunden. Anderseits sind sie aber auch durch umlaufende Gänge an der Ehrenhofseite einzeln zugänglich. Sämtliche Erdgeschoßräume sind gewölbt. Zentraler Raum im Erdgeschoß war die durch den Umbau der ehemaligen platzlgewölbten Durchfahrt entstandene Hauskapelle des Fürsten Dr. Ladislaus Batthyány-Strattmann, die später als Museumsfoyer diente. Ihr Deckengewölbe ist mit zartem Stuck dekoriert. Ostseitig schlossen sich an die Hauskapelle Zimmer für das Personal, aber auch zwei Zimmer für die Söhne des Fürsten an. Im Westflügel des Erdgeschosses hatte dieser seine ärztliche Ordination eingerichtet. Beiderseits des Vestibüls führen zwei spiegelgleiche Arme der Haupttreppe in die Beletage. Bemerkenswert sind die neobarocken schmiedeeisernen Treppengeländer und die aufgesetzten Laternen (um 1900). In den heute leeren Stuckrahmen der Wände des Treppenhauses hingen einst Familienporträts der Batthyány. Im Obergeschoß lagen die vornehm eingerichteten Repräsentationsräume. Größter und schönster Raum war natürlich der zentrale Festsaal. Hier finden auch heute noch gerne Konzerte statt. Er ist quadratisch und nimmt die gesamte Tiefe des Obergeschosses ein. Sein Deckenstuck stammt zum Teil aus der Zeit um 1740. Die Wände werden durch verkröpfte Pilaster gegliedert, wobei die Stirnseiten fast voll von den drei hohen Balkontüren eingenommen werden. Sie sind aus Nussholz gearbeitet und weisen große rundbogige Oberlichten auf. In der Mitte der Längsseiten sorgten zwei Kamine für etwas Behaglichkeit.

Leider haben sich große Teile der wandfesten Ausstattung, wie die Porträts des Fürsten Nikolaus Esterhazy und seiner Gattin sowie die geschnitzten Supraporten und die Holzlambris mit den eingelassenen Jagdbildern nicht erhalten, da sie in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts verkauft wurden. Heute hängen über den Kaminen Porträts von Kaiser Franz Joseph und der Kaiserin Elisabeth. Sie sind Werke von Franz Rusz und mit 1859 datiert. An den Festsaal schließt sich nach Osten die von Fürst Ladislaus anstelle der ursprünglichen barocken Kapelle eingerichtete Bibliothek an. Sie konnte 1981 wiederhergestellt werden. Die durch geschnitzte Pilaster gegliederten Bücherschränke sind aus dunkelbraunem Holz gefertigt, ebenso die kassettierte Holzdecke. Die in die Nebenzimmer führenden kassettierten Flügeltüren werden von vergoldeten korinthischen Säulen flankiert. Auf die Bibliothek folgten das Arbeitszimmer des Fürsten und dann der Salon der Fürstin, von dem man in das gemeinsame Schlafzimmer gelangte. Ein grün glasierter barocker Kachelofen hat im Salon alle Zerstörungen und den Ausverkauf des Inventars überlebt. Das große Zimmer am Ende des Ostflügels bewohnten die Töchter des Fürstenpaares. Das Familienspeisezimmer, auch Jagdzimmer genannt, grenzte westlich an den Festsaal. An seine einstige Ausstattung erinnern zwei gleichartige, barocke, elfenbeinfarbige Kachelöfen. Ihre ursprünglichen Vasenaufsätze sind zwar abgeschlagen, doch ist der zweigeschossige Aufbau reich modelliert. Schön gearbeitet sind auch die beiden Doppelflügeltüren mit ihren Furnieren aus verschiedenen Holzarten. Ihre leicht abnehmbar gewesenen Supraporten sind natürlich verkauft. Das barocke Stuckmedaillon an der Decke zeigt eine Hirschjagd. Im Westflügel liegen noch drei ehemalige Gästezimmer (Palffy-, Chinesisches und Bischofszimmer) mit neoklassizistischen Kachelöfen.

Das Schloss war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts von einem Wassergraben und wehrhaften Mauern mit Basteien umgeben. Von einem Garten oder Park wird nichts berichtet. Dieser scheint erst 1901 in der Literatur auf. Dafür ist die Wallanlage bis 1910 weitgehend verschwunden. Der heutige Park wurde erst anlässlich der Eheschließung von Dr. Ladislaus Fürst Batthyány als Landschaftsgarten nach englischem Vorbild angelegt und danach sehr gepflegt. Damals wurde auch die Begrenzungsmauer aus verputzten Bruchsteinen errichtet und eine Lindenallee, die bis nach Preßburg führte, gepflanzt. Das prächtige neobarocke schmiedeeiserne Parktor zwischen den von Vasen und Voluten gekrönten rustizierten Pfeilern diente zuvor bei der Weltausstellung in Paris von 1900 als Portal zum österreichisch-ungarischen Pavillon. Es ist zweiflügelig und mit zwei Fußgängerpforten versehen. Zahlreiche Statuen und Staffagebauten schmückten das Gelände. Nur weniges ist noch erhalten. Von den vier Eckbastionen des 17. Jahrhunderts. ist von einer das Mauerwerk noch vorhanden. Auf dem Gelände der heutigen Gärtnerei steht eine um 1900 errichtete künstliche Ruine. Es handelt sich dabei um einen runden Turm mit einer Aussichtsplattform. Weiters gibt es noch eine um 1900 aus Spolien errichtete Mauer mit Torbogen. Das große Wasserbecken vor dem Schloss stammt aus einer barocken Parkanlage Preßburgs. Ohne seine Achilles-Gruppe hat es aber seinen Reiz verloren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Park kaum mehr gepflegt und durch Neubauten (Schule, Wohnhäuser, Gärtnerei) stark beschnitten. Der Park war noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit zahlreichen Statuen, Obelisken und Vasen geschmückt, die erst unter dem letzten privaten Eigentümer veräußert wurden. Seit 2003 wird an der Rekonstruktion des bis dahin stark verwilderten historischen Parks gearbeitet.

Lage: Nordburgenland – ca. 15 km südöstlich von Hainburg

Ort/Adresse: 2421 Kittsee

Besichtigung: der Park ist frei zugänglich, das Innere des Schlosses meist nur bei Veranstaltungen


Weitere Literatur:


23.05.2015