Wie bei den meisten Burgen ist auch bei Neuhaus das Entstehungsjahr nicht bekannt. Eine Untergrenze dürfte aber das Jahr 1168 darstellen, da damals die Hochfreien von Schönhering-Blankenberg dem Passauer Bistum das Land zwischen Donau und Großer Mühl schenkten. Danach diente diese Gegend den Bischöfen als Jagdgebiet. Die Namen Falkenbach und Falkenberg deuten heute noch auf die Ausübung der Falkenjagd hin. Ein festes Haus als Stützpunkt kann durchaus vermutet werden. In einem Brief aus dem Jahr 1280 wird erwähnt, dass die Schaunberger gerade eine Burg errichten. Kurz danach setzten erste Nachrichten über Neuhaus ein, so dass man davon ausgeht, dass damals das Alte Schloss errichtet wurde. 1282 übertrugen Herzog Albrecht IV von Österreich (als Landesherr) und Bischof Wichard von Passau (als Grundherr) den Schutz des Verkehrs auf der Donau zwischen Passau und Eferding den Schaunbergern, die bereits in Aschach eine Maut unterhielten. Damit war bald auch in Neuhaus die Einhebung einer Maut verbunden, wodurch man, wie sich bald zeigen sollte, den Bock zum Gärtner gemacht hatte. Die Schaunberger waren eine alte Adelsfamilie, die von den Julbach-Formbachern abstammte. Sie traten um die Mitte des 12. Jahrhunderts erstmals auf und nannten sich damals „Scovenberg“. Durch Einheirat der Grafen von Plain und der Hedwig von Wachsenberg gelangten sie zu einem großen Vermögen. 1317 wurden sie in den Grafenstand erhoben. Ihr Machtzentrum lag um die Burg Schaunberg bei Eferding und um den Attersee. Sie nutzten den Machtkampf zwischen den Landesfürsten und den Passauer Bischöfen um die Landeshoheit und versuchten ihre Besitzungen zu einem selbständigen Territorium auszubauen. Dies führte zu häufigen Angriffen auf landesfürstliches Gebiet. Urkundlich erwähnt wird Neuhaus erst 1319, als die Schaunberger die Burg Herzog Friedrich von Österreich im Kampf gegen den bayrischen Herzog zur Verfügung stellten. Im Vertrag von Weitra gelang zwar ein Ausgleich zwischen dem Habsburger Herzog Rudolf IV und den Schaunbergern, doch verschlechterte sich um 1370 das Verhältnis der Landesfürsten zu ihnen neuerlich, da sich Beschwerden der Kaufleute über zu hohe eingehobene Mautgebühren häuften und die Grafen versuchten, ihre Besitzungen zu einem eigenen, vom Herzogtum Österreich unabhängigen Land zu machen.
Einer der neuralgischen Punkte war die Burg Neuhaus, die als Ausgangspunkt für eine Fehde bestens geeignet war und daher rechtzeitig massiv ausgebaut wurde. Keinem Schiff wurde auf der Donau die Durchfahrt erlaubt, bevor die willkürlich angesetzten Mautgebühren bezahlt waren. Von hier aus konnten die umliegenden Besitzungen der Habsburger und des Bistums Passau geplündert werden, ohne Gefahr zu laufen, bald zur Verantwortung gezogen zu werden. Hinter den festen Mauern der Burg war man vor Strafaktionen ziemlich sicher. In den Jahren 1380/81 und 1385/86 kam es zu zwei Fehden der Schaunberger gegen die Habsburger. 1381 wurde die Belagerung der Burg durch landesfürstliche Truppen noch mit einem Vergleich beendet. 1383 wurde die Mauteinhebung in Neuhaus verboten und die Schaunberger mussten die landesfürstliche Lehenshoheit anerkennen. Die vom Passauer Bischof an sie verpfändeten Burgen mussten an diesen zurückgegeben werden. Dies betraf vor allem Rannariedl, Haichenbach, Velden und Riedegg. Die Schaunberger führten ihren Machtkampf um die Vorherrschaft im westlichen Oberösterreich aber weiter. Ihr Ziel, eine eigene Grafschaft zu errichten, konnten sie aber nicht erreichen. 1389 unterlagen die Schaunberger endgültig. Zwar konnte auch diesmal Neuhaus nicht erobert werden, doch musste Graf Heinrich die Oberhoheit der Habsburger endgültig anerkennen und Neuhaus als Lehen von Herzog Albrecht III entgegennehmen. Zwei Jahre später besetzten Passauer Söldner die Burg, mussten sie aber auf Befehl des Kaisers wieder räumen. 1478 überrumpelte Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut die Besatzung von Neuhaus und nahm Graf Wolfgang von Schaunberg gefangen. Dieser war gezwungen, die Burg an den bayrischen Herzog abzutreten, der 1485 vom Bischof nachträglich mit ihr belehnt wurde.
