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Salzburg - Hellbrunn


Das Land am Fuße des Hellbrunnerberges war schon im 15. Jahrhundert als landesfürstlicher Tiergarten in Verwendung und ist es, in abgewandelter Form, auch heute zum Teil wieder. Fürsterzbischof Markus Sitticus, Graf von Hohenems, regierte nur sieben Jahre von 1612 bis 1619, aber in dieser kurzen Zeit drückte er der Stadt Salzburg seinen Stempel auf. Er war ein Neffe des Papstes Pius IV als auch des heiligen Carl Borromäus und hielt sich längere Zeit in Italien auf, wo er die Schlösser und Paläste des italienischen Adels kennen lernte. Ihm war eine geistliche Laufbahn vorgezeichnet, Daher war seine kirchliche Karriere beachtlich. Nachdem er 1610 in Konstanz zum Diakon geweiht wurde, wurde er bereits zwei Jahre später zum Salzburger Fürsterzbischof gewählt. Zu den Bauwerken, die mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden, zählen neben der Residenz und dem Dom vor allem das Schloss Hellbrunn und sein Park. Bereits wenige Monate nach seinem Regierungsantritt musste ein geeigneter Platz für ein neues Schloss gefunden werden, dem er seinen Stempel aufdrücken konnte. Hohensalzburg, in dem er seinen Vorgänger Wolf Dietrich von Raitenau gefangen hielt, kam ebenso wenig in Frage, wie das von diesem gegründete Schloss Altenau (Mirabell). Er entschied sich schließlich für den kleinen Waldberg, eine Erhebung im oberen Salzachtal, wo bereits seit zwei Jahrhunderten ein erzbischöflicher Tiergarten bestand. Danach beauftragte Markus Sitticus den italienischen Dombaumeister, Architekten und Bildhauer Santino Solari mit der Errichtung eines Lustschlosses. Dieser hatte damit bereits im Juli 1613 begonnen. Im Oktober des folgenden Jahres war der Bau vollendet.

Er war nicht so sehr für Sommeraufenthalte bestimmt, sondern sollte vorwiegend als Wochenendrefugium dienen. Die architektonischen Vorbilder für diesen Bau waren die von Kardinälen und Adelsfamilien erbauten Villen Oberitaliens sowie jene der Umgebung von Rom. Wie eine Inschrift am Fries des Schlossportals berichtet, betrug die Bauzeit des eigentlichen Schlosses nur 15 Monate, die der gesamten Anlage aber sechs Jahre. Markus Sitticus war mit seinem Baumeister so zufrieden, dass er diesen schließlich zum Leiter des gesamten Bauwesens des Erzstiftes bestellte. Als der Fürsterzbischof 1619 starb, war auch die Gesamtanlage von Hellbrunn vollendet. Die nachfolgenden Erzbischöfe änderten nichts am allgemeinen Aussehen, sondern beschränkten sich auf Reparaturen und Auswechslungen von schadhaften Teilen, so dass Hellbrunn als eines der wenigen vor dem 30-jährigen Krieg erbauten deutschen Lustschlösser sein Aussehen im wesentlichen beibehalten hat. Lediglich Fürsterzbischof Guidobald Graf Thun (1654 – 1668) baute Teile der Hofgebäude, die durch einen Brand zerstört worden waren, größer und architektonisch wirkungsvoller wieder auf. Im Verlauf der Säkularisierung unter der französischen Besatzung verlor das Schloss seine Funktion als fürsterzbischöfliche Residenz. Nach dem Anschluss Salzburgs an Österreich ging es 1816 in den Besitz des österreichischen Kaiserhauses über. 1921 wurde Park und Schloss von der Stadt Salzburg erworben. Heute ist das erstklassig gepflegte Hellbrunn die besterhaltene Villa suburbana nördlich der Alpen und eine Hauptsehenswürdigkeit von Salzburg. Daneben wird es vorwiegend für kulturelle Veranstaltungen, wie das „Fest in Hellbrunn“ genutzt.

