ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Forchtenstein (Burgenland)


Die Burg Forchtenstein ist das weithin sichtbare Wahrzeichen des nördlichen Burgenlandes. Sie ist eine Gründung der Grafen von Mattersdorf, die mit ihr die Ödenburger-Wiener Neustädter Pforte und damit eine wichtige Straßenverbindung kontrollieren konnten. Diese Familie, die ursprünglich aus Spanien kam, wurde um 1202 vom ungarischen König Emmerich mit dem Gebiet zwischen Neusiedler See und Rosaliengebirge belehnt. Sie errichtete ihre Stammburg 1250 im heutigen Mattersburg. Ihre Herrschaft umfasste nahezu den gesamten Bezirk Mattersburg sowie einige Dörfer des Bezirkes Eisenstadt. Die Mattersdorfer konnten sich aber ihres riesigen Besitzes nicht lange erfreuen, denn sie wollten gemeinsam mit den Güssinger Grafen die heikle politische Lage im Grenzland zwischen Ungarn und Österreich ausnützen und ein vom Lehensherrn weitgehend unabhängiges Territorium schaffen. Während der „Güssinger Fehde“ belagerte daraufhin 1289 Herzog Albrecht I von Habsburg die Mattersburg und nahm sie schließlich ein. Im Hainburger Frieden von 1291 wurde ihre Schleifung angeordnet und 1294 auch durchgeführt. Diese erfolgte so gründlich, dass heute nicht einmal mehr ihre genaue Lage bekannt ist. Die Mattersdorfer begannen darauf noch vor 1300 auf einem ohnehin zur Verteidigung besser geeigneten hohen und steilen Dolomitfelsen am Osthang des Rosaliengebirges, nur etwa 2 km östlich der ehemaligen Grenze zu Österreich, eine Burg als neuen Familiensitz der Grafen von Mattersdorf-Forchtenstein, wie sie sich nun bis in das 15. Jahrhundert hinein nannten, zu erbauen. Sie wird 1343 als „Frakno“ erstmals urkundlich erwähnt, war aber damals natürlich wesentlich bescheidener als heute und bestand nur aus dem Bergfried und einem Wohngebäude, die beide von einer Ringmauer umgeben waren. An drei Seiten fällt der Burgfelsen steil ab. Lediglich an der Angriffsseite im Westen musste ein tiefer Halsgraben in den Fels geschlagen und ein kleines Vorwerk angelegt werden.

Forchtenstein gehörte weiterhin zu Ungarn, doch boten die Grafen 1375 den österreichischen Herzogen ihre Gefolgschaft an, was zu Konflikten mit dem ungarischen König führen musste. Im Streit um die Stephanskrone entführte Elisabeth, die Witwe von Herzog Albrecht V, diese und floh mit ihr und ihrem neugeborenen Sohn Ladislaus Posthumus nach Forchtenstein, bevor sie bei Kaiser Friedrich III in Wiener Neustadt Zuflucht fand. Sie war eine ungarische Königstochter und versuchte für ihren Sohn die ungarische Königswürde durchzusetzen. Der letzte Mattersdorfer, Graf Wilhelm, verpfändete und verkaufte schließlich Burg und Grafschaft 1445 an Herzog Albrecht VI, der sie 1451 an seinen Bruder Kaiser Friedrich III weitergab. Im Ödenburger Frieden wurde 1462 wenig zweckmässig festgelegt, dass Forchtenstein zwar unter österreichischer Gerichtsbarkeit bleiben, aber Steuern und Zehent an den ungarischen König abliefern solle. Der Pfleger Sigismund Weisspriach übergab 1466 die Burg an Matthias Corvinus. Mit dem Frieden zu Pressburg wurde sie 1491 wieder österreichisch. Forchtenstein wurde nun an Heinrich von Prüschenk-Hardegg verpfändet, dem eine Reihe von Pflegern, Burggrafen und Pfandinhaber folgten. In dieser Zeit wurden der Palas erweitert und die Befestigungen verstärkt. 1572 wurde die Pfandsumme eingelöst und die Burg gehörte wieder uneingeschränkt den Habsburgern. Wegen der Türkengefahr wurde sie durch Vorwerke, einen Zwinger und einen Torbau verstärkt. 1605 versuchte ein Trupp Bocskay-Reiter die Burg im Sturm zu nehmen, was aber misslang. Die Umgebung wurde jedoch schwer verwüstet.