1506 erhielt Kaiser Maximilian I Neuhaus vom Herzog von Bayern als Dank für seine militärische Unterstützung im Landshuter Erbfolgekrieg, doch verpfändete er es bereits 1516 an Dionys von Königseck. Während der Türkenkriege wurde die ausgedehnte Burganlage als Fluchtburg für die umliegende Bevölkerung bestimmt. Die Familie Sprinzenstein erhielt Neuhaus 1536 zuerst als Pfand, dann 1565 als Lehen und schließlich 1591 als freies Eigen. 1559 stürzte die donauseitige Ringmauer ein. 1583 entstand ein Brand, der großen Schaden anrichtete. Beim Ausbruch des Bauernkrieges von 1626 wurde die Burg belagert, erobert und geplündert. Der Schlossherr, Johann Florian von Sprinzenstein, wurde in seinem eigenen Burgverlies festgehalten und als Geisel benutzt. Nach 1650 erhielten die Sprinzenstein auf Neuhaus die hohe Gerichtsbarkeit zuerkannt. In der Zeit danach setzte der große Umbau der Burg zum Schloss ein, der nur durch die erneute Türkengefahr und die damit verbundenen erhöhten Steuern unterbrochen wurde. Mit der feierlichen Einweihung der Schlosskapelle fanden die Bauarbeiten 1720 ihren Abschluss. 1729 fiel die Herrschaft durch die Heirat der letzten Sprinzensteinerin auf Neuhaus an die Grafen von Thurn-Valsassina und Taxis. In den Franzosenkriegen wurde Neuhaus 1805 und 1809 von französischen Truppen besetzt. 1868 erwarb es Eduard Planck von Planckenburg. 1920 gelangte Neuhaus durch Heirat an die Familie Plappart von Leenheer, die es auch heute noch besitzt und bewohnt. 1945 wurde es von amerikanischen und russischen Soldaten besetzt. 1981 richtete ein Brand schwere Schäden an, die aber anschließend wieder behoben wurden. Zu einer umfassenden Restaurierung der Anlage kam es im Jahr 2007.
