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Ambras


Die Gegend um Ambras ist uralter Kulturboden. Funde im Schlosspark haben bewiesen, dass der Hügel schon in der Bronzezeit besiedelt war. Nachrichten über Ambras sind bereits aus dem 10. Jahrhundert überliefert. Es wurde damals Omras oder Amras genannt. Noch vor der Stadterhebung des benachbarten Innsbrucks befand sich hier ein befestigter Sitz der aus Oberbayern stammenden Grafen von Andechs. Die Andechser waren eine angesehene Adelsfamilie, die durchaus mit den Wittelsbacher konkurrieren konnte. Ihre Besitzungen waren von Thüringen bis zur Adria gestreut, ohne dass sie aber ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet gebildet hätten. Meist waren sie an Ministerialen verliehen. Erstmals schriftlich erwähnt wird Ambras 1078 mit Otto de Umeraz. Es handelt sich dabei um Otto II, Graf von Andechs-Diessen, der im Inntal weitere Güter besaß. Im 12. Jahrhundert wird eine Reihe von Ministerialen genannt, die hier lebten, wobei Ambras damals als Omeras, Homeras oder Umbras bezeichnet wurde. Als die Andechser, die hier einen Hauptsitz unterhielten, mit der Investitur des Bischofs von Regensburg nicht einverstanden waren, ließ der bayrische Herzog Heinrich der Stolze 1133 die damalige Burg zerstören. Wann sie wieder aufgebaut wurde, ist nicht bekannt. Von Ambras aus erfolgte 1180 die Gründung von Innsbruck, neben dem die Burganlage bald an Bedeutung verlor, obwohl sie weiterhin im Besitz der Andechser verblieb und von Pflegern verwaltet wurde. Otto VIII war der letzte Graf von Andechs. Er war mit Elisabeth, der Tochter des Grafen Albert von Tirol verheiratet, starb jedoch 1248 kinderlos. Sein Erbe fiel an seinen Schwiegervater. Fünf Jahre später starb auch dieser, so dass dessen zwei Töchter seine Besitzungen übernahmen. Nachdem Ambras 1282 im Erbweg an Graf Meinhard II und damit an die Görzer Grafen gefallen war, wurde es großzügig ausgebaut. Die Arbeiten kamen dabei nahezu einem Neubau gleich. Die Burg blieb bis zum Ende der Monarchie im Eigentum des Landesherrn von Tirol. Nach dem Tod der Margarethe Maultasch kam Ambras mit Tirol an die Habsburger, die aber vorerst mit der Burg nicht viel anzufangen wussten. Herzog Friedrich verpfändete es 1418 an Herzog Albrecht V. Erst Erzherzog Sigmund der Münzreiche, der Ambras zuerst 1448 seiner Gattin Eleonore und dann 1484 seiner zweiten Frau, Katharina von Sachsen, als Morgengabe übertragen hatte, ließ den Bau repräsentativ ausgestalten und den zeitgenössischen Erfordernissen anpassen. Sein Nachfolger Kaiser Maximilian I hielt sich gerne zur Jagd hier auf. Er verbesserte die Bausubstanz, musste aber Ambras aus finanziellen Gründen mehrfach verpfänden. Kaiser Ferdinand I löste Ambras 1564 nach dem Tod des letzten Pfandinhabers Georg Schurff wieder ein. Danach wurde das Schloss nicht mehr verliehen.

