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Aurolzmünster


Aurolzmünster war ursprünglich ein Lehen der Passauer Bischöfe im Besitz ihrer Ministerialen, der Grafen von Hals. 1248 erhielt es Albert von Hals zugesprochen. Albrecht und Alram von Hals verpfändeten es 1312 den Tannbergern. Johann von Tannberg erwirkte 1394 vom Herzog Heinrich von Niederbayern, dass Aurolzmünster zur Hofmark erhoben wurde, wodurch es die niedere Gerichtsbarkeit erhielt. Zur Herrschaft gehörte auch das benachbarte Schloss Forchtenau sowie umfangreicher Gutsbesitz im Innviertel und in Bayern. Sie blieb bis 1676 bei den Tannbergern, doch hatte der 30-jährige Krieg und ein Schlossbrand ihre Finanzkraft zerrüttet. Es kam zur Versteigerung und zur Übergabe an den kurbayrischen Kämmerer Graf Ferdinand Franz Albrecht von der Wahl. Dieser ließ den alten Schlossbau abtragen und in den Jahren 1691 bis 1711 das heutige Gebäude im Stil des bayrischen Barocks errichten. Die Pläne stammten vom Münchner Architekten Johann Kaspar Zuccalli und vom Baumeister Antonio Riva aus Passau. Die Handwerker waren meist Italiener. Das Innere wurde aufwändig mit Fresken und Stuckarbeiten geschmückt. Um das Schloss herum entstand ein weitläufiger Park mit Wasserspielen. Mit Emanuel II Graf von der Wahl starb das Geschlecht 1797 aus. Danach ging die Herrschaft an die Grafen von Taufkirchen über. Als das Innviertel von den Franzosen besetzt war, wohnte hier kurzfristig Napoleon I. Bis 1816 war Aurolzmünster bayrisch.

1830 kam es zu einer Zwangsversteigerung. Meistbieter war Maximilian Graf Arco-Valley aus dem benachbarten St. Martin im Innkreis. Er ließ 1836 das Schloss als Zuckerfabrik adaptieren, die bis 1865 in Betrieb war. Danach verfiel das Gebäude. Graf Ferdinand Arco-Valley ließ 1926 die wertvolle Inneneinrichtung auf sein Schloss St. Martin bringen. Aurolzmünster wurde komplett ausgeräumt. Anschließend verkaufte er das leere Gebäude an den angeblich mit okkulten Kräften begabten pensionierten Postmeister Carl Schapeller, der dort Attilas Grab und den Schatz der Hunnen zu finden hoffte. Die 1932 durchgeführten Grabungen blieben allerdings erfolglos. 1962 war es wieder einmal so weit. Das Schloss wurde neuerlich versteigert. Neuer Besitzer wurde der Augsburger Privatgelehrte und Astrologe Prof. Johann Janik. Nach einem langwierigen Erbschaftsstreit ging der mittlerweile im Inneren längst zur Ruine gewordene Bau 1977 in den Besitz der Augsburgerin Helga Vlasak über, die ihn 1983 an den Münchner Kaufmann Helmut Mittermaier weitergab. Er richtete sich im seitlichen Wirtschaftsgebäude eine Wohnung ein und begann endlich mit bescheidenen Schutzmaßnahmen am Hauptgebäude. Bis zu diesem Zeitpunkt fanden lediglich am Marstall, vom Bundesdenkmalamt finanzierte, dringende Ausbesserungsarbeiten statt. Ein Hoffnungsschimmer für das bereits längst abgeschriebene Bauwerk zeigte sich erst, als Graf Dr. Georg Spiegelfeld, der bereits einige Schlösser, wie Parz und Tillysburg, revitalisiert hatte, das ruinöse Gebäude übernahm. Mittlerweile ist die äußerst aufwändige Wiederherstellung abgeschlossen. Das Schloss erstrahlt im neuen Glanz.

Aurolzmünster ist Oberösterreichs größtes Barockschloss. Es erinnert an die bayrischen Schlösser Nymphenburg und Schleißheim. Die Anlage ist noch von einem Wassergraben umgeben, den zwei Brücken nach Osten und Westen überspannten. Dieser Graben ist das einzige Relikt, das vom Vorgängerbau erhalten ist. Von einem dreistöckigen Corps de logis mit 15 Fensterachsen gehen seitlich die weitgehend zerstörten, früher flach gedeckten, niedrigen Flügeltrakte aus. Sie flankieren einen Ehrenhof und enden jeweils in einem zweigeschossigen Pavillon, dem Marstall und dem Pflegerstöckl. Die Südseite des großen Hofes war mit einem Eisengitter abgeschlossen. Das Hauptgebäude ist mit einem steilen Walmdach gedeckt. Im Inneren weisen mehrere Räume eine reiche Stuckierung des Münchner Künstlers Giovanni Niccolo Perti auf. Dazu gehört auch das repräsentative, in buntfarbigen Marmor gehaltene Stiegenhaus. Leider ließ Graf Arco-Valley sogar die Marmorsäulen abmontieren und nach St. Martin bringen, so dass heute noch die Decke provisorisch mit Holzbalken abgestützt ist. Das auf den Mittelrisalit des Hauptbaues aufgesetzte oberste Stockwerk enthält den Festsaal, den repräsentativsten Raum des Schlosses. Sein Deckengemälde stellt den Einzug des Vaters des Bauherrn, Graf Joachim Christian von der Wahl, in den Olymp dar. Die Seitenwände sind mit Gartenlandschaften der Münchner Hofmaler Kendelbacher und Wolf geschmückt. Sie sind mit 1699 datiert. In der sich über zwei Stockwerke erstreckenden Kapelle zum H. Kreuz ist neben Fresken und der Stuckierung noch ein Altaraufbau aus der Zeit um 1700 erhalten. Im linken Seitenpavillon befindet sich der schönste Pferdestall Oberösterreichs und einer der bedeutendsten seiner Art in Europa. Er ist eine im Inneren durchgehende, dreischiffige und sechsjochige Halle mit der für einen Reitstall ungewöhnlichen Höhe von fast neun Metern. Seine Decke wird von zehn roten Marmorsäulen getragen. Vom einstigen Park mit seinen Wasserspielen ist heute nichts mehr erhalten.

Lage: Oberösterreich/Innviertel – ca. 8 km nordwestlich von Ried

Besichtigung: derzeit nur von außen möglich


Weitere Literatur:


03.01.2003