Einer der wenigen ungarischen Adeligen, die in dieser Zeit treu zum Kaiser hielten, war Nikolaus Esterházy. Er kam aus dem ungarischen Kleinadel, gehörte aber bereits ab 1612 durch seine Heirat mit Ursula Dersffy zu den reichsten Magnaten Ungarns. Ursula hatte ihrem Gatten u. a. die Herrschaften Munkács in der Westukraine in die Ehe mitgebracht, aber auch das wesentlich näher zu Forchtenstein gelegene Landsee mit dem Schloss Lackenbach. 1620 hatten die Truppen Gábor Bethlens, des Fürsten von Siebenbürgen, das nur leicht befestigte Lackenbach belagert, konnten aber gerade noch rechtzeitig von kaiserlichen Truppen unter dem General Dampierre vertrieben werden. 1622 verpfändete Kaiser Ferdinand II die Herrschaften Forchtenstein und Eisenstadt an Nikolaus Esterházy. Er wurde damit für seine Herrschaft Munkacs entschädigt, die er nach dem Frieden von Nikolsburg an Bethlen abtreten musste. Nikolaus Esterházy war katholisch – nachdem er vom Protestantismus konvertiert war – und kaisertreu, wie auch die meisten seiner Nachkommen, was dem Aufstieg und dem Vermögen der Familie zweifellos förderlich war. Da der Kaiser aus Geldmangel die Verpfändung von Forchtenstein nicht rückgängig machen konnte oder wollte, wurde es 1626 an den noch im gleichen Jahr zum Erbgrafen von Forchtenstein ernannten Nikolaus verkauft. Es blieb bis heute im Familienbesitz. Graf Nikolaus ließ bis auf den mittelalterlichen Bergfried alle vorhandenen Gebäude niederreißen und zwischen 1630 und 1640 eine repräsentative, aber wohlbefestigte Residenz als Hauptstützpunkt seines ausgedehnten Herrschaftsbereiches errichten. Als Architekten beschäftigte er die Italiener Giovanni Battista Carlone und Simone Retacco, die auch für Kaiser Ferdinand II in Wien tätig waren. Als erstes wurden schon um 1630 die mächtigen Basteien an der Westseite der Burg angelegt. Zwei Jahre später wurde der trapezförmige Innenhof durch den Süd- und den Westflügel des Hochschlosses begrenzt, in denen Graf Nikolaus seine Wohnräume einrichtete. Als Bildhauer und Steinmetzen waren Pietro Maino Maderno sowie Ambrosio und Giorgio Regondi tätig. Der um die neue Kapelle erweiterte Südflügel entstand an der Stelle des mittelalterlichen Palas.

