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Kollmitz


Kollmitz wird in einer Urkunde des Stiftes Zwettl von 1283 erstmals erwähnt, doch ist bereits 1135 der Name Chalmunze bezeugt. Möglicherweise bezieht sich dieser jedoch auf einen Vorgängerbau am anderen Ufer der Thaya. Einziges bekanntes Mitglied dieses Geschlechtes ist Hermann Cholmunzer, der 1197 genannt wird. Im 13. Jahrhundert war Kollmitz jedenfalls noch ein unspektakulärer Kleinadelssitz. 1293 waren die Herren von Wallsee auf Drosendorf auch Inhaber des landesfürstlichen Lehens Kollmitz. Sie hatten um 1321 den Bergfried errichtet, wodurch der bescheidene Sitz bereits in einen bedeutenderen Wehrbau verwandelt wurde. Dendrochronologische Untersuchungen lassen Heinrich von Wallsee-Drosendorf als Bauherrn vermuten. Bei dem bis 1297 mehrfach genannten Hermann der Cholnzer könnte es sich um einen Gefolgsmann der Wallseer gehandelt haben, der mit der Burghut betraut war. Kollmitz gehörte zu einem Burgengürtel an der Thaya, der die Grenze gegen Böhmen zu sichern hatte. 1346 war die Burg im Besitz des Weichard von Winkel. Seit 1362 befand sich hier auch das Landgericht. Kollmitz gehörte damals Ratold den Chrättzer, der es kurz zuvor gekauft hatte. Um 1371 gelangte es an Johann und Friedrich von Tyrna, die das Lehen aber etwas später dem Landesfürsten zurückgaben. Zuvor setzten sie aber den Ausbau der Wehranlagen fort. Friedrich von Tyrna setzte Jörg Volkenstorffer als Pfleger ein. 1398 erwarben die Freiherren von Hofkirchen die Herrschaft. Sie spielten in der Renaissancezeit im politischen, religiösen und militärischen Leben des Landes eine wichtige Rolle. Vor allem in den Türkenkriegen konnten sie sich als Feldherren bewähren. Als 1451 König Georg von Podiebrad in Österreich wegen des Streites um die Wahl des Ladislaus Posthumus zum ungarischen König einzufallen drohte, schloss Hans Freiherr von Hofkirchen mit den Herren von Vöttau und Pernstein ein Bündnis, zu dem er auch die Städte Krems und Stein einlud. Kollmitz konnte nicht eingenommen werden.

Unter der Herrschaft der Herren von Hofkirchen wurde die kleine Burg, die durch das Aufkommen der Feuerwaffen bereits ihre Verteidigungskraft verloren hatte, modernisiert und ausgebaut. Um die Distanz zwischen feindlichen Geschützen und der Hauptburg zu vergrößern, wurde die ausgedehnte spätgotische Vorburg angelegt. Sie war nicht nur wehrtechnisch von Nutzen, sondern konnte auch im Kriegsfall zahlreiche Bauern der Umgebung, die den Schutz der Burg suchten, aufnehmen. Einer der eifrigsten Bauherren war Hans I von Hofkirchen, der nach 1450 den mächtigen, auch als Hungerturm bezeichneten, oberen Geschützturm in der Nordecke der Vorburg sowie die anschließende westliche Wehrmauer anlegen ließ. Schließlich wurde der Bergfried mit dem Hungerturm durch eine Befestigungsmauer verbunden. Eine kleine Poterne ermöglichte Ausfälle und die Versorgung mit Lebensmittel und Munition im Belagerungsfall. Als vorgeschobene Verteidigungslinie wurde die sog. Böhmische Mauer errichtet. Sie war ein Erfolg, da der Vorstoß der böhmischen Truppen 1451 bereits hier abgewehrt werden konnte. Es war übrigens der einzige ernsthafte militärische Angriff in der Geschichte der Burg. Im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts war Kollmitz bereits ein stark befestigter repräsentativer Adelssitz. 1481 nahm Laurenz Freiherr von Hofkirchen böhmische Söldner zur Verteidigung der Burg auf. Die Familie Hofkirchen baute im 16. Jahrhundert das nur wenige Kilometer entfernte Drösiedl zu ihrem Wohnsitz um, wodurch Kollmitz an Bedeutung verlor. Wilhelm I Freiherr von Hofkirchen, dem die Burg ab 1530 gehörte, war ein Vorkämpfer des Protestantismus im nördlichen Niederösterreich. Der Freiherr Wolfgang II von Hofkirchen ließ ab 1587 größere Ausbauten vornehmen. So wurden die Wehrgänge der westlichen Außenmauer der Vorburg erneuert. In der Hochburg wurde der gotische Palas im Renaissancestil umgebaut, wobei die großen rechteckigen Fenster eingesetzt und die Decken mit stuckierten Gewölben versehen wurden. 1591 war Adam Freiherr von Hofkirchen in die Ermordung des Burgherrn von Raabs, Niklas Freiherr von Puchheim verwickelt, mit dem er ständig in Streit lag. Er konnte danach fliehen, wurde aber in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Die Hofkirchen besaßen die Burg bis 1620, als sie wegen Rebellion gegen den Kaiser ihre Güter verloren. Auch Georg Andreas Freiherr von Hofkirchen musste ins Ausland fliehen. Damals wurde die Burg von kaiserlichen Truppen besetzt.