Der Kaiser überschrieb das Schloss seinem zweitgeborenen Sohn Erzherzog Ferdinand II und ernannte ihn zum Regenten von Tirol. Dieser wandelte die mittelalterliche Burg ab 1564 endgültig in ein Renaissanceschloss um. Als Architekten wurden die Hofarchitekten Giovanni und Alberto Lucchese sowie Paul Uschall beschäftigt, doch hatten diese weitgehend nur die Ideen des Bauherrn zu verwirklichen. Der Großteil der Planung ging auf ihn zurück. Noch vor Beginn der Bauarbeiten hatte Erzherzog Ferdinand die Herrschaft Ambras seiner Gattin Philippine Welser, mit der er damals noch geheim verheiratet war, übertragen. Sie machte aus dem Schloss ein Zentrum höfischer Geselligkeit. 230 Bedienstete sorgten sich um das Wohl der fürstlichen Familie. Damals wurde das Unterschloss zur Aufstellung der bereits zu Lebzeiten Erzherzog Ferdinands weltberühmten Ambraser Sammlung errichtet. Gleichzeitig entstand der Spanische Saal. Westlich vom Hochschloss wurde das Vorschloss angelegt. Es enthielt den mit einer von Giovanni Fontana gemalten Decke versehenen Speisesaal, für den im kleinräumigen Hochschloss kein Platz gewesen wäre. Das Vorschloss wurde ebenso wie das Ballhaus südlich vom Spanischen Saal im 19. Jahrhundert demoliert. Nach dem Tod der Philippine Welser 1580 erbten ihre beiden Söhne Andreas und Karl die Herrschaft Ambras. Um seine Sammlung im Unterschloss vervollständigen zu können tauschte Erzherzog Ferdinand II Ambras gegen die Herrschaft Irmezhofen ein. Als auch der Erzherzog 1595 starb, fiel Ambras an seinen Sohn Karl, der auch die Markgrafschaft Burgau geerbt hatte. Er war aber weder am Schloss noch an den hier untergebrachten Sammlungen besonders interessiert, so dass 1607 Kaiser Rudolf II nach zehnjährigen Verhandlungen Ambras erwerben konnte. Er vereinigte die Ambraser Sammlung mit seiner eigenen Kunstsammlung, wodurch sie für die Nachwelt gerettet war.

Das Schloss verfiel jedoch, da es kaum mehr bewohnt wurde. Mangelnde Pflege führte beim bedeutenden Bücherbestand zu Verlusten, so dass Kaiser Leopold I 1665 die wertvollsten Bücher nach Wien bringen ließ, wo sie sich nun in der Österreichischen Nationalbibliothek befinden. 1779 diente Amras als Kaserne. Bei Schlechtwetter wurde im Spanischen Saal exerziert. 1780 plante man die Einrichtung eines Zuchthauses bzw. einer Irrenanstalt und 1797 war es Hauptspital der Armee. Erst im 19. Jahrhundert kamen wieder bessere Zeiten. Allerdings bestand in den Napoleonischen Kriegen vorerst die Gefahr der Verschleppung von Kunstwerken nach Paris oder München. Mit dem Einverständnis von Napoleon konnte die Ambraser Sammlung aber 1806 nach Wien gebracht werden. Der kaiserliche Statthalter in Tirol und Bruder von Kaiser Franz Josef, Erzherzog Karl Ludwig (1832 – 1896), benutzte Ambras nach 1855 als Sommerresidenz und ließ durch die Architekten Ludwig und Heinrich Förster größere Umbauten im Stil des romantischen Historismus vornehmen, um das Gebäude an die Erfordernisse der modernen Wohnkultur anzupassen. Dabei ging man mit dem historischen Baubestand nicht gerade zimperlich um. Auch der Park wurde im Zeitgeschmack in einen Englischen Garten umgewandelt. Karl Ludwig verzichtete 1861 wieder auf die Statthalterschaft, wodurch dem Schloss neuerliche Vernachlässigung drohte. 1880 erfolgte die Umwidmung in ein Museum, wobei die Exponate der Kunstkammer sowie zahlreiche Gemälde und Skulpturen im Hochschloss ausgestellt wurden. Die Harnisch- und Waffenbestände wurden durch Exponate aus dem kaiserlichen Zeughaus in Wien ergänzt. Unter dem Architekten Johann Wunibald Deininger erfolgte eine großzügige Sanierung der Gebäude, vor allem des Spanischen Saales. Zwei Gebäude, bei denen die Schäden bereits irreparabel waren, mussten abgetragen werden. 1913 wählte auch Karl Ludwigs Sohn, Erzherzog Franz Ferdinand, Ambras zu seiner Sommerresidenz. Er verfügte den Umbau des Schlosses, wobei dem Gebäude durch den Architekten Ludwig Simon wieder das Aussehen gegeben werden sollte, das der Kupferstich von Matthäus Merian aus dem Jahre 1649 zeigt. Die unpassenden neugotischen Veränderungen unter Erzherzog Karl Ludwig wurden wieder beseitigt. Unter anderem wurden die Pawlatschen im Hof wieder entfernt, wodurch die Grisaillemalereien der Fassaden wieder zur Geltung kamen. Bei dieser Gelegenheit wurde dem wieder auf seine ursprüngliche Höhe gebrachten Bergfried der heute noch bestehende Uhrturm aufgesetzt. Wegen der Ermordung Franz Ferdinands und seiner Gattin konnten die Arbeiten jedoch nicht beendet werden. 1922 begann man erneut mit dem Museumsbetrieb, der durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Kriegsbedingt kam es zu einer neuerlichen Auslagerung der Sammlungen. Ab den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden das Schloss, die Malereien im Hof des Hochschlosses sowie die Sammlungen sukzessive einer umfangreichen Restaurierung unterzogen. Schloss und Park gehören nach wie vor der Republik Österreich. Die Sammlungen sind seit 1950 dem Wiener Kunsthistorischen Museum angeschlossen.