Als Graf Nikolaus 1645 starb, übernahm sein Sohn Ladislaus die Regentschaft in der Familie Esterházy. Diese spielte in den Türkenkriegen des 17. Jahrhunderts eine große Rolle. Zwar wurde Forchtenstein nie ernstlich angegriffen, doch mussten die Esterházys dennoch große Verluste verkraften. Allein 1652 in der Schlacht von Vezekény verloren sie vier Familienmitglieder, darunter auch Ladislaus. Nun musste sein Bruder, der erst 16 jährige Paul die Besitzungen in Westungarn gegen Türken und andere Feinde verteidigen. Während des Thököly-Aufstandes von 1662 war Forchtenstein die einzige westungarische Burg, die von den Rebellen nicht eingenommen werden konnte. Wie zuvor die Haiducken konnten auch die Türken 1683 den Ort Forchtenau weitgehend zerstören. Die mächtige Burg zu erobern war für sie aber aussichtslos. In Anerkennung seiner Verdienste um das Haus Habsburg und um die Eindämmung der Türkengefahr wurde Paul I Esterházy, der an 15 Schlachten teilgenommen hatte, 1687 durch Kaiser Leopold I zum Reichsfürsten erhoben. Schon sechs Jahre zuvor war er zum Palatin Ungarns gewählt worden. Damit war Paul I Esterházy nicht nur zum reichsten sondern auch zum mächtigsten Magnaten Ungarns geworden. Er war auch der größte private Grundbesitzer im Königreich Ungarn. Er dokumentierte dies durch das Sammeln von Kunstwerken, die in Forchtenstein aufbewahrt wurden. Um die Bedeutung seiner Familie zu unterstreichen, ließ er eine Ahnengalerie anlegen. Ein Betrachter sollte den Eindruck bekommen, dass die Familie durch teilweise fiktive Ahnen bis auf Adam und Eva oder zumindest bis auf Attila zurückgeht. Er baute die Burg zu Eisenstadt als neue Residenz aus und verlegte seine Hofhaltung dahin. Forchtenstein verlor damit zwar seine Rolle als Wohnschloss, wurde aber weiter ausgebaut. An den dreiachsigen „Niklasbau“ wurden im Norden und Süden weitere Trakte und gewaltige Bastionen hinzugefügt. Die Burg erhielt damit ihre heutige Gestalt. Sie diente nunmehr als Familienschatzkammer und Archiv, aber auch als Munitionsdepot und Gefängnis. Da die Türkengefahr nach der erfolgreichen Verteidigung Wiens weitgehend gebannt war, wurde ihr militärischer Ausbau aber weitgehend gestoppt. In den 90er Jahren des 17. Jahrhunderts wurden die Wände des Inneren Hofes mit Wandmalereien versehen, die die militärischen Aktivitäten Nikolaus und Pauls verherrlichten. Als Michael nach dem Tod seines Vaters Paul I Esterházy diesem folgte, fand er in Forchtenstein größere Bauschäden vor. Er ließ diese beheben und die verwahrlosten Zeughäuser wieder instand setzen. Fürst Paul II Anton hatte sich sehr für die Anerkennung Maria Theresias als ungarische Königin eingesetzt. Er ließ auf eigene Kosten ein Husarenregiment von 400 Reitern aufstellen und wies ihm ab 1741 Forchtenstein als Kaserne zu. Das Regiment bestand hier bis 1762 und kämpfte in dieser Zeit für die Kaiserin vor allem gegen die preussischen Truppen König Friedrichs II. Forchtenstein diente in dieser Zeit vor allem als Arsenal für Waffen und Ausrüstungsstücke, aber auch als Winterquartier für die Truppe. Der aus Neapel stammende Maler Gennaro Basile portraitierte etwa 30 Offiziere des Regiments vom Befehlshaber bis zum Kaplan. Die Gemälde hängen heute in einem Saal der Waffensammlung.