Vom einstigen Vorort Nonnthal führt eine alte Allee, die sog. „Fürstenstraße“ an kleinen Adelssitzen und Villen vorbei nach Hellbrunn. Die Gesamtanlage schließt den Hellbrunner Berg und einen ausgedehnten Naturgarten ein. Sie ist großteils von einer Mauer umgeben. Das Eingangstor zum etwa 60 Hektar großen Park ist mit zwei Wappen des Bauherrn und vier Obelisken geschmückt. Die Rokoko-Torflügel wurden erst 1888 aus Schönbrunn hierher transferiert. Das Schloss liegt in der Nordwestecke des Parks am Fuß des Berges. Eine lange Einfahrtsallee führt zuerst durch den Park und dann durch die Nebengebäude. Je näher sie zum Haupthaus stehen, desto bedeutender werden sie: zuerst Stallungen und Lagerräume, dann die Wohnungen für den erzbischöflichen Hofstaat, für Diener, Schreiber, Offiziere und hohe Beamte. Im südlichen Seitenflügel befindet sich die Kapelle, außerhalb des eigentlichen Schlosses, eher ungewöhnlich für den Lieblingsaufenthalt eines Kirchenfürsten, doch wurde sie erst nach dem Zweiten Weltkrieg bei einem Umbau hierher übertragen. Zuvor lag sie im nördlichen Seitenflügel. Die Schlosskapelle ist ein schlichter tonnengewölbter Raum mit zarter Pilaster- und Gurtbogengliederung. Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Altarbild zeigt die Maria Immaculata. Das baulich einfach gehaltene, zweigeschossige Schloss umfasst mit zwei vorgezogenen Flügeln einen fast quadratischen Ehrenhof, in den die Zufahrt mündet. Durch die ausgewogenen Proportionen wirkt es viel kleiner, als es tatsächlich ist. Der Grundriss des Gebäudes ist ein Rechteck mit turmartigen Pavillons an den Schmalseiten, die hinter der Hauptfront stark zurücktreten. Über einem Mezzaninsockel liegt ein sehr hohes Hauptgeschoß, das über eine doppelarmige Freitreppe zugänglich ist. Sie überdeckt eine Brunnengrotte mit einer Marmorgruppe. Ein stattliches Rustikaportal trägt das Steinbockwappen des Erzbischofs. Interessant sind die Wappen, die einen Löwen zeigen, der mit einem Steinbock tanzt. Sie sind an mehreren Stellen des Schlosses zu sehen. Es handelt sich um die Wappentiere des Fürsterzbischofs Markus Sitticus (Steinbock) und des Bistums Salzburg (Löwe). Die zum Ehrenhof gerichtete elfachsige Fassade wird nur durch zwei Querstreifen und schwach markierte Eckrisalite gegliedert. Ihre Mitte wird durch das Portal mit seiner zweiarmigen Freitreppe betont. Etwas schwer wirkt der aufgesetzte Mittelgiebel, der vermutlich als Aussichtswarte gedacht war. Die dem Park zugekehrte Seiten des Schlosses sind architektonisch reicher gestaltet. Die Fenster der Risalite sind von Imperatorenbüsten gekrönt. Das Portal an der Südwestfassade fällt durch seine ungewöhnlichen, an ägyptische Motive erinnernden Pilaster auf.

In der Mittelachse des ersten Geschosses liegt das Vestibül. Von hier führen zwei Treppenhäuser mit Wendeltreppen nach oben. Die meist gewölbten, aber eher einfachen Räume des Erdgeschosses beherbergten einst die erzbischöfliche Garde. Bemerkenswert ist der Carabinierisaal, der für Veranstaltungen aller Art, wie Hochzeiten oder Firmenempfänge gemietet werden kann. Seine Wände sind mit großformatigen friesartigen Bildern geschmückt. Sie stellen Kampfszenen von Tieren und Fabelwesen dar. Diese manieristischen Ölbilder sind Nachschöpfungen der eigenen Werkstatt einer Raumdekoration, die Giulio Romano für den Palazzo del Te in Mantua angefertigt hatte. Sie sind vermutlich als Teil einer Festdekoration im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts im Auftrag der Familie Gonzaga entstanden. Erzbischof Markus Sitticus hatte sie am Beginn des 17. Jahrhundert erworben und nach Hellbrunn bringen lassen, doch dürften sie vermutlich vorerst einen anderen Raum geschmückt haben. Diese Friese hingen hier bis 1960 und kamen dann für eine geplante Restaurierung in ein Depot des Salzburg Museums in der Bürgerspitalkirche, wo sie vorerst in Vergessenheit gerieten. Die Wiederentdeckung mutet etwas skurril an. Als 1990 ein verhinderter Selbstmörder mit seinem Auto vom Mönchsberg auf das Dach des Spielzeugmuseums stürzte, fand er sich plötzlich zwischen den dort gelagerten Grabkreuzen und den Gemälden aus Hellbrunn wieder. Letztere konnten nun restauriert werden und schmücken seit 2007 wieder die Wände des Carabinierisaales.

