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Baden - Rauhenstein


Die Burg dürfte im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts erbaut worden sein. Ihre Lage war strategisch sehr wichtig, da die Straße durch das Helenental die einzige praktikable Verbindung durch den Wienerwald nach Westen darstellte. Rauhenstein wird erstmals 1186 mit „Alber et Chonrat de Ruhinstein“ im Klosterneuburger Traditionskodex erwähnt. Im 12. und 13. Jahrhundert befand sich die Burg längere Zeit im Besitz des babenbergischen Ministerialengeschlechts der Tursen. Mit der Tochter des Heinricus de Ruhensteine, ist die Sage verbunden, dass ihr ein Bewerber von einem Kreuzzug Safransamen mitgebracht hat, auf den die bis ins 19. Jahrhundert um Baden befindlichen Safrankulturen zurückgehen sollen. 1203 scheint ein Otto Turse von Rauhenstein auf, an den noch heute in Wien die Rauhensteingasse erinnert. Die Tursen (=Riesen) dürften gegen 1299 ausgestorben sein. Vermutlich durch Heirat kam die Burg um die Mitte des 13. Jahrhunderts in den Besitz der Familie Pillichsdorfer. Von ihr erbte 1386 Hans III von Puchheim die Herrschaft. Angeblich überfiel im Jahre 1408 der berüchtigte Räuberhauptmann Johann Laun mit seinen Leuten die Burg, wobei der Burgvogt Kuno Toller ermordet und die Burg geplündert wurde. 1466 lehnte sich Wilhelm II von Puchheim gegen Friedrich III auf. Im gleichen Jahr soll der Tross der Kaiserin Eleonore, die von Baden nach Heiligenkreuz unterwegs war, von den Knechten des Pflegers von Rauhenstein überfallen worden sein. Diese raubten einen Kammerwagen der Kaiserin aus. Zwar konnte ihre Begleitmannschaft den frechen Burschen ihre Beute wieder abjagen, doch war dies dem Kaiser nun zuviel. Er beauftragte den Hauptmann Georg von Pottendorf mit einer Strafexpedition. Rauhenstein wurde belagert und schließlich eingenommen. Wie bei solchen Gelegenheiten üblich, wurde dabei die Burg zumindest teilweise zerstört. Wilhelm II von Puchheim, dem man auch Übergriffe auf die benachbarten Dörfer nachsagte, wurde geächtet. Seitdem war Rauhenstein landesfürstlicher Besitz und wurde von Pflegern verwaltet. In den Ungarnkriegen mit König Matthias wurden die Burgen Rauhenstein, Rauheneck und Rohr zerstört. Lediglich Rauhenstein wurde – wenn auch nur schleppend – wieder aufgebaut.

Der Pfleger von Rauhenstein war nun auch für die Herrschaften Rohr und Rauheneck zuständig. Kaiser Friedrich III benötigte für seine Feldzüge große Summen, die er nicht hatte. Um seine Geldnot zu lindern verpfändete er neben anderen landesfürstlichen Herrschaften auch Rauhenstein. Zu den Pfandinhabern gehörte auch sein Söldnerführer Heinrich Prüschenk Freiherr von Stettenberg. 1529 wurde Rauhenstein von den Türken zerstört. 1531 wird der Hofkriegsrat und Feldmustermeister Lienhard Khüttenfelder als Pfandinhaber erwähnt. Er ließ die Türkenschäden beheben. Unter seiner Familie wurde auch Scharfeneck dem Herrschaftsbereich von Rauhenstein eingegliedert. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Burg Zentrum eines großen Landgerichtsbezirkes, der auch die ehemaligen Herrschaften Rohr und Rauheneck umfasste, was aus einem Urbar von 1534 hervorgeht. 1583 verkaufte Kaiser Rudolf II den Besitz an Georg Saurer von Sauerburg. Dieser musste aber zuvor noch die Ansprüche der Familie Khüttenfelder ablösen. Saurer war Kämmerer von Erzherzog Maximilian III, der Hochmeister des Deutschen Ordens wurde, nachdem er auf die polnische Königswürde verzichten musste. Als Saurer um 1602 starb, verkauften die Vormünder seiner minderjährigen Kinder die vereinigte Herrschaft Rauhenstein an Maria von Sinzendorf. Ihre Erben veräußerten 1617 den Herrschaftskomplex an Hans Paul Bayer. Dieser vereinigte ihn mit seinem Besitz Weikersdorf. Das dortige Schloss war zwar nur ein Kleinadelssitz, aber wesentlich bequemer als die alte Ritterburg. Daher wurde es zum neuen Verwaltungssitz bestimmt. 1635 wurde Bayer von Kaiser Ferdinand II zum Freiherrn von und zu Rauhenstein ernannt, obwohl dieses bereits verlassen war und nicht mehr gepflegt wurde. Ferdinand III erhob ihn in den Grafenstand. Auf Grund finanzieller Schwierigkeiten musste er 1644 Rauhenstein verpfänden.