In der Folge gelangte Kollmitz an Georg Schüller und 1637 an den kaiserlichen Rat Johann Schubhardt, dem es gelang die Lehenschaft abzuschütteln und 1642 die Herrschaft als freies Eigen zu erwerben. Er musste die mittlerweile eingetretenen schweren Bauschäden der Hochburg beheben lassen, was zu einer weitgehenden Erneuerung führte. Dazu gehörte vor allem der Neubau der hohen Außenmauer, die den südlichen Teil der Altburg gegen Norden schützte. 1663 wurde Kollmitz als Fluchtort für die umliegende Bevölkerung im Fall von Türkeneinfällen genannt. Am Gipfel des Kollmitzberges wurde eine Kreidfeuerstelle eingerichtet. Es kam jedoch zu keinem türkischen Angriff mehr, da das türkische Heer inzwischen vor Wien vernichtend geschlagen wurde. Durch Heirat fiel die Burg 1675 an Martin Eusebius Schäffel bzw. dessen Nachkommen. Zwischen 1693 und 1705 gehörte Kollmitz dem Kloster Pernegg, dessen Pröpste es als Sommerresidenz benutzten und für diesen Zweck die Räume neu gestalteten. Vor allem ließ Propst Franz von Schöllingen den Osttrakt für Wohnzwecke ausbauen. Nach einem Brand um 1703, der vor allem den Torturm und den Rundturm im Norden der Vorburg betraf, wurde in der Burg nichts mehr investiert. 1708 ging Kollmitz dann an Franz Anton Edler von Quarient, dem Besitzer von Raabs, über. Die Herrschaftsverwaltung wurde nach Raabs verlegt und Kollmitz nicht mehr bewohnt und gepflegt. Als 1760 Johann Christoph Freiherr von Bartenstein die Herrschaft übernahm, lebte in der Burg nur mehr ein Revierjäger mit seiner Familie. Der übrige Teil wurde bald als willkommener „Steinbruch“ benutzt und alles Brauchbare weggebracht. Um der berüchtigten Hausklassensteuer (Dachsteuer) zu entgehen, die zur Finanzierung der Napoleonischen Kriege eingeführt worden war, wurden nach 1800 die noch vorhandenen Dächer abgetragen und die Decken eingeschlagen. Köpp von Felsenthal zeichnete Kollmitz bereits als dachlose Ruine mit Bäumen auf den Mauerkronen. Zu den folgenden Besitzern zählten Franz Freiherr von Kaiserstein (1829), Wilhelm von Lindheim (1878) und Reichsgraf Philipp Boos von Waldeck (1888). Mit Raabs kam Kollmitz 1912 an den Freiherrn Hugo Klinger von Klingerstorff. Als die Stadt Waidhofen an der Thaya 1932 die alte Kollmitzer Herrschaftsmühle aus der Raabser Konkursmasse kaufte und zu einem Elektrizitätswerk ausbaute, bekam sie auch die Ruine dazu. In den 80er Jahren des 20. Jh. erwarb der Holzindustrielle Schweighofer das Waldgebiet um die Ruine, verkaufte es aber nach dessen Nutzung an das Stift Geras. 1994 wurde die Ruine Eigentum der Stadtgemeinde Raabs. Seit 1974 bemüht sich ein Burgverein um ihre Sicherung und Erhaltung.