Fürst Nikolaus I, der Prachtliebende, hatte die Regentschaft des Hauses von seinem kinderlos gebliebenen Bruder Paul II Anton übernommen. Er lebte hauptsächlich auf dem von ihm ausgebauten Schloss Eszterháza in Fertöd. Forchtenstein diente nun vorwiegend als privates Familienmuseum und wurde entsprechend ausgestattet. 1761 wurde das zweite Stockwerk der Kernburg erhöht und der Dachstuhl ausgewechselt, was zum Verlust der Stukkaturen des 17. Jahrhunderts führte. Der Fürst benutzte Forchtenstein meist nur als Absteige bei Jagden in der Umgebung sowie bei militärischen Anlässen. In seinen Wohnräumen wurden Rokokoöfen und Marmorkamine installiert. Während der Napoleonischen Kriege diente Forchtenstein neuerlich als Zeughaus für das Infanterieregiment Nr. 32, dessen Inhaber Fürst Nikolaus II war. Nach den Kriegen gegen Napoleon, bei denen es reiche Beute gab, dienten die hier verwahrte Ausrüstung und Bewaffnung nur mehr als Museumsstücke. Seit 1815 ist die Burg öffentlich zugänglich. Sie gehört daher zu den ältesten Museen der Welt. Die zwanzigköpfige Leibwache des Fürsten bestand bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie hatte die Feste und ihre Schätze zu bewachen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Burg mit ihren Sammlungen vernachlässigt. Daran änderte sich auch im 20. Jahrhundert vorerst wenig. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Burg Forchtenstein, die bisher mehrmals ihre nationale Zugehörigkeit gewechselt hatte, mit der Eingliederung des Burgenlandes endgültig österreichisch. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit der russischen Besetzung des Burgenlandes und der schwierigen Lage der Familie erlaubte keine größeren Instandhaltungsmaßnahmen. Diese setzten erst mit der großen Landesausstellung von 1993 ein. Bis zum Jahr 2000 war die Burg außen weitgehend restauriert. 2005 wurde die Schatzkammer geöffnet und 2006 die Ahnengalerie. Die zuvor übertüncht gewesenen Malereien des Innenhofes wurden von 1993 bis 2008 renoviert. 1994 brachte Fürstin Melinda Esterházy die Burg in eine Privatstiftung ein.

Der Burghügel war aus Gründen der leichteren Verteidigung jahrhundertelang von Bewuchs freigehalten. Erst um 1930 wurde er mit Föhren bepflanzt. Der Zugang zur Burg erfolgt über eine, den tiefen trockenen Halsgraben auf gewaltigen Pfeilern überspannende hölzerne Brücke. Ihr letzter Abschnitt war bis 1840 als Zugbrücke ausgeführt, worauf die Rollen am Hauptportal hinweisen. Dieses ist mit einer Marienstatue und vier Heiligenfiguren ungarischer Könige (Ladislaus, Emmerich, Stephan, Wenzel) geschmückt. Dahinter lag das erste Torhaus. Es diente als Wachstube für die fürstlichen Grenadiere. Das Gebäude gehört zu den ältesten erhaltenen Teilen der Burg. Es wurde um 1507 erbaut und zwischen 1630 und 1641 unter Graf Nikolaus Esterházy aufgestockt. Seit dem 19. Jahrhundert bewohnt der Schlossverwalter (Castellan) die nördlichen Räume des Torhauses. Der Rest diente der Herrschaft als Kerker für straffällig gewordene Untertanen. Hier konnten bis zu 20 Häftlinge untergebracht werden. Das Gefängnis wurde erst nach 1856 geschlossen, als in Mattersburg ein Komitatsgefängnis erbaut worden war. An der Südseite der Basteimauer befindet sich ein qualitätvoller barocker Neptunbrunnen mit dem gräflich Esterhazyschen Wappen. Die Nordseite des Zwingers wird von einem langgestreckten Schüttkasten eingenommen. Über dem zweiten Tor ist eine Madonnenstatue von 1691 angebracht. Durch einen langen gewölbten Gang gelangt man in den Vorhof vor der Hauptburg. Das dreigeschossige Hochschloss ist eine unregelmäßige Vierflügelanlage um einen schmalen trapezförmigen Hof. Es wird an drei Seiten von einem breiten Zwinger umfasst. Ein rustiziertes, mit den Wappen von Nikolaus Esterházy und seiner Gemahlin Christine Nyáry verziertes Portal, ermöglicht den Zugang zum Inneren Burghof. Rechts und links vom Eingang sind in Nischen die Skulpturen der Heiligen Albrecht, Adalbert, Margarethe und Elisabeth aufgestellt. Im Giebel über dem Doppelfenster erkennt man die Jahreszahl 1635. Im Inneren Burghof erinnert ein steinernes Reiterdenkmal von Michael Filsser an die Erhebung Paul I Esterházys in den Fürstenstand. Reiterdenkmäler waren in Österreich bisher den Habsburger-Kaisern vorbehalten. Es wurde 1692 aufgestellt und beendete die Bauarbeiten unter Paul I. Dieser ist hier mit Fürstenhut und Marschallstab als Feldherr und Türkenbezwinger dargestellt. An letzteres erinnert der Sockel mit den gefangenen Türken. Die den Burghof umgebenden Fassaden wurden 1691 wie ein Festsaal mit Seccomalereien bedeckt, die zwischen einer Scheinarchitektur ca. 130 Portraits römischer und deutscher Kaiser bis Joseph I zeigen. Diesen malerischen Schmuck des Hofes schufen vermutlich Johann Carl Häckl und Matthias Zehetgruber aus Wien. Sie waren 1692 auch in den Wohnräumen und in der Schatzkammer tätig. Je ein zweiarmiges Stiegenhaus führt in den Nord- und Südtrakt.