Unter dem Begriff Schloss Ambras versteht man zwei räumlich voneinander getrennte Gebäudekomplexe: das auf gewachsenem Fels im Nordosten des großen Parks errichtete Hochschloss mit dem Vorschloss und dem Spanischen Saal sowie südwestlich davon und etwas tiefer liegend, das Unterschloss, zu dem die Museumsgebäude, die Kornschütt und das Beamtenhaus gehören. Von der ursprünglichen Burg des 11. Jahrhunderts ist nichts mehr vorhanden, doch dürfte man beim Umbau im 13. Jahrhundert den alten Grundriss beibehalten haben. Es handelte sich dabei um eine typische Höhenburg mit Bergfried, Palas und Kapelle. Ferdinand II schuf unter Einbeziehung des Altbestandes das heutige Hochschloss, einen massigen Bau, der mit zwei unregelmäßigen Längstrakten und zwei kurzen Querverbindungen einen etwa rechteckigen Innenhof umschließt. Er ließ den Altbau ummanteln und gleichmäßig auf vier Geschoße erhöhen. Wie Untersuchungen der Bausubstanz des Hochschlosses ergaben, sind in diesem Bauteile vom 13. bis zum 15. Jahrhundert integriert. Es handelt sich dabei um den alten Bergfried aus dem 13. Jahrhundert, den Palas und die Kapelle sowie einen ehemaligen Turm. Im Südwesten ist der alte Bergfried noch erkennbar. Außerdem veranlasste Ferdinand den Neubau des Südtraktes. Dafür musste der westliche Tortrakt abgerissen werden. Hohe, verschiedenartig gestaltete Kamine lockern gemeinsam mit dem Kapellen- und dem Glockenturm den kubischen Baukörper auf. Das Hochschloss ist nur äußerlich ein Renaissancebau. Im Inneren hat es die Kleinräumigkeit der alten Burg weitgehend beibehalten. Um die Höhe der Hoffassaden etwas zu kaschieren, wurden sie durch die Felderteilung und die umlaufenden Streifen vorwiegend horizontal gegliedert. Die architektonische und figurale Grisaillemalerei an den Wänden wird dem am Hof Ferdinands II beschäftigten Maler Heinrich Teufel zugeschrieben. Sie dürften um 1569 in Freskotechnik ausgeführt worden sein. Formal stehen die biblischen und mythologischen Darstellungen den Stichen Virgil Solis und Jost Amann nahe.

Im Erdgeschoß des Südosttraktes hat sich das Bad der Philippine Welser erhalten. Es besteht aus einem Ankleide- und dem Baderaum. Die Wandvertäfelung des Ankleidezimmers ist mit 1567 datiert. Darüber befinden sich Fresken mit Darstellungen aus dem Badeleben. In der eigentlichen Badestube, einem ebenfalls holzvertäfelten Raum, nimmt ein 160 cm tiefes, in den Boden eingelassenes Becken aus verzinntem Kupferblech eine Raumhälfte ein. Hinter der Ostwand des Badezimmers liegt der Heizraum mit einem gemauerten Ofen. Im zweiten Stock des Nordtraktes, des ehemaligen Palas ist die malerische Ausgestaltung aus der Zeit Ferdinands II erhalten geblieben. Es finden sich verschiedene „al secco“ gemalte Szenen aus dem Tierleben sowie ein ganzfigürliches Porträt des Erzherzogs. Als ausführender Künstler kommt Hans Polhammer in Frage. Auch die prächtigen Decken aus Zirbenholz sind noch vorhanden. Die Kachelöfen gehören nur teilweise zum Originalbestand, zum Teil wurden sie erst im 19. Jahrhundert angekauft. Die St. Nikolaus-Kapelle wurde 1330 eingeweiht. 1462 bis 1464 wurde ihr polygonaler Chor errichtet und das Langhaus mit einem Kreuzrippengewölbe eingedeckt. Der Innenraum war damals mit figürlichen Malereien geschmückt, doch sind diese seit der neugotischen Adaptierung durch den Architekten Anton Geppert von 1863/67 verschwunden. Der neugotische Altar ist ein Werk des Bildhauers Michael Stolz. Die Glasfenster wurden von der Innsbrucker Glasmalereischule angefertigt.

