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Maria Anzbach - Grafenhaus


Im heutigen Wallfahrtsort Maria Anzbach hatten einst die Hochfreien von Amizinesbach, die bereits um 1039 urkundlich aufscheinen, ihren Sitz. Dieser dürfte allerdings im Bereich der späteren Wehr- und Wallfahrtskirche gelegen sein. Er ist heute völlig verschwunden. Die Anzbacher starben um 1200 aus und wurden von den Hochfreien von Lengenbach beerbt. Durch Heirat gelangte die Herrschaft um 1330 an die Herren von Wallsee. Anzbach befand sich noch 1456 in den Händen der Wallseer, war aber bald ein landesfürstliches Lehen. 1535 besaß es Joachim Marschall von Reichenau. Als dieser starb gelangte Anzbach an den Pfandinhaber der Herrschaft Neulengbach, Johann Hofmann zu Grünbühel, der es mit dieser vereinigte und es als eigenes Amt führte. Der Ansitz wurde aber nicht mehr benötigt und musste wohl bald der Pfarrkirche bzw. dem Pfarrhof weichen. Der Anzbacher Amtmann bewohnte weiterhin ein Gebäude, das später Grafenhaus genannt wurde. Es dürfte recht komfortabel ausgestattet gewesen sein, denn es wird berichtet, dass bereits 1453 ein kaiserlicher Bevollmächtigter hier ein Nachtmahl einnahm. Während des Türkeneinfalls von 1529 brannte der Ansitz aus. Bei Renovierungsarbeiten im Jahr 1974 waren die Brandspuren noch zu sehen. Auf die Amtmänner folgten im 18. Jahrhundert private Besitzer, wie Wirte und Bauern. 1869 erwarb Ferdinand Graf Wydenbruck das Haus aus der Konkursmasse des Vorbesitzers. Er war österreichischer Gesandter in Amerika und verbrachte hier seinen Ruhestand. 1888 kam das Anwesen an die Familie Eder. Seit 1923 gehört es der Familie Walderdorff.

Das Grafenhaus liegt etwa 100 Meter südlich der Pfarrkirche in einem gepflegten Garten. An der anderen Straßenseite haben sich eine Mühle sowie eine alte Schmiede erhalten, die einst zur Herrschaft gehört hatten. Auch einigen anderen benachbarten Gebäuden sieht man es an, dass es sich bei ihnen um einstige Neben- bzw. Wirtschaftsbauten gehandelt haben muss. Das Grafenhaus stellt sich in seiner heutigen Form als ein dreiseitiger Renaissancebau aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dar, doch geht es im Kern auf das Mittelalter zurück. So stammt der an der Westfront liegende, später weitgehend verbaute quadratische Wohnturm noch aus dem 12. oder 13. Jahrhundert. Bei einer Mauerstärke von 90 cm weist er Innenmaße von 5,6 x 5,8 m auf. Das unterkellerte Gebäude ist zweigeschossig. Im Dachboden erkennt man, dass einst ein drittes Geschoß vorhanden war, das vermutlich nach den Zerstörungen von 1529 abgetragen wurde. Die Erdgeschoßräume weisen Kreuzgratgewölbe, jene im Keller Tonnengewölbe auf. An die einstige Wehrhaftigkeit des Ansitzes erinnern noch zwei Schießscharten an der Nordseite. Im Obergeschoß konnten Pfostenlöcher eines ehemaligen hölzernen Wehrganges aufgedeckt werden. Um den Wohnturm entstanden im 17. und 18. Jahrhundert weitere Gebäude, die einen kleinen Hof umgaben. Erst vor einigen Jahren wurde dieser einst geschlossene Hof durch den Abriss von Nebengebäuden an seiner Südseite geöffnet. Die Fassaden sind gelb gefärbelt. Sie sind durch weiße Gesimsbänder sparsam akzentuiert aber ansonsten schmucklos gehalten. An der Straßenfront springt ein zweigeschossiger turmartiger Runderker deutlich vor. Neben diesem ist an der Fassade noch das Steingewände der einstigen korbbogigen Einfahrt zu erkennen. Im Obergeschoß eines nordseitigen Anbaues haben sich barocke Stuckspiegel aus dem 16. Jahrhundert erhalten. Aus der Bauzeit stammt eine ehemalige Rauchküche.

Ort/Adresse: 3034 Maria Anzbach, Schmiedgasse 1

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


01.04.2014