Hervorstechendstes Merkmal der Burg ist der 50 m hohe achtstöckige Bergfried, dessen Bruchsteinmauern 5 bis 7 m dick sind. Er steht am höchsten Punkt des Burgfelsens. Sein unterer Teil ist das einzige Bauwerk, das noch auf die Mattersdorfer Grafen zurückgeht. Der Bergfried wurde unter Graf Paul I zwischen 1333 und 1340 errichtet. Im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts erhielt er ein zwölfseitiges Obergeschoß, das 12 Schießfenster für leichte Kanonen aufweist. Von hier aus wurde bei Gefahr die Landbevölkerung alarmiert. Der darüber liegende barocke Turmhelm wurde vor 1700 mit einer vergoldeten Statue des Erzengels Michael, des Schutzheiligen der Familie Esterházy gekrönt. Im zweiten Geschoß führte der heute vermauerte Hocheinstieg in 8 m Höhe zum Hauptraum des Bergfrieds, einet fensterlosen Kammer mit einem Kreuzrippengewölbe, dessen Schlussstein das Wappen der Grafen von Mattersdorf – ein Adlerrelief mit Kreuz – trägt. Hier hat sich eine spätgotische Eisentür aus dem 15. Jahrhundert erhalten. Die daneben liegende Türe führt in einen Nebenraum. Sie stammt aus der Zeit um 1640. Im untersten Geschoß befindet sich das Verlies, ein 14 m tiefer zisternenähnlicher Schacht, der später wohl meist als Keller verwendet wurde. Der runde Turm ist an der von einem benachbarten Hügel bedrohten Westfront kielartig zugespitzt, um Kanonenkugeln leichter abprallen zu lassen. In seinem untersten Teil ist die bergseitige Kante mit Buckelquadern verkleidet. Ihm vorgeschoben, entstand im späten 17. Jahrhundert die äußere Bastei mit einer starken Eckbastion. Im Osten überragt, als Gegenstück zum Bergfried, ein barocker Zwiebelturm mit zwei Geschoßen das Hauptgesims. Er diente als Uhrturm. Seine Glocke aus dem 13. Jahrhundert ist die älteste Glocke des Burgenlandes.