An seiner Südseite ist dem Hochschloss der „Spanische Saal“ vorgelagert. Dieser Baukörper liegt mit seiner Nordmauer direkt am Burgfelsen, so dass er optisch wie das Sockelgeschoß des Hochschlosses wirkt. Er enthält den 43 m langen, 10 m breiten und 5 m hohen Festsaal, sowie das als Vorraum gedachte „Kaiserzimmer“. Es ist mit dem Hochschloss durch Treppen verbunden. Der Saalbau wurde 1570/72 als erster freistehender Saalbau der Spätrenaissance nördlich der Alpen errichtet, da im mittelalterlichen Bau kein Platz für größere Festsäle war. Der Baumeister ist unbekannt, doch wird häufig Giovanni Lucchese vermutet. Seine prächtige Kassettendecke setzt sich aus verschiedenen Holzarten zusammen. Sie ist ein Werk des Innsbrucker Hoftischlers Conrad Gottlieb. Von ihm stammen auch die schönen Intarsien der Türen und der Decke. Für die Verlegung des Marmorfußbodens war Thomas Scalabrin verantwortlich. Die qualitätvollen Stuckmedaillons im Fries schuf der Niederländer Antonis van Brackh. Der Spanische Saal diente der fürstlichen Repräsentation und der Erinnerung an die Vorgänger des Erzherzogs als Landesherrn von Tirol. Daher wurden seine Wände mit 26 Ölbildern Tiroler Landesfürsten geschmückt. Ihr Schöpfer ist nicht bekannt, doch vermutet man Giovanni Battista Fontana. Am Sockel der Südwand erkennt man Szenen aus der Geschichte von Romulus und Remus. Allegorien der Tugenden und Freien Künste schmücken die Sockel der Ost- und Westwand. Wegen der Feuchtigkeit der Nordwand mussten die dortigen Herrscherbilder im 19. Jahrhundert weitgehend erneuert werden, ebenso jene der Herkulessage am Sockel der Nordwand. Die dazwischen liegenden Groteskmalereien von Dionys van Hallaert sind noch original. Die Hexameter zu Füssen der Bilder sind Zutaten der Restauratoren. Die Wände des Kaiserzimmers sind mit zehn Fürstenbilder bemalt, die die Nachfolger Erzherzog Ferdinands II als Tiroler Landesherren von Kaiser Rudolf II bis Kaiser Karl VI darstellen. Die ganzfigürlichen Portraits werden dem Maler Michael Hueber aus Innsbruck zugeschrieben. Sie wurden 1719 angefertigt. Zu den Stuckarbeiten des Kaiserzimmers gehören die von Antonis van Prackh geschaffenen Büsten der ersten zwölf römischen Kaiser von Julius Cäsar bis Domitian Die Westfassade des spanischen Saales mit dem Hauptportal wurde 1954 neu gestaltet. Im Untergeschoß des Saalbaues lag die sog. Bauernrüstkammer. Ihre einstige Ausstattung ist leider nicht mehr erhalten.

