Das Schlossareal auf einer Hangterrasse am Fuß des Gebhartsberges war, wie Bodenfunde beweisen, schon in römischer bzw. keltischer Zeit besiedelt. Die irischen Mönche Kolumban und Gallus gründeten vermutlich um 610 hier das erste Kloster im süddeutschen Raum. In einer Urkunde aus dem Jahr 1249 wird erstmals von einem Gut Babenwohl berichtet. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstand ein kleiner Wehrbau zum Schutz des Gutes und der wichtigen Straße nach Wolfurt. Er diente als Vorwerk der Festung auf dem Gebhartsberg und zählte zu den montfortischen Lehensgütern. Um 1380 scheint Jäck Keller als erster Lehensinhaber auf. Er war ein Ministeriale der Montforter Grafen. Durch Kauf der Herrschaft Bregenz fiel 1523 auch Babenwohl an die Habsburger. 1540 wurde eine dem hl. Gallus geweihte Kirche errichtet, die 1808 unter der bayrischen Verwaltung wieder abgerissen wurde, nachdem sie bereits 1788 im Zuge der Reformen des Kaisers Josef II vorübergehend geschlossen worden war. 1591 gelangte Babenwohl an die Prämonstratenser-Abtei Weißenau bei Ravensburg und 1602 an das Kloster Mehrerau, das es bis 1807 besaß. Noch vor 1850 kam das Gut an Plazidius Schilling. 1854 erstand der aus Würzburg stammende Baron Ernest von Poellnitz die Herrschaft. Er ließ das Schlösschen nach eigenen Plänen und jenen des Bregenzer Baumeisters Gabriel Mallaun umbauen und gab ihm seine heutige Gestalt. Danach wurde es von den Familien Poellnitz und Douglas bewohnt. Frau Adele Poellnitz, eine Tochter des Barons, verkaufte 1906 Babenwohl an den Schweizer Benediktinerkonvent von Mariastein bei Basel. Dieser war im Schweizerischen Kulturkampf ausgewiesen worden und hatte sich ein neues Domizil suchen müssen. Bis 1916 wurden ein Klostergebäude mit Bibliothek sowie die Kirche errichtet. In der Zwischenkriegszeit konnte sich die Klostergemeinschaft recht gut entwickeln. Als sie 1941 von den Nationalsozialisten vertrieben wurde, zählte sie bereits 70 Mitglieder. In den devastierten Räumen wurde umgehend eine Landwirtschaftsschule eingerichtet. Nach Kriegsende wurde die Schule wieder geschlossen. Die Benediktiner erhielten wieder ihr Eigentum, doch kehrte der Konvent nicht mehr in das Gallusstift zurück. Das Gebäude wurde dem Bregenzer Mädchengymnasium zur Verfügung gestellt. 1970 kehrten die Benediktiner endgültig in die Schweiz zurück. 1981 erwarb die Vorarlbergische Landesregierung das gesamte Areal und richtete nach Absiedelung der Mädchenschule darin bis 1986 die Vorarlberger Landesbibliothek ein. Den Umbauten fiel auch die ehemalige Stiftskirche zum Opfer. Der große Kuppelsaal bietet nun Platz für 100.000 Bücher.
Das aus dem Ansitz Babenwohl, dem Gallusstift und der Bibliothek bestehende Ensemble ist ein in fünf Bauphasen von 1350 bis 1999 gewachsener Baukörper. Die Anfänge des Schlösschens gehen auf ein Herrenhaus oder einen Wohnturm zurück, den die Grafen von Montfort-Bregenz bis 1370 errichten ließen. Noch vor 1509 ließ der Vogt von Bregenz, Klaus von Villenbach, der sich Herr zu Babenboll nannte, den bescheidenen Ansitz zu einem dreigeschossigen Edelsitz ausbauen. Es entstand ein quadratischer Bau unter einem Satteldach mit den charakteristischen Staffelgiebeln. Der Zugang erfolgte durch ein Rundbogenportal. Mit einem in Fachwerk ausgeführten zweigeschossigen Anbau an der Nordostseite wurde die Nutzfläche vergrößert. 1854 ließ der neue Eigentümer, Baron Ernest von Poellnitz, den bis dahin immer noch spätgotischen Ansitz im Sinne des Historismus neugotisch umbauen und einen Treppenturm anfügen. Die Fassade erhielt regelmäßige Fensterachsen. Die profilierten Konsolen an den Ecken waren für Figuren bestimmt, die nicht mehr erhalten sind. Der Zubau im Nordosten wurde abgerissen und an seiner Stelle ein Erweiterungsbau errichtet, wodurch sich das Bauvolumen verdoppelte. Zu einer weiteren wesentlichen Vergrößerung kam es in den Jahren 1907 bis 1916, als der Benediktinerabt Augustin III Rothenflue den Architekten Lukas Geis mit dem Neubau des neoklassizistischen Konventbaues und Adolf Gaudy mit der Errichtung der Stiftskirche und des Bibliothekstraktes beauftragte. Der zuvor freistehende alte Ansitz Babenwohl wurde dadurch zum südlichsten Teil des St. Gallus-Stiftes. Er diente nun als Abtei- und Gästehaus des Klosters. Die letzten größeren Umbauten der Jahre 1983 bis 1998 beschränkten sich in erster Linie auf die Stiftskirche, deren Inneres nun den etwas ungewöhnlichen Rahmen für die Bibliothek hergibt. Im eigentlichen Ansitz Babenwohl wurden die Bibliotheksverwaltung sowie Schulungsräume untergebracht. Im Rosensaal des ersten Stocks hat sich eine gotische Balkendecke aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Die vergoldeten Rosetten an den Deckenbalken wurden aber nach der Vertreibung der Mönche durch die Nationalsozialisten entfernt.
Ort/Adresse: 6900 Bregenz, Fluherstraße 4
Besichtigung: teilweise möglich
Weitere Literatur:
19.12.2014