Die 1887 von Franz Storno aus Ödenburg nicht besonders glücklich restaurierte frühbarocke Kapelle ist der Maria Verkündigung geweiht. Sie wird 1622 erstmals als „neue Kapelle“ erwähnt, so dass es bereits zuvor einen Sakralraum an anderer Stelle gegeben haben muss. Sie ist der einzige künstlerisch aufwändig gestaltete Raum der Burg. Er reicht über zwei Geschoße und wird von einem Spiegelgewölbe abgeschlossen, das mit reichem, teils figuralem Stuckdekor und Deckenmalereien aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts bedeckt ist. Bemerkenswert ist der Hochaltar mit seinem Stuckaufbau, der in seiner Mitte ein Gemälde von Michael Langbein aus dem Jahr 1641 zeigt, das natürlich die Verkündigung Marias zum Thema hat. Rechts und links davon halten Engel die Wappen von Graf Nikolaus und seiner Gattin. Im westlichen Teil der Hochburg liegt die aus der Mitte des 17. Jahrhundert stammende große Burgküche. Sie besteht aus mehreren Räumen und konnte mit der angeschlossenen Pfisterei (Bäckerei) bei Bedarf mehr als 300 Personen verpflegen. Für die Versorgung der Besatzung und des Dienstpersonals gab es im ersten Torbau und im Hochschloss weitere Kochgelegenheiten. Zwischen der Küche und dem Südtrakt lag der sog. Dritte Turm“. Er wurde im 18. Jahrhundert um ein Geschoß gekürzt. Unter dem Hochschloss liegen zwei große Weinkeller, die der Versorgung der Burgbewohner dienten. Berühmt ist auch der 142 m tiefe Brunnen im Zwinger, der mittels eines Tretrades bedient wurde, das einen Durchmesser von 6 Meter hatte. Lange Zeit wurde berichtet, dass er von türkischen Gefangenen in langjähriger Fronarbeit aus dem Dolomitfelsen geschlagen wurde, doch wurde er schon zur Zeit des Grafen Nikolaus von italienischen Spezialisten geschaffen. Die mit dem gräflichen Wappen verzierte Brunneneinfassung schuf Pietro Maino Maderno um 1640.

Die Innenräume der Burg dienen heute vorwiegend zur Aufnahme der Sammlungen. Darauf, dass sich im Obergeschoß des Süd- und des Westflügels der einstige Wohnbereich von Graf Nikolaus befand, weisen noch die geschnitzten Türen und Wandmalereien sowie die von Pietro Maino Maderno entworfenen großen Kamine hin. Im Südflügel liegt auch der größte Raum der Burg, der Festsaal. Seine Seccomalereien konnten 2007 in Resten freigelegt werden. An seinen Wänden hängen großformatige Gemälde ungarischer Könige aus dem Haus Habsburg. Im Erdgeschoß lagen die Räume der ersten Schatzkammer. 1692 waren auch der Nord- und der Ostflügel fertig. Die Ausmalungen erfolgten durch Johann Carl Häckl und Matthias Zehetgruber aus Wien sowie durch Josef Mohl aus Ödenburg. In den Räumen hängen zahlreiche Portraits von ungarischen und österreichischen Adeligen. Kulturgeschichtlich interessant sind die marmorierten Türen mit den eingelassenen Veduten, die die Besitzungen der Familie Esterházy gegen Ende des 17. Jahrhunderts zeigen. Von der ursprünglichen Möblierung ist nur wenig vorhanden. Als Paul I um 1692 den Nordflügel verdoppelte, wurde eine neue, aus zwei Sälen bestehende Schatzkammer eingerichtet. Diese besonders gesicherten Räume waren zur Aufnahme der eigentlichen Kunst- und Wunderkammer bestimmt. Ihre Ausstattung, aber auch die gesammelten Pretiosen sind weitgehend erhalten. Glanzstück der Forchtensteiner Schatzkammer ist ein Silberprunktisch von 1687. Er bildet das Zentrum einer Kollektion von Silbermöbeln, die heute in der Ahnengalerie gezeigt werden. Die dazu gehörenden Stühle werden im Budapester Kunstgewerbemuseum aufbewahrt. Aber auch zahlreiche Ehrengeschenke wie Prunkuhren und –pokale aus dem 17. Jahrhundert sowie erlesenes Porzellan und Tafelsilber finden sich hier. Bemerkenswert ist eine Sammlung von kunstvoll gearbeiteten (Elfen)beinschnitzereien. Der benachbarte Archivraum ist ebenfalls original möbliert.