Neuhaus ist eine langgezogene Abschnittsburg, die in mehreren Bauabschnitten errichtet wurde. Die dominante Lage der Burg, auf einem zur Donau hin steil abfallenden schmalen Felsrücken, ist gut gewählt, da man von hier aus das Donautal von Aschach bis zur Schlögener Schlinge überblicken konnte. Die Gesamtfläche der Burg beträgt mehr als 11.000 m², ihre Länge ca. 250 m. Damit gehört sie zu den flächenmäßig größten Wehranlagen des Landes. Ältester Teil ist die am äußersten Rand des Sporns liegende ruinöse Altburg. Sie wurde um 1282 errichtet, aber zu Beginn des 16. Jahrhunderts gänzlich umgestaltet. Der lang gestreckte Baukörper besteht aus zwei ehemaligen Wohntürmen des 14. Jahrhunderts, die im Westen und Osten einen in mehreren Bauphasen entstandenen Verbindungstrakt begrenzen. Teile der Ringmauer des 13. Jahrhunderts sind im Norden, Westen und Osten im Bau wiederverwendet worden. Die Fassaden dieses spätgotischen Wohnbaues zeigen noch zahlreiche Baudetails der Spätgotik und der Renaissance. Dazu gehören an der Ostseite zwei übereinander liegende Spitzbogenportale aus dem 14. Jahrhundert und um 1500. An der Südfassade findet man weitere spätgotische Spitzbogen- bzw. Segmentbogenportale aus dem 14. und dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts. Darüber springt ein auf Konsolen ruhender zweigeschossiger spätgotischer Breiterker vor. Die großen Fenster stammen aus der Renaissancezeit. Allerdings haben sich auch einige gotische Rechteckfenster des 14. Jahrhunderts erhalten. Der westliche Wohnturm springt deutlich vor. Er zeigt in seinem obersten Geschoß eine breite gekuppelte Segmentbogenöffnung über einem gekuppelten Mittelpfeiler. Der viergeschossige Wohnbau weist gewölbte Erdgeschoßräume, einen Saal mit zwei gemauerten Pfeilern und Kreuzgratgewölbe sowie eine gedeckte Stiege mit einem schön gearbeiteten Tor auf. Um 1500 baute man an den östlichen Wohnturm eine Rauchküche an. Nachdem die beiden Wohntürme mit einander verbunden waren, wurde die Anlage aufgestockt und zum spätmittelalterlichen Palas ausgebaut.
Nach Osten hin sicherte man das Alte Schloss durch eine vier Meter starke und fünf Meter hohe gotische Schildmauer, auf der sich ein Wehrgang befand. Als in der Barockzeit durch den Ausbau des Schlosses dieser militärischer Schutz nicht mehr benötigt wurde, überbaute man um die Mitte des 18. Jahrhunderts die Schildmauer mit dem sog. Sommergebäude, das Festräume und einen Säulengang enthielt. Die gotische Toranlage, die aus einem Tor und einem Mannloch bestand, befand sich am Südende der Schildmauer. Sie wurde durch einen Turm geschützt, der im unteren Bereich noch gotisch ist. Sein geschwungener Helm weist auf einen Ausbau in der Barockzeit hin. Er wurde nach dem Brand von 1981 erneuert und dient nun wieder als Uhrturm. Eine Galerie zeigt barocke Wandmalereien aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Auch sie wurden nach dem Brand stark erneuert. Der vor der Schildmauer liegende Graben ist längst zugeschüttet, doch weisen die Zugbrückenrollen über dem Tor auf seine ehemalige Existenz hin. Das Alte Schloss konnte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts den militärischen und repräsentativen Ansprüchen der zu Geld und Macht gekommenen Schaunbergern nicht mehr genügen. Auf Grund ihres aggressiven Verhaltens gegenüber den Habsburgern mussten sie jederzeit mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen. Ein massiver Ausbau von Neuhaus war daher unabdingbar.
In einer zweiten Bauperiode entstand an der Stelle der etwas tiefer liegenden mittelalterlichen Vorburg das Neue Schloss mit seinen zeitgemäßen Befestigungen. Die wichtigste war der mächtige fünfgeschossige Bergfried. Dieser fünfeckige Turm steht auf einem Felsen, was Unterminierungen praktisch unmöglich machte. Außerdem war er durch eine hohe Schildmauer geschützt, die sowohl land-, als auch donauseitig als Ringmauer die Verbindung mit dem Altbau herstellte und einen großen rechteckigen Hof umschloss. Der ca. 40 m hohe Turm schützte den ursprünglich nördlich davon gelegenen Zugang zur Burg. Er hat im Erdgeschoß vier Meter dicke Mauern und besteht aus Keller-, Erd- und drei Obergeschoßen. Diese sind mit schmalen Schartenfenstern ausgestattet, die zum Teil Sitzbänke in den Nischen aufweisen. Das oberste Wehrgeschoß kragt leicht über einem Blendmaßwerkfries vor. Es ist mit einem Zeltdach gedeckt. An den Ecken des Frieses befinden sich fünf figurale Wasserspeier. Was die Schaunberger von den Habsburgern hielten, kann man an jenem Wasserspeier erkennen, der nach Osten, also nach Wien gerichtet ist. Es ist eine Trutzfigur, die als menschliches Hinterteil ausgebildet ist, während die übrigen Speier Menschen- oder Tierköpfe darstellen. Joachim Muschcateller schuf 1564 eine gemalte Sonnenuhr, die noch fragmentarisch erhalten ist. Im Inneren des Turmes konnten Gefangene (und später wohl Vorräte) mittels einer hölzernen Seilwinde in das Verlies hinabgelassen werden. Neben dem Bergfried springt ostseitig halbkreisförmig ein ehemaliger Wehrturm vor, der seit der Barockzeit die neue Kapelle beherbergt.