Eine schlichte Marmortreppe führt zu den Fürstenzimmern im Oberstock. Die ursprüngliche Inneneinrichtung war überaus prächtig, doch hat sie sich, von einigen schönen Kachelöfen abgesehen, nicht erhalten. Die noch vorhandenen handgemalten chinesischen Papiertapeten eines Zimmers im südlichen Risalit zeigen hochwertige chinesische Schablonen-, aber auch Freihandmalereien des späten 17. Jahrhunderts mit Pflanzen-, Blumen und Vogelmotiven. Sie befanden sich ursprünglich zum Teil im Chinesischen Zimmer von Schloss Urstein in Puch bei Salzburg. Anlässlich von Umbauarbeiten wurden sie in den 1720er Jahren nach Hellbrunn verbracht. Fürsterzbischof Firmian dürfte den Besitzer von Urstein, der in seinen Diensten stand, darum „gebeten“ haben. 2006/07 erfolgte eine Restaurierung der chinesischen Tapeten, nachdem sie bereits 1957 zur Ergänzung der vorhandenen Tapeten gedient hatten. Die blaugoldenen Ledertapeten, die noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Wände einiger Zimmer bedeckten, sind längst verschwunden. Im ehemaligen Speisezimmer steht ein buntglasierter Fayenceofen vom Beginn des 17. Jahrhunderts, ein Prachtstück der Salzburger Hafnerkeramik. Er wurde von Friedrich Strobl geschaffen. Hier befindet sich auch ein lebensgroßes Gemälde mit dem Erzbischof und dem Plan von Hellbrunn im Hintergrund. Es wurde 1618 von Arsenio Mascagni gemalt. Die meisten Gemälde aus der Glanzzeit des Schlosses hängen noch an ihrem ursprünglichen Platz. An der Nordseite liegen Festsaal und das anschließende Oktogon. Der Saal ist langgestreckt mit Fenstern an drei Seiten. Die Wände und das flachbogige Gewölbe sind durch eine perspektivisch raffiniert gemalte Architektur gegliedert. Die großflächigen Wandmalereien an den Längsseiten stammen ebenfalls von Arsenio Mascagni, einem Florentiner Servitenmönch und Hofmaler des Bauherrn. Sie sind in einer speziellen Seccotechnik ausgeführt und täuschen eine offene Säulenhalle mit Ausblicken auf den Markusplatz in Venedig und die Uffizien in Florenz vor. Durch den Verzicht auf einen Sockel scheinen die manieristischen Bilder ansatzlos in den Festsaal überzugehen. Neben den Tür- und Fensteröffnungen sind zwölf in Goldbronze dargestellte römische Kaiser zu sehen. An den Festsaal schließt das hohe, kuppelartige Oktogon an, dessen Wände ebenfalls reich bemalt sind. Unter der dargestellten Hofgesellschaft erkennt man den Erzbischof und seine Favoritin, Frau von Mabon. Sie war die Gattin des damaligen Stadthauptmannes von Salzburg. Diese Malereien im Festsaal und im Oktogon stellen Szenen aus dem höfischen Leben zu Beginn des 17. Jahrhunderts dar. Sie sind daher nicht nur ein bedeutendes Werk der Kunstgeschichte, sondern auch für die Kulturgeschichte wichtig.