Mit ca. 20.000 Exponaten ist die Burg Forchtenstein die größte öffentlich zugängliche Privatsammlung Mitteleuropas. Es ist fast unglaublich, dass sie sowohl die französische (1806) als auch die sowjetische Besetzung (1945 bis 1955) ohne größere Verluste überstehen konnte. Sie hat drei große Schwerpunkte: Archiv, Schatzkammer und Zeughaus. 1921 wurde das Familienarchiv nach Eszterháza gebracht und später dem Ungarischen Nationalarchiv in Budapest übergeben. Das umfangreiche Wirtschaftsarchiv verblieb jedoch auf Forchtenstein. Es füllt hier 21 Räume und ist das größte private Archiv Mitteleuropas. Das Archivmaterial auf ca. 8,5 km Regalen ist eine Fundgrube für Historiker. Die Schatzkammer des Hauses Esterházy ist eine der letzten erhaltenen Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance. Sie konnte bis heute ihre Funktion bewahren. Lediglich jene ausgewählten Stücke der Kunstkammer, die unter Fürst Nikolaus IV nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nach Budapest gebracht wurden, gingen zum Teil 1945 bei der Bombardierung des Esterházy-Palastes in Buda verloren. Der Rest des Familienschatzes befindet sich heute im Museum für Kunstgewerbe in Budapest. Ein großer Teil der Bibliothek (ca. 70.000 Bände) wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in das Schloss Eisenstadt gebracht. Jene wertvollen Bücher, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Weg nach Moskau gefunden hatten, wurden erst in allerletzter Zeit der Familie zurückgegeben. Heute ist die Bibliothek, die sich zuvor in Schloss Lackenbach, dann im Franziskanerkloster von Eisenstadt und dann im dortigen Schloss befunden hat, wieder im Schloss von Eisenstadt konzentriert. Fürst Paul I Esterházy sammelte auch Gemälde, wie sein Vorbild Kaiser Rudolf II. Diese befinden sich heute nur mehr zum Teil in der Burg, wo sie in den Hochzeitsräumlichkeiten des Hochschlosses aufgehängt sind. Ein großer Teil der Bestände diente zur Ausschmückung anderer Schlösser der Esterházys, wie Eisenstadt, Fertöd oder dem Budapester Stadtpalais. Sie befinden sich – sofern sie den Zweiten Weltkrieg überlebt haben – heute im Budapester Museum der Schönen Künste. Auf Forchtenstein findet man u. a. Werke von van Dyck, Lucas Cranach und Arcimboldo. Bei vielen dieser Werke handelt es sich aber um zeitgenössische Kopien. Sehr gut bestückt ist auch das dreigeschossige Zeughaus in der Südwestecke des umlaufenden Zwingers, das bis zum Ersten Weltkrieg das größte Waffenarsenal in privater Hand Europas war. Hier ist u.a. die Armierung des 32. und 33. Ungarischen Infanterie-Regimentes aufbewahrt. Letzteres stand von 1753 bis 1790 unter dem Befehl von Feldmarschall Nikolaus I Fürst Esterházy. Neben zahlreichen Helmen und Harnischen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sowie ca. 280 Jagdwaffen ist vor allem die umfangreiche Türkenbeute inklusive eines großen Feldherrenzeltes interessant. Weitere Ausrüstungs- und Beutestücke stammen aus dem siebenjährigen Krieg und der Völkerschlacht bei Leipzig.

Lage: Burgenland, am östlichen Abhang des Rosaliengebirges über dem Tal der Wulka

Besichtigung: Vom 1. April bis 31. Oktober täglich Führungen von 10.00 – 18.00

Homepage: www.burg-forchtenstein.at


Weitere Literatur:


19.04.2014