Das sog. Unterschloss entstand zur Unterbringung der Sammlungen. Es handelt sich dabei um reine Zweckbauten von äußerster Einfachheit. Als erstes Gebäude wurde 1571/72 die Kornschütt errichtet. Sie enthielt im Erdgeschoß Stallungen und im ersten Stock die Bibliothek, das spätere Antiquarium und die Kleine Rüstkammer. Der dreigeschossige Dachstuhl diente der Getreidelagerung. Das Antiquarium war ein Museum für meist antike Plastiken, das anlässlich einer Restaurierung des Schlosses im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts entstanden ist. In 85 Wandnischen erkennt man die Köpfe berühmter Persönlichkeiten des antiken Roms. In der Kleinen Rüstkammer sind neben Hieb- und Stichwaffen des 16. Jahrhunderts zwei japanische Samurairüstungen aus der Zeit um 1580 ausgestellt. An die Nordseite der Kornschütt schließt der drei Trakte umfassende Museumskomplex an. Seine Erbauung erfolgte in der Zeit zwischen 1572 und 1580. Parallel zum zweiten Waffensaal wurde 1589 ein zweigeschossiger, etwas niedrigerer Anbau errichtet, der ebenfalls Bestände der Rüstkammer aufzunehmen hatte. Bald nach dem Tod Ferdinands II setzte der Verfall des Unterschlosses ein. Zu einer großzügigen Restaurierung kam es erst mit der Neuaufstellung der Sammlungen in den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts. Die Ambraser Sammlung war bereits zu Lebzeiten ihres Begründers ein Anziehungspunkt für gebildete Reisende aus ganz Europa. Vier der fünf großen Säle waren damals den Waffen und Rüstungen gewidmet. Den Grundstock bildeten seine eigenen Rüstungen. Ferdinand II erwarb zum Teil noch im Gebrauch befindliche Turnier- und Prunkharnische bekannter Zeitgenossen. Sie dienten ihm als Depot, aus dem er sich bei festlichen Ritterspielen bedienen konnte. Der Großteil der Rüstungen war aber bereits historisch. Er hatte sie schon in Prag, wo er 17 Jahre als Statthalter regierte, zu sammeln begonnen. Als Kaiser Ferdinand I 1564 starb, erbte Erzherzog Ferdinand II die Grafschaft Tirol. Bei seiner Übersiedlung von Prag nach Ambras befanden sich in seinem Gepäck 347 Zentner an Rüstungen bzw. Harnischen. Ferdinand besaß Rüstungen von 9 Kaisern, 12 Erzherzögen, 21 Reichsfürsten und 9 ausländischen Königen. Allerdings waren auch einige eher zweifelhafte Stücke dabei, wie die Rüstungen des Hunnenkönigs Attila oder der sagenhaften Gründerin von Prag, Libussa. Im sog. Türkenkammerl fanden sich Beutestücke aus seinem Feldzug von 1556 sowie exotische Gastgeschenke. Die Kunst- und Wunderkammer enthielt sowohl äußerst wertvolle Gold- und Silberarbeiten als auch scheinbar wertlose Kuriosa. So befanden sich hier das berühmte Salzfass Benvenuto Cellinis, ein Geschenk des Königs Karl IX von Frankreich und die angebliche Federkrone Montezumas. Beide befinden sich heute in Wien. Aber auch Abnormitäten und präparierte Tiere sowie Bilder von Riesen und Zwergen wurden gesammelt und in der Kunst- und Wunderkammer aufbewahrt. Daneben gibt es seltene Musikinstrumente wie ein Glasglockenklavier und vielbewunderte Automaten, die als Tafelaufsätze dienten, zu bewundern. Unter den Gemälden waren Werke von Tizian und Rubens. Die Ambraser Sammlung gehört zu den wenigen, am ursprünglichen Aufstellungsort erhaltenen manieristischen Kunstkammern Europas.