Eigentlicher Wohnbereich von Neuhaus ist seit langem das Neue Schloss. Es wurde in den Jahren 1554 bis 1564 nach Abbruch der Gebäude der ersten Vorburg vom kaiserlichen Baumeister Domenico dell’Allio und von Bartholomäus von Bellemy in die Schildmauer bzw. die donauseitige Ringmauer eingebaut. Die einzelnen Gebäude wurden in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowie im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts zu einem repräsentativen barocken Bau zusammengefasst, wobei man auch die Fassaden erneuerte. Ihre Gliederung erfolgt durch breite Riesenlisenen. Die Hauptfront ist nach Osten gerichtet. Den Zugang ermöglicht eine steinerne Bogenbrücke, die den vorgelagerten Graben überspannt. Sie führt zu einem repräsentativen Segmentbogentor, das von einer manierierten Rustikarahmung aus dem zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts umgeben ist. Darüber erkennt man ein großes Allianzwappen der Familien Sprinzenstein sowie Thurn und Taxis vermutlich aus dem Jahr 1729. Der geländebedingt schmale Ostflügel wird durch ein tonnengewölbtes Substruktionsgeschoß gestützt. Ein schmaler Gang führt um den Bergfried und verbindet die Wohntrakte. Er weist ein Kreuzgratgewölbe bzw. ein Tonnengewölbe mit Stichkappen auf. Wegen der geringen Breite des Osttraktes sind die einzelnen Räume als Enfilade angeordnet. Im Wohnbereich haben sich barocke Türen und Stuckdecken aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Den nördlichen Abschluss des Neuen Schlosses bildet die dem hl. Kreuz geweihte Kapelle. Sie ist erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den Umbau des vorstehenden Prantlturmes entstanden. Dieser barocke Sakralraum weist eine qualitätvolle Ausstattung auf. Zarter Stuck schmückt die hohen Fensternischen. Am Altarblatt ist die Kreuzigung Christi von Johann Philipp Ruckerbauer dargestellt (1710). Bemerkenswert ist die 1989 restaurierte Orgel, die bis 1656 in Schloss Götzendorf stand. Ihre Pfeifen sind noch original. Mit der Anlage der dreieckigen zweiten Vorburg wurde auf die inzwischen aufgekommene Artillerie reagiert. Die spätgotische Toranlage geht auf das 15. Jahrhundert zurück. Vorgelegte Basteien und zwei Batterietürme sollten Distanz zum Hauptbau schaffen. Zwischen 1646 und 1729 wurden die südlichen und östlichen Wehranlagen wieder abgetragen und der Schlosscharakter verstärkt. Im Süden erstreckt sich unterhalb des Schlosses ein terrassenförmig angelegter Garten. In der südlichen Ringmauer befindet sich der Zugang zu dem nahe der Donau gelegenen Ketten- oder Räuberturm. Der 8 x 8 m große und 18 m hohe dreigeschossige Turm diente der Einhebung der Donaumaut. Oberhalb des Schlosses liegt der bereits 1563 erwähnte ehemalige Meierhof, der seit 1992 als Jugendlager Verwendung findet.
Lage: hoch über dem linken Donauufer
Ort/Adresse: 4113 St. Martin im Mühlkreis
Besichtigung: nur von außen möglich
Weitere Literatur:
20.04.2015