Ähnlich wie bei den italienischen Villen ist Hellbrunn mit dem Schloss, den Ziergärten, Parkbauten, Teichen, Statuen, Bosketten und Alleen als Gesamtkunstwerk konzeptiert. Mehr als das eher bescheidene Schloss hat der große manieristisch-barocke Garten zur Berühmtheit Hellbrunns beigetragen. Er ist das älteste erhaltene Beispiel italienischer Gartenarchitektur im deutschsprachigen Raum. Allerdings wurde er um 1735 auftrags des Fürsterzbischofs Firmian durch den Hofgarteninspektor Franz Anton Danreiter nach französischer Mode barockisiert. Um 1790 wurde die Anlage vom letzten Fürsterzbischof, Hieronymus Graf Colloredo, um einen englischen Garten erweitert, der einen ehemaligen Obstgarten ersetzte. Der Park war nicht für die breite Öffentlichkeit gedacht, sondern für die humanistisch gebildeten Freunde des Bischofs, die genau wussten, welche mythologische Bedeutung die einzelnen Sandsteinfiguren hatten. Manche dieser Figuren werden Hieronymo Preosto und Bernardo Zanini zugeschrieben. Ihre Qualität ist sehr unterschiedlich. Der Lustgarten war als Fortsetzung des Schlosses ins Freie gedacht. Größte Parkarchitektur des Lustgartens ist das „Römische Theater“ hinter einer dreiteiligen, von Wassergöttern belebten Teichgruppe. Das Römische Theater ist ein intimer halbrunder Bau mit antiken Gestalten über vier halbkreisförmigen, steinernen Sitzreihen. In seinem Sockelgeschoß befinden sich mehrere Grotten, wie z. B. die Neptungrotte, deren Wände mit Tuff- und Marmorskulpturen reich verkleidet sind und in deren Mitte eine große Statue Neptuns steht. Hier wird der Besucher, der ahnungslos das merkwürdige Germaul betrachtet, plötzlich mit einem Regen aus 5000 Röhrchen beglückt. Der zweitgrößte architektonisch gestaltete Parkteil ist der Brunnen Altemps. Kardinal Marco Sittico d’Altemps war ein Onkel von Markus Sitticus, der ihm den Weg in die kirchliche Laufbahn geebnet hatte. Nach seinem Aussehen wird das oberste Bassin auch Sternweiher genannt.

Links von der Neptungrotte liegt die Ruinengrotte, rechts von ihr die Spiegel- /und die Vogelsanggrotte, in der eine durch Wasser betriebene Mechanik verschiedene Vogelstimmen ertönen lässt. Die Spiegelgrotte mit ihren farbigen Stukkaturen und den Gewölbemalereien wurde 1951/52 vollständig erneuert. Für mechanische Spielereien und Wasserspiele hatte Markus Sitticus eine besondere Vorliebe. Seine Gäste wurden schon damals, durch aus Tischen und Hockern hervorschießende Wasserstrahlen, überrascht und erfrischt. Wenn sie sich dann in einer anderen Ecke in Sicherheit bringen wollten, schoss plötzlich aus den dort hängenden Hirschgeweihen Wasser hervor. Diese Wasserspiele sind noch heute eine Hauptattraktion des Parks. Einige Parkbauten, wie das Schlösschen Belvedere oder die Eremitagen sind im 19. Jahrhundert verfallen und verschwunden. Die Statuen im Park werden, soweit sie nicht von Santino Solari stammen, Hans Waldburger zugeschrieben. Die qualitätvollste und besterhaltene Skulptur des Parks ist die schlafende Eurydike in der Grotte des Orpheus. Andere griechische Götter und Halbgötter hatten im Laufe der Zeit ihre ursprünglichen Aufstellungsplätze verloren. So ließ Marcus Sitticus das Standbild des Perseus ursprünglich am höchsten Punkt des Lustgartens aufstellen. Im 19. Jahrhundert musste es jedoch in die Grotte des Aktäon übersiedeln. Am Ostabhang des Hellbrunnerberges liegt das Steintheater, wo eine gewaltige natürliche Aushöhlung mit einiger Nachhilfe zur Bühne gestaltet wurde. Hier befand sich bereits zur Römerzeit eine heidnische Kultstätte. Später war sie das erste Freilufttheater nördlich der Alpen. Hier fanden 1617 die ersten Opernaufführungen außerhalb Italiens statt. Seit 1968 wird es wieder bespielt. Zu erwähnen ist auch das Monatsschlösschen, das 1615 innerhalb kürzester Zeit errichtet wurde, um Erzherzog Maximilian III zu überraschen. Seit 1924 ist in ihm die Volkskundeabteilung des Salzburg Museums untergebracht. Das mechanische Theater wurde erst um 1750 im Auftrag von Fürsterzbischof Andreas Jakob Graf Dietrichstein vom Dürnberger Salinenarbeiter Lorenz Rosenegger angefertigt. Von den ca. 250 Figuren, die das Leben in einer fürstlichen Residenzstadt des 18. Jahrhunderts darstellen, wurden ca. 100 durch Wasserkraft in Bewegung gesetzt, ebenso wie die Orgel, die die Aufgabe hatte, die Geräusche der Mechanik durch Musik zu übertönen.

Lage: im Stadtteil Hellbrunn (4 km vom Stadtzentrum)

Ort/Adresse: 5010 Salzburg

Besichtigung: 01.04. – 31.10. täglich ab 09.00 inkl. Wasserspiele

Homepage: www.hellbrunn,at


Weitere Literatur:


24.01.2015