Seine Schwiegertochter Clara Benigna von Hofkirchen verkaufte es 1658 an Johann Christoph Menner von Greifenfeldt. Dieser besaß Rauhenstein nur wenige Jahre. Sein Nachfolger wurde ab 1665 Johann Jakob Reichsritter von Rafenstein. Er war kaiserlicher Rat und Obereinnehmer der niederösterreichischen Stände. Wegen Unregelmäßigkeiten in seiner Finanzgebarung kam es 1668 zu einer Exekution seiner Besitzungen durch die Landstände. Seine Steuerschulden wurden vom Freiherrn Carl Leopold Geyer von Edelbach, dem Vormund seiner minderjährigen Kinder, übernommen, wofür ihm die Herrschaft Rauhenstein übertragen wurde. 1678 verkaufte er die Herrschaft an Johann Friedrich Freiherrn von Kriechbaum. Nach dessen Ableben kam es zu einem Verlassenschaftskonkurs. Rauhenstein wurde an Georg Christoph Freiherrn von Kuenritz verkauft. Er war Diplomat und bis 1683 kaiserlicher Resident am Hof des Sultans in Konstantinopel. Seine Witwe heiratete Bernardin Paselli, geriet aber bald ebenfalls in finanzielle Schwierigkeiten. Rauhenstein wurde ihrem Vetter Franz Anton Edler von Quarient und Raal übergeben. Dieser besaß bereits die Herrschaften Weikersdorf, Raabs und die Veste Rohr. Er war kaiserlicher Rat und Landuntermarschall. Als Doktor beider Rechte hatte er am Codex Austriacus, einem Sammelwerk aller damals gültigen landesfürstlichen Gesetzen mitgearbeitet. Seine Herrschaften hatten beim Türkeneinfall von 1683 schwer zu leiden gehabt. Ein Drittel seiner untertänigen Häuser in Rauhenstein waren danach verödet. Die Burg war durch das Türkenjahr, den häufigen Besitzwechsel und den wenig zahlungskräftigen Vorbesitzern bereits zur Ruine geworden. 1705 fehlten auf Rauhenstein die meisten Dächer, aber auch Fenster und Türen. Es ist nicht richtig, wie oft zu lesen ist, dass die Quarients 1713 die völlig intakte Burg abdecken haben lassen um sich die Dachsteuer zu ersparen, wodurch sie zur Ruine wurde. Zu diesem Zeitpunkt war sie längst unbewohnbar.

