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Bertholdstein


Bertholdstein war eine der größten Höhenburgen, die zur Sicherung des Raabtales gegen Osten im 12. Jh. angelegt wurden. Bauherr war Berthold I von Emmerberg, ein Ministeriale der Traungauer Grafen. Er errichtete zwischen 1170 und 1179 am äußersten Sporn des strategisch günstig gelegenen Höhenrückens eine kleine Rodungsburg, den Vorläufer des späteren Schlosses und heutigen Klosters. Seine Nachfolger stiegen zu Erbtruchsessen auf. Berthold IV nahm 1278 an der Seite Rudolf von Habsburgs an der entscheidenden Schlacht von Jedenspeigen teil, bei der König Przemysl Ottokar den Tod fand. In der Auseinandersetzung zwischen Herzog Ernst dem Eisernen und seinem Bruder Leopold, standen die Emmerberger auf Seiten der Leopoldiner. In ihrer Fehde gegen den Landesfürsten verwüsteten sie das Land und überfielen Reisende, die durch das Raabtal zogen. Dies führte dazu, dass Bertholdstein erstürmt wurde und sein Besitzer Urfehde schwören musste. Die Emmerberger erhielten Bertholdstein zwar bald wieder zurück, mussten die hochverschuldete Burg aber kurz danach verkaufen. Nach mehrfachem Besitzerwechsel gelangte die Herrschaft 1578 an die Herren von Lengheim. Diese führten im 17. Jh. den großzügigen Ausbau zum Schloss durch. Sie ließen den Arkadengang errichten und Wehrmauern mit starken Wehrtürmen zum Schutz gegen die Türken erbauen. Bertholdstein war bis 1800 in ihrem Besitz. Danach kam es an die Grafen Trautmannsdorf und die Familie Noe von Nordberg. 1871 erwarb das bereits vom Verfall bedrohte Gebäude Graf Ladislaus Koszielski, der jahrzehntelang Berater des türkischen Sultans Abdul Medschid gewesen war und von diesem den Ehrentitel Sefer Pascha sowie ein beträchtliches Vermögen erhalten hatte. Er ließ das Schloss im romantisch-orientalischen Geschmack durchgreifend restaurieren, wobei er dem alten Schlossturm die Gestalt eines türkischen Minaretts gab. Sein halbmondgeschmücktes Wappen ist noch heute an zahlreichen Fenster- und Türbeschlägen zu sehen. Das Innere wurde mit orientalischem Prunk ausgestattet und diente als Kulisse für glanzvolle Feste. Außerdem brachte er seine kostbaren türkischen Sammlungen hier unter. Sefer Pascha starb 1895 und wurde in der Schlosskapelle begraben. Sein Erbe verkaufte die Sammlungen und schließlich auch das Schloss. Seit 1918 gehört es dem Benediktinerinnenkonvent St. Gabriel und dient den Schwestern als Kloster und Exerzitienhaus. 1967 verwendete man Bertholdstein als Kulisse für die Verfilmung des Romans „Das Schloß“ von Franz Kafka.

Die ausgedehnte Schlossanlage besteht aus der dreigeschossigen Hauptburg im Norden und der an der Südseite, zur Strasse hin liegenden Vorburg. Die um zwei kleine Innenhöfe gruppierte Kernburg ist der älteste Teil der Burg. Sie geht noch auf das 13. Jh. zurück, wurde aber später mehrfach verändert. Der von Sefer Pascha romantisch umgebaute Turm wurde 1999 restauriert und dient heute als Wasserturm. Die aus der Zeit der Gotik stammende Vorburg ist an der Ostecke durch einen vorspringenden viereckigen Eckturm verstärkt, der den Torbau schützt. Hier sieht man noch die Rollen der Zugbrücke und über dem Portal eine Pechnase sowie einen mit 1582 datierten Wappenstein des Adam von Lengheim. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde die Vorburg mit der Hauptburg durch eine 90 m lange Wehrmauer verbunden. Die alten Schießscharten sind noch an der Außenfront erkennbar. An der Innenseite ist sie als zweigeschossiger Arkadengang gestaltet. Dies ist der längste Mitteleuropas. Da man an der gegenüberliegenden Seite langgestreckte Wirtschafts- und Wohngebäude errichtete, erhielt man einen riesigen Hof, der in der Zeit der Ungarn- und Türkengefahr die umliegende Bevölkerung aufnehmen konnte. Die alte Kapelle in der Vorburg geht noch auf die Romanik zurück. Ihr heutiges Aussehen erhielt sie aber durch einen Umbau in der ersten Hälfte des 15. Jh. Spätgotisch ist auch die Sakramentsnische und das Sakristeiportal. Ein mit dem Lengheimwappen geschmücktes Taufbecken ist mit 1597 datiert. Das große Fresko mit der Schutzmantelmadonna und Mitgliedern der Familie Lengheim entstand 1761. Im ersten Stock der Vorburg ist ein schöner rotmarmorner Grabstein des Berthold von Emmerberg (gest. 1403) angebracht, der sich ursprünglich in der Pfarrkirche von Fehring befand. Aus praktischen Gründen wurde der ehemalige „Rittersaal“ in der Kernburg 1965 in eine moderne Kapelle umgewandelt. Von der orientalischen Pracht des späten 19. Jh. haben sich im Inneren nur spärliche Reste erhalten.

Lage: Steiermark/Oststeiermark – ca. 3 km westlich von Fehring

Besichtigung: nur von außen möglich. Lediglich am Palmsonntag ist der Innenhof im Zuge der Palmprozession öffentlich zugänglich.


Weitere Literatur:


09.01.2003