Der dritte große Sammelkomplex war die Bibliothek, die 1576 durch ein großzügiges Geschenk des Grafen Wilhelm von Zimmern, des Hofmarschalls des Erzherzogs, noch ausgebaut wurde. Damals wurde ein Bestand von 3430 bibliophilen Werken vermerkt. Kaiser Rudolf II brachte die sog. unveräußerlichen Erbstücke, die geheimnisumwitterte Achatschale und das „Ainkhürn“ – die sich heute in der Wiener Schatzkammer befinden – nach Prag, ließ die übrige Sammlung aber unangetastet. Kaiser Leopold I verfügte 1665 den Transport der wertvollsten Handschriften aus der Bibliothek nach Wien, wo sie seit damals in der Hof- bzw. der heutigen Nationalbibliothek verwahrt werden. Darunter befand sich auch das Ambraser Heldenbuch mit der einzigen handschriftlichen Aufzeichnung des Gudrunliedes. Als 1703 Tirol vorübergehend zu Bayern kam, konnte der Abtransport der Ambraser Sammlungen nur dadurch verhindert werden, dass die aufgebrachte Bevölkerung die dafür vorgesehenen Transportschiffe zerstörte. Zur Zeit der Franzosenkriege wurden die Kunstwerke in Kisten verpackt und mehrfach vor den anrückenden Franzosen in Sicherheit gebracht, wobei sie u. a. nach Pilsen und Hainburg aber auch nach Kroatien ausgelagert wurden. Die damaligen Umstände führten durch Plünderungen und Diebstählen zu Verlusten, die sich aber in Grenzen hielten. 1806, als nach dem Frieden von Pressburg Tirol an Bayern angeschlossen wurde, brachte man die Sammlung als kaiserliches Privateigentum nach Wien, wo sie 1814 im Belvedere ausgestellt wurde. Ein Teil der Exponate verblieb jedoch in Ambras. Vor allem 1936 kamen zahlreiche Objekte aus dem Wiener Kunsthistorischen Museum zurück. Nach den Verlagerungen und den damit verbundenen Verlusten als Folge des Zweiten Weltkrieges wurde 1948 das Museum vorerst im Hochschloss wiedereröffnet. 1952 folgten die Waffensäle im Unterschloss. 1974 wurde die ehemalige Kunstkammer im ersten Stock der Kornschütt an Stelle der alten Bibliothek neu aufgestellt. Auch das alte Antiquarium wurde weitgehend originalgetreu rekonstruiert. Seit 1976 wird im Hochschloss die Porträtgalerie zur Geschichte Österreichs gezeigt. Sie besteht aus ca. 250 Gemälden und enthält Werke von Lucas Cranach d. J., Jakob Seisenegger, Albrecht Dürer und Giuseppe Arcimboldo. 1981 wurde die Waffensammlung durch zahlreiche Leihgaben der Wiener Waffensammlung, die sich auf die Rüstkammer des Erzherzog Ferdinand II beziehen, verstärkt. Obwohl die Ambraser Sammlung im Lauf der Jahrhunderte zahlreiche Entnahmen, aber auch Zugänge zu verzeichnen hatte, hat sie ihren Charakter als höfische Kunstkammer durchaus bewahrt. Durch die Eröffnung der Wiener Kunstkammer im Kunsthistorischen Museum vor wenigen Jahren hat sie natürlich eine gewaltige innerösterreichische Konkurrenz bekommen.

Zum Schloss gehört ein ca. 20 ha großes, von einer Steinmauer umschlossenes Parkareal. Es lässt heute noch die Strukturen des von Erzherzog Ferdinand II angelegten Renaissancegarten erkennen, wenn auch der größte Teil im 19. Jahrhundert in einen Landschaftspark verwandelt wurde. Im 16. Jahrhundert diente er als Wildpark, in dem ein größerer Bestand an Rotwild gehalten wurde. Seine Attraktion war damals ein künstlich angelegter Wasserfall. Südlich vom Spanischen Saal liegt der Keuchengarten, ein 1974 rekonstruierter Ziergarten, in dem sich die einzigen erhaltenen Gartenarchitekturen aus der Zeit Erzherzog Ferdinands II befinden. Es handelt sich dabei um die Bacchusgrotte und einen Treppenturm, der den Zugang zu einem auf einem Hügel stehenden „umlaufenden Tisch“ ermöglichte. Dieser Tisch enthielt einen mit Wasserkraft betriebenen Mechanismus, wodurch er in drehende Bewegung versetzt werden konnte, sobald sich die Gäste vor den gefüllten Tellern niederließen. Er wurde 1572 installiert und im 18. Jahrhundert wieder entfernt. Auch die Bacchusgrotte gehörte zu den Spielereien eines Renaissancefürsten. Der „Fangstuhl“, eine mechanische Spitzenleistung des 16. Jahrhunderts wird noch heute im Schloss gezeigt. Wer sich setzte, wurde von Fußangeln gefesselt und durfte erst aufstehen, wenn er einen mächtigen Humpen Wein in einem Zug geleert hatte. Nicht erhalten sind das um 1880 abgebrochene Ballspielhaus, der Felsenkeller sowie das Sommerhaus. Das Gartenparterre wurde im 16. Jahrhundert für höfische Feste genutzt, die im Spanischen Saal begannen und dann im Garten fortgesetzt wurden. Nach dem Tod Erzherzog Ferdinands II verwilderte der Garten, da man die hohen Kosten seiner Erhaltung scheute. Er wurde bald nur mehr landwirtschaftlich genutzt.Erzherzog Karl Ludwig ließ zwischen 1856 und 1862 westlich vom Hochschloss einen englischer Landschaftsgarten mit einem großen Teich anlegen.

Ort/Adresse: 6020 Innsbruck, Schloss Straße 20

Besichtigung: täglich von 10.00 bis 17.00

Homepage: www.schlossambras-innsbruck.at


Weitere Literatur:


16.07.2014