Franz Anton von Quarient begann mit dem planmäßigen Wiederaufbau seiner Herrschaften. Als Wohnsitz und Verwaltungsmittelpunkt wählte er Schloss Weikersdorf. 1720 verkaufte die Familie Quarient Rauhenstein an Anna Magdalena geb. Quarient. Ihr Gatte Salomon Edler von Piazzoni hatte im Spanischen Erbfolgekrieg die Habsburger finanziell unterstützt, wofür er 1711 in den Ritterstand erhoben wurde. Nach seinem Tod heiratete Anna Magdalena in zweiter Ehe Carl Hieronymus Edler von Doblhoff-Dier, der nach ihrem Ableben 1756 die Herrschaft Weikersdorf mit Rauhenstein erbte. Die Herren von Doblhoff hießen ursprünglich Holer und waren bürgerlicher Herkunft. Sie waren aber wohlhabend und unterstützten Kaiser Leopold I finanziell im Kampf gegen die Türken. Franz Holer war Leibmedicus mehrerer Kaiser sowie des Herzogs von Lothringen. Dies brachte ihnen die Erhebung in den Ritterstand ein. Ab 1692 durften sie sich mit dem Prädikat „von Doblhoff“ schmücken. 1772 wurde Anton I von Doblhoff zum Freiherrn ernannt. Die meisten männlichen Familienmitglieder waren hohe Beamte im Dienst der Habsburger. Rauhenstein verblieb bis in die Gegenwart bei der Familie. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden noch benutzbare Teile der Ruine im Einvernehmen mit der Familie Doblhoff durch die Firma Mühlbeck & Hebenstreit als Pechsiederei und Terpentinfabrik genützt, was weder der Bausubstanz noch der Umwelt guttat Beschwerden mehrerer Badner Kurgäste führten zu ihrer Absiedelung. Schließlich ließ sich der Buchhändler und Druckereibesitzer Johann Ferdinand Ritter von Schönfeld mit der Ruine belehnen. In den folgenden Jahren restaurierte er das Gebäude und machte den Bergfried durch den Einbau von Stiegen wieder zugänglich. Der Schlosspark wurde durch die Anlage eines Wegenetzes wieder attraktiv. Bereits im 18. Jahrhundert hatten die Herrschaftsbesitzer durch Parkbauten, Statuen und die Anlage eines Schildkrötenteiches zu seiner Verschönerung beigetragen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnerte man sich an die Attraktivität von Burgruinen für den Fremdenverkehr. Die Mauern wurden gesichert und ausgebessert. In den Abendstunden wird Rauhenstein beleuchtet.

Rauhenstein ist eine der größten Burgen im Umkreis von Wien. Sie hatte mehr als 20 Räume und konnte etwa 100 Menschen beherbergen. Auch als Ruine dominiert sie noch weithin das Tal. Sie liegt am Nordhang des Helenentals auf einem mit Föhren bewachsenen 50 bis 60 m hohen, steil abfallenden Felshang. Gute Sichtverbindungen bestanden nach Rauheneck und Scharfeneck. Die einst besonders gefährdete Nordwestseite wurde durch den heute nicht mehr erkennbaren, aber seinerzeit bis zu 9 m tiefen Halsgraben und den annähernd quadratischen, dreigeschossigen, fast 10 m hohen Torturm geschützt. Während er nach außen nur mit Scharten versehen ist, weist er an der Innenseite ein Fenster auf. Von diesem steigt eine Mauer nach Südwesten zur Deckung der Bergseite zum westlichen Eckturm der Vorburg an. Er ist fast 10 m hoch und nach innen offen. Sein spitzbogiges Tor wurde vermutlich erst im 19. Jahrhundert ausgebrochen. Die Ostmauer der Vorburg stammt zwar im Kern aus dem 14. Jahrhundert, wurde aber später stark überarbeitet. Zwischen der östlichen Umfassungsmauer und dem Bergfried liegt das zweite Tor. Es ist rundbogig und wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erneuert. Seine Gewände sind aus Quadern gefügt. Der zweite Hof hat einen unregelmäßig dreieckigen Grundriß. Er diente der ältesten Anlage als Vorburg. Die heutige Vorburg am Nordende der Anlage wurde vermutlich erst im 15. Jahrhundert angelegt. An der höchsten Stelle des Felsens steht der die Vorburg beherrschende und das innere Burgtor flankierende Bergfried. Er ist aus groben Quadern erbaut und gilt als ältester Teil der Burg. Allerdings stammt nicht er sondern nur sein Steinmaterial aus dem 12. Jahrhundert. Es wurde beim Wiederaufbau in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts neuerlich verwendet. Der 20 m hohe Turm hat eine Grundfläche von 12 x 13 m und weist ein Quadermauerwerk mit sorgfältig behauenen Ortsteinen auf. Seine Mauern sind an der Basis mehr als drei Meter dick. Durch Mauerrücksprünge im Inneren verjüngt sich die Mauer zweimal, wodurch in den oberen Geschoßen mehr Platz geschaffen wurde, ohne dass dies von außen auffallen würde. Der Hocheinstieg liegt in 15 m Höhe über dem Hof. Er war, wie üblich, über eine Holztreppe zugänglich. Der Turm war im Inneren durch Holzdecken in drei Stockwerke unterteilt.

