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Graz - St. Lambrechter Stiftshof


Der St. Lambrechter Stiftshof nimmt die gesamte Nordfront des Freiheitsplatzes ein. Der Platz, der seinen heutigen Namen übrigens erst 1918 erhielt, ist noch sehr jung. Bis 1838 war das Areal eng verbaut. Erst dann entschloss sich die Stadtverwaltung die hier befindlichen Häuser, zu denen auch das Vizedomhaus gehörte, abzureißen und einen repräsentativen Platz anzulegen. Auch Teile der Stadtmauer mussten der Neuplanung weichen. Hier stehen nun bzw. standen das Schauspielhaus, die alte Universität und das ehemalige landesfürstliche Zeughaus. In seiner Mitte wurde ein Denkmal für Kaiser Franz I aufgestellt. Nach ihm wurde der Platz Franzensplatz genannt. Er bzw. die Häuser, die ihn umgaben, sollten ein gediegenes spätklassizistisches Aussehen bekommen. Als Leonhard Schönhofer das 1826 errichtete Eckhaus zur Hartiggasse erwarb und am westlich anschließenden Grundstück einen Zubau errichten wollte, wurde ihm von der Stadt eine repräsentative Fassade mehr oder weniger vorgeschrieben. Sein Architekt, bei dem man nicht sicher weiß, ob es sich um Georg Lindner oder um Georg Hauberrisser d. Ä. handelt, löste das Problem indem er 1838/39 beide Häuser zusammenfasste und ihnen eine monumentale Fassade vorsetzte. Alle Bauten, die den Platz umgaben wurden in einem einheitlichen Ockerton gefärbelt. Wenige Jahre später wurde er bereits als schönster Platz der Stadt Graz bezeichnet. Auf den Bauherrn folgte als nächster Besitzer der Schlossermeister Anton Paltauf. Dieser verkaufte den Bau 1847 an das Stift St. Lambrecht. Anlässlich des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des Stiftes im Jahr 1939 wurde zur Sanierung neben einigen wichtigen Kunstschätzen auch der Lambrechter Hof versteigert und vom besser situierten Kärntner Benediktinerstift St. Paul übernommen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Seitentrakt an der Hartiggasse so schwer beschädigt, dass er 1949 neu errichtet werden musste. Der palaisartige Bau gehört heute noch dem Stift St. Paul.

Die 13-achsige Schauseite des St. Lambrechter Hofes ist natürlich dem Freiheitsplatz zugewendet. Sie ist dreigeschossig, wobei das sockelartige Erdgeschoß vom ersten Stock durch ein breites, aber einfaches Gesims getrennt ist. Die beiden Obergeschosse werden durch den nur leicht vortretenden Mittelrisalit zusammengefasst. Dieser ist wie das gesamte Erdgeschoß genutet. Das dreiachsige Zentrum des Risalits zeigt zwei ionische Kolossalsäulen, die einen flachen Ziergiebel tragen. Das Giebelfeld ist mit einem Stuckrelief geschmückt. Man erkennt ein Kind, das von fünf Hunden verfolgt wird, aber offenbar von einem Engel oder Genius Schutz bekommt. Die Erklärung, dass das Relief in satirischer Weise die Verfolgung Hauberrissers durch den Grazer Stadtbaumeister Wolf zeigt, ist zweifelhaft. Ein Auge in einem Dreieck, sowie ein Tempel sind klar als Freimaurersymbole zu deuten. Die beiden an den Mittelteil des Risalits angrenzenden Fenster des ersten Obergeschosses weisen dreieckige Verdachungen auf, während die Fenster außerhalb des Risalits mit geraden, aber schmalen Schutzleisten versehen sind. Die drei größeren Mittelfenster des Risalits sind eigentlich Balkontüren mit floralen stuckverzierten Lünetten. Im Gegensatz zur repräsentativen Fassade ist das steingerahmte Rechteckportal am westlichen Haus recht einfach gehalten. Hinter ihm befindet sich eine sechsjochige Einfahrt. Der an die Hartiggasse grenzende Bauteil ist wesentlich einfacher als die Hauptfront am Freiheitsplatz gehalten. Hier befindet sich ein weiteres Portal, das mit 1826 datiert ist. Sein Schlussstein wurde beim Wiederaufbau im Flur eingemauert. Die Innenräume des Gebäudes, bei denen es sich heute meist um Büros handelt, weisen ansonsten kaum interessante Baudetails auf.

Ort/Adresse: 8010 Graz, Freiheitsplatz 4/Hartiggasse 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


22.11.2014