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Weißenkirchen - Teisenhoferhof


An der Stelle des Teisenhoferhofes standen in Mittelalter zwei Häuser, die dem Bistum Freising gehörten. Nachdem dieses 1334 auf sie verzichtet hatte, ließen Hans und Leutold von Kuenring sie abreißen und an ihrer Stelle den Platz vor der Kirchenstiege anlegen, der damals als Marktplatz diente. An seiner Nordseite wurde um 1350 ein gotisches Gebäude errichtet, in dem sich die Gemeindemitglieder im Armbrustschießen übten und ihre Wettbewerbe abhielten. Darauf geht die spätere Bezeichnung „Schützenhof“ zurück. Erster bekannter Besitzer ist „Hainrich Teisenhofer“, wie aus einer Inschrift über dem Tor hervorgeht. Dieser bürgerliche Zechmeister wird in den Jahren 1439 bis 1465 mehrfach genannt. Im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts gehörte der Hof der Familie Lechner. Im späteren 16. Jahrhundert fungierte er mehrfach als Marktrichterhaus.1525 kaufte der Marktrichter von Weißenkirchen Michael Gebl seinem Mündel den Hof und die dazugehörigen Weingärten ab. Er ließ das gotische Gebäude bis 1542 in ein Schloss der Frührenaissance umbauen und in die Befestigung des Kirchenhügels integrieren. Sein Sohn Gebhard, der mehrere Beteiligungen an Bergwerken in Kärnten besaß und so reich war, dass er sogar Kaiser Rudolf II Darlehen gewähren konnte, stattete das Gebäude im Inneren mit großem Aufwand repräsentativ aus. Da er nach 1573 in den Adelsstand erhoben wurde, durften seine Söhne den Titel „Herren von Marbach an der Krems“ führen. Allerdings verloren sie nach dem Tod ihres Vaters einen Teil ihrer Besitzungen. Der Teisenhoferhof wurde 1605 von Albrecht Freiherrn von Enenkel auf Albrechtsberg erworben. Er verkaufte ihn aber bald an Christoph Wilhelm von Zelking, dem Herrn von Dürnstein. Dieser erlaubte seinen Dürnsteiner Pflegern hier zu wohnen und hielt mehrfach Gerichtstage im Hof ab. Zu den nachfolgenden Besitzern zählte 1615 der Weinhauer Urban Kottinger, der 1624 von Georg Bauer abgelöst wurde. Der Richter Georg Wasserpauer lebte hier von 1660 bis 1691. Von 1710 bis 1777 gehörte der Teisenhoferhof der Familie Pernauer. Am längsten blieb er im Eigentum der Weinhauerfamilie Schuh, die ihn von 1787 bis ins 20. Jahrhundert besaß. 1793 vernichtete ein Großbrand den Hof fast zur Gänze. Georg Schuh ließ ihn aber bald wieder aufbauen. 1964 wurde der Teisenhoferhof vom Land Niederösterreich umfassend restauriert. Danach wurde in einem Teil des weitläufigen Gebäudes das „Wachaumuseum“ eingerichtet. Heute gehört der Teisenhoferhof der Gemeinde Weißenkirchen. Er dient als regionales Kulturzentrum. Im Innenhof werden jedes Jahr Sommerspiele veranstaltet.

Die Adresse Marktplatz Nr. 22, wo sich die Einfahrt in den Teisenhoferhof befindet, wirkt nicht besonders spektakulär. Die geknickte Fassade des zweigeschossigen Südtraktes geht aber auf das dritte Viertel des 15. Jahrhunderts zurück. Da seine rechte Seite vom Stiegenaufgang zur Kirche verdeckt ist, kommt der Südtrakt der ausgedehnten burg- bzw. schlossartigen Vierflügelanlage nicht voll zur Geltung. Er wird durch spätgotische Fenster mit Stabprofil und einem rundbogigen Portal mit wuchtigen Prellsteinen gegliedert. Neben dem Tor ist eine Inschrifttafel des Hainrich Teisenhofer und ein Reliefwappen des Michael Gebl eingemauert. Der große einachsige Erker im Obergeschoß sitzt auf profilierten Konsolen. Er stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die wuchtige Westfront des Hofes an der Bachgasse macht einen wehrhaften Eindruck. Sie wird nur durch die zwölf Bögen des sechsachsigen Breiterkers im ersten Obergeschoß aufgelockert. Aus den darüber befindlichen Luken führen charakteristische Regenrinnen aus dem dahinter liegenden Wehrgang durch die Blendmauer nach außen. Ebenfalls recht abweisend gestaltet sind die von Zinnen abgeschlossene fensterlose Nordseite sowie die in die Kirchenbefestigung eingebundene Ostmauer. Deren Nordostecke ist durch einen turmartigen Erker verstärkt. Hinter solchen festungsartigen Mauern würde man nie den wohl schönsten Renaissance-Innenhof der Wachau vermuten. Er ist von zweigeschossigen Arkadengängen umgeben. Diese zeigen im Obergeschoß zierliche Säulen und Kreuzgratgewölbe. Im Erdgeschoß ruhen die Bögen auf stämmigen Pfeilern. Hier findet man zum Teil reich profilierte spätgotische Konsolsteine. An der Westseite weist die Jahreszahl 1542 auf die Errichtung der Arkaden hin. Die Innenräume wurden im Lauf der Zeit mehrfach verändert. Das darin untergebrachte Wachaumuseum besitzt zahlreiche Gemälde und Zeichnungen des hier befindlichen Donauabschnittes aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Im Obergeschoß des Südtraktes haben sich zwei spätgotische Schulterbogenportale vom Ende des 15. Jahrhunderts erhalten. Das Bruchsteinmauerwerk der gewölbten Kellerräume des Westtraktes stammt aus dem 14. Jahrhundert.

Ort/Adresse: 3610 Weißenkirchen in der Wachau, Marktplatz 22

Besichtigung: täglich (außer Montag) von 10.00 bis 17.00


Weitere Literatur:


05.08.2014