Durch ein Rundbogentor gelangt man in den zweiten Hof. Dieser hat die Form eines unregelmäßigen Dreiecks. Von ihm führt ein weiteres rundbogiges Tor in den engen inneren Burghof. Er wird an der Nordseite von der Scheidemauer zum zweiten Hof, an der Südostseite vom Palas, sowie an der östlichen und westlichen Schmalseite von Flügelbauten des Palas begrenzt. Im nordwestlichen Eck lag die Zisterne. Der im Kern spätromanische dreigeschossige Palas liegt an der unzugänglichen Talseite. Er wurde im 16. Jahrhundert auf den Grundmauern des alten Wohntraktes aus dem 12. Jahrhundert neu erbaut. Sein einst kreuzgewölbtes Erdgeschoß ist durch ein rechteckiges Tor mit Quadergewände und einem mächtigen steinernen Sturzbalken zugänglich. Die Reste eines Kamins weisen darauf hin, dass hier die Burgküche lag. Im ersten Stock des Palas befand sich ein 13 m langer, rechteckiger Saal, an den sich beiderseits kleinere Räume anschlossen. Er war mit einem Kreuzgratgewölbe gedeckt, von dem aber nur mehr die Gewölbefüssel erhalten sind. Die Beleuchtung erfolgte durch große rechteckige Fenster in der westlichen Außenmauer. Diese waren wegen deren sturmfreien Lage kein verteidigungsmäßiges Problem. In der nordwestlichen Ecke des inneren Hofes liegt das Stiegenhaus. Von hier führte ein Gang an der Stirnseite des Hofes in den Palas. Dieser öffnete sich vermutlich als zweibögige Loggia gegen den Burghof. Im zweiten Geschoß des Nordwesttraktes springt ein Abtritterker weit nach außen vor. Die kleine 6 m hohe Burgkapelle ist ein etwa 3 x 4 m großer Raum. Sie hatte einst eine halbkreisförmige Apsis, doch ist diese von innen nicht mehr zu erkennen, da sie nach einem Einsturz im 16. Jahrhundert abgemauert wurde. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert, der Übergangszeit zwischen Romanik und Gotik. Der Kapellenraum hatte ein Kreuzrippengewölbe, von dem nur mehr die auf würfelförmigen Eckkonsolen ruhenden Füssel erhalten sind. Die kleinen Fenster wurden später stilwidrig vergrößert. Eine schmale Empore war vom Palas aus über eine Holzbrücke zu erreichen. Unterhalb der Kapelle liegt ein bastionartiges Außenwerk. Von hier aus konnte der Felshang unterhalb des Palas flankierend beschossen werden. Die dachlosen Mauern der Burg mussten natürlich vor einer weiteren Verwitterung geschützt werden. Ihre starken Torkretierungen sind glücklicherweise nur von oben zu erkennen. Warum allerdings die Einrichtung eines Abtritterkers in Beton rekonstruiert werden musste, ist nicht leicht verständlich.

Lage: am westlichen Ortsrand von Baden

Ort/Adresse: 2500 Baden bei Wien

Besichtigung: jederzeit frei zugänglich


Weitere Literatur:


21.03.2015