Die Burgruine liegt in einem scharfen Knie der Thaya auf einem vom Fluss umspülten spornartigen Ausläufer des Kollmitzberges. Der nur von Westen her leicht zugängliche Burghügel fällt an drei Seiten steil ab. Unterhalb der Ruine liegt am Ufer der Thaya der kleine, aus einer Burgsiedlung hervorgegangene Ort Kollmitzgraben. Etwa 350 m westlich der Ruine befindet sich an der schmalsten Stelle der Halbinsel mitten im Wald die böhmische Mauer, eine etwa 120 m lange Bruchsteinmauer mit unregelmäßigen rechteckigen Zinnen. Im Volksmund wird sie auch Teufelsmauer genannt und ist mit einigen Sagen verbunden. An beiden Enden und in ihrer Mitte springt je ein überragender, nach innen offener Turm rechteckig vor. Im mittleren Turm ermöglicht ein Spitzbogentor mit Quaderrahmung und Windlöchern die Durchfahrt. Auch eine Zugbrücke befand sich hier. An der Innenseite der Mauer war ein hölzerner Wehrgang angebracht, der die Verteidigung erleichterte. Die Mauer endet an einem senkrecht zur Thaya abfallenden Felsen. Kollmitz zählt zu den größten und schönsten Burgruinen Österreichs. Sie ist rund 120 m lang und zwischen 20 und 66 m breit. Die Anlage besteht aus der eng verbauten Hochburg am südlichen Spornende und einer nördlich vorgelegten ausgedehnten Vorburg. In dieser standen – geländebedingt – nur wenige Bauten. Ursprünglicher Kern der Hochburg war der nordöstliche Bergfried mit dem angeschlossenen Wohngebäude. Letzteres geht auf die Wallseer zurück oder ist sogar noch etwas älter. Die östlichsten Bauten des lang gezogenen Dreiecks der Hochburg sind erst in der Barockzeit entstanden. Sie sind noch relativ gut erhalten. Die gesamte Anlage war von einer Wehrmauer umschlossen, die aber vor allem an der Südseite der Hauptburg stark zerstört ist.

Man betritt das Gelände der Vorburg durch den an der Südwestecke gelegenen, nach außen halbrund vortretenden Torturm, der drei Geschosse hatte. Er stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Ein davor liegende Halsgraben ist aus dem Felsen gehauen. Über ihn führte eine Zugbrücke. Ihre Rollenlöcher sind noch deutlich erkennbar. Das quadergefasste Spitzbogentor ist mit Resten von Krabben besetzt. Darüber erkennt man Windlöcher und steingerahmte Luken. Im Inneren des Turmes sind die Balkenlöcher von zwei Zwischendecken erkennbar. Die Toröffnung gegen den Hof zu ist rundbogig. Sie war mit einem zweiten Tor verschlossen. Der große Burghof steigt gegen Norden hin ziemlich stark an. Die ihn begrenzende westliche Wehrmauer ist in ihrer Mitte durch einen vorspringenden Halbrundturm verstärkt, dessen Inneres nur durch kleine Schlitzfenster beleuchtet wird. Von dem langen schmalen Gebäude, das sich hinter dem Tor an der Südseite entlang zieht, waren von der hofseitigen Mauer zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur mehr Reste vorhanden. Ursprünglich befanden sich hier Remisen, Stallungen und die Torwärterstube sowie eine Küche. Der Trakt wurde wieder aufgebaut und beinhaltet heute neben Kassa und Buffet eine kleine Ausstellung über den Kartographen und Zeichner Georg Matthäus Vischer. An der Nordwestseite des Hofes liegt – mit dem Torturm durch die Wehrmauer verbunden – ein großes rechteckiges Gebäude, dessen Außenmauern noch aufrecht stehen. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Getreidespeicher, der mit seiner Schmalseite an die Wehrmauer angebaut ist. Ein spitzbogiger Hocheinstieg führte in sein Obergeschoß. Im Inneren erkennt man noch Zwischendecke, Türen und Fenster sowie die Widerlager des Dachstuhles.

Die hohe Wehrmauer endet bei einem, die Nordwestecke der Burg bildenden kräftigen Rundturm, dessen oberstes verjüngtes Geschoß durch eine in der Höhe der Wehrmauer angebrachte steingerahmte Spitzbogentür zugänglich war. Über der Tür befand sich ein steingerahmtes Fenster. Das Zurücktreten der Mauer im obersten Geschoß lässt erkennen, dass sich hier einst ein umlaufender hölzerner Wehrgang befand. Die Herren von Hofkirchen versuchten mit diesem bergseitig vorgeschobenen Batterieturm die hier gegebene Überhöhung des Geländes auszugleichen. Dieser Turm diente im 17. Jahrhundert dem Landgericht als Verließ und Arbeitsstätte (Folterkammer?). Von ihm führt eine deutlich niedrigere Wehrmauer nach Südosten, zum runden Bergfried. Dieser hat einen Durchmesser von knapp 9 m bei einer Mauerstärke von 3 m, so dass im Inneren nur wenig Platz verblieb der noch dazu zum Großteil von der Treppe eingenommen wurde. Sein oberstes Geschoß ist teilweise von später vermauerten Zinnen begrenzt. Unterhalb der Zinnen verlief ein hölzerner Wehrgang, dessen Balkenreste eine relativ genaue Datierung (um 1321) ermöglichten. Der Turm war an seiner Südseite vom zweiten Obergeschoß des hier anstoßenden Palas zugänglich. Zuvor gab es nur einen rundbogigen Hocheinstieg mit einem gefasten Werksteingewände. Die Höhe des Bergfrieds von 25 m war verteidigungsmäßig nicht unbedingt notwendig, sollte aber die soziale Stellung der Herren von Wallsee-Drosendorf betonen. Die dem Bergfried im Westen vorgelagerte schiffsbugartige Mantelmauer dürfte im frühen 14. Jahrhundert errichtet worden sein. An sie schließt im Süden ein Gebäude an, das den Burghof nach Osten sperrt. Es handelt sich dabei um den aufwändig gestalteten zweiten Torbau, der über ein Fahrtor und ein Mannloch verfügte. Beide waren mit Zugbrücken gesichert. Die Rollenlöcher sowie Reste der Fallgattervorrichtung sind noch zu erkennen. Die Zugbrücken führten über einen aus dem Felsen gehauenen Graben. Über dem Rundbogenportal befinden sich spätgotisch profilierte Steinkonsolen als Träger eines ehemaligen Erkers. Ein weiterer konsolengestützter Erker befand sich an der Südseite des Torturmes. Nach Norden hin war der Wohnbereich durch eine noch gut erhaltene Ringmauer geschützt, an die hofseitig verschiedene Holzbauten angefügt waren.

Durch den tonnengewölbten Hauptraum erreicht man den östlichen Teil der Hochburg, deren Südmauer zum Teil eingestürzt ist. An der Ostseite des Burgareals, das durch den Steilabfall zur Thaya praktisch sturmfrei war, lag der Palas, ein lang gestreckter Saalbau des 13. Jahrhunderts. Er war unterkellert und hatte darüber zwei gewölbte Stockwerke. Ein einst viergeschossiger Wohnturm grenzte im Süden an den gotischen Palas. Der 8 x 10 m große Bau wurde um 1380 vermutlich von den Herren von Tyrna errichtet. Sein weitgehend verschüttetes Untergeschoß besitzt hofseitig ein breites Rundbogenportal und ein kleines Rechteckfenster. In das erste Obergeschoß führte ein rundbogiger Hocheinstieg. Der Nordteil des Turmes wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf Grund von statischen Problemen erneuert. In der Südostecke findet man zahlreiche Reste von Ziegelbauten mit rechteckigen Türen und Fenstern in Segmentbogennischen, mit Resten von Verputz und weißer Stuckierung. Bemerkenswert sind die zahlreichen großen Fensteröffnungen, die darauf hindeuten, dass die Burg, als dieser Wohnbereich errichtet wurde, keinerlei militärische Bedeutung mehr gehabt hat. Diese Bauten stammen wohl vom Ende des 17. Jahrhunderts und dürften ihre Gestaltung Johann Schubhardt verdanken. Auf diese Zeit dürfte auch die rote Quaderbemalung an den Gebäudeecken zurückgehen. Ganz vorne, an der Spitze zur Thayaschleife lag die Kapelle zwischen dem gotischen Wohnbau und dem spätgotischen Küchenbau. Auch sie dürfte in ihrer heutigen Form auf die Bautätigkeit des Johann Schubhardt zurückgehen, die der Burg einen schlossartigen Charakter gab. Die Kapelle war dem hl. Bartholomäus geweiht. Von ihr ist noch ein Teil der Südwand mit Stuck- und Farbresten erhalten. Diese lassen auf eine Erweiterung der Kapelle durch das Kloster Pernegg schließen. Um ein bequemeres Einfahren in den neuen Wohnbereich zu ermöglichen, wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts ein neuer Zugang geschaffen, der auf starken Brückenpfeilern westlich am inneren Torbau vorbeiführte. Der Vischer-Stich von 1672 zeigt noch die Vorgängerbauten. An der südwestlichen Ecke der Hauptburg befand sich die Wasserversorgung der Burgbewohner. Der Schacht ist heute verschüttet, so dass man nicht sagen kann, ob es sich um einen Brunnen oder eine Zisterne gehandelt hat.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 4 km südöstlich von Raabs

Besichtigung: meist frei zugänglich


Weitere Literatur:


04.09.2014