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Palais Sternberg


Das Areal des späteren Gartenpalais in der Ungargasse bestand ursprünglich aus zwei Grundstücken. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts lagen hier noch Weingärten. Auf einer der Parzellen wurde 1724 ein Gebäude errichtet, das um 1767 umgebaut wurde, so dass eine hufeisenförmige Anlage mit Ehrenhof entstand. Es ist bereits am Stadtplan von Daniel Huber (um 1770) nachzuweisen. Von 1776 bis 1800 befand sich der Bau im Besitz von Franz Graf Esterházy, während das andere Grundstück dem als „Lustgartner“ bezeichneten Joseph Walter gehörte. Beide Parzellen wurden 1801 durch Christoph Albrecht Freiherr von Bühler vereinigt. Auf ihn folgte bereits ein Jahr später der Großhändler Franz Bertoni als Besitzer. In dem hier befindlichen spätbarocken Landhaus verbrachte der Maler Joseph Kriehuber (1800 – 1876) einen Teil seiner Kindheit. Der Primararzt des Wiener Allgemeinen Krankenhauses Dr. Johann Erhard Schiffner erwarb kurz vor 1820 das Areal und ließ 1820/21 vermutlich nach Plänen von Charles von Moreau ein Gartenpalais durch den Baumeister Franz Ehrmann errichten. Dabei wurden Teile des Vorgängerbaues verwendet und durch einen neuen Trakt im Norden ergänzt. Die Straßenfront erhielt damals ihren kleinen Ehrenhof. Die Fassade wurde 1822 mit acht Figuren griechischer Götter und Philosophen (u. a. Sokrates, Pythagoras und Aeskulap) von Joseph Klieber geschmückt, so dass das Palais damals als „Tempel der Weisheit und Gesundheit“ bezeichnet wurde. Die Statuen befanden sich vermutlich an der Stelle des Mittelrisalit-Obergeschosses.

Der große Englische Garten, von dem heute nur mehr ein kleiner Teil vorhanden ist, galt im 19. Jahrhundert mit seiner Orangerie und dem Treibhaus als Sehenswürdigkeit. Als Schiffer1857 starb, erbte sein Sohn Dr. Gustav Schiffner das Palais, verkaufte es aber bald an den Reichsratsabgeordneten Zdenko Graf Sternberg. Das Grundstück des Palais hatte damals noch eine Größe von ca. 13.000 m², wobei der größte Teil auf den Park entfiel. Graf Sternberg entfernte die meisten Klieber-Statuen. Sein Sohn Philipp Graf Sternberg ließ um 1900 das Gebäude nach Plänen des Architekten Ludwig Richter im Neo-Barockstil neu ausstatten. Es entstand das hübsche Stiegenhaus und die Durchfahrt zu den ebenfalls neu errichteten Stallungen im Park. Außerdem wurde das Obergeschoß des Mittelrisalits erneuert. Kliebers Skulpturen wurden danach nicht mehr aufgestellt. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt. 1909 wurde das Palais um ein benachbartes Mietshaus erweitert. Nach dem Ersten Weltkrieg verkauften die Sternbergs das Palais an die Internationale Holding Company AG in Basel. Der Park war aber schon zuvor kräftig dezimiert worden. Der neue Besitzer wurde 1938 enteignet und das Gebäude dem italienischen Diktator Benito Mussolini zum Geschenk gemacht. Im Zweiten Weltkrieg dienten Teile des Palais als Lazarett. Seit Kriegsende ist es Sitz des italienischen Kulturinstituts und Konsulats.

Das Palais Sternberg ist ein typisches Vorstadtpalais aus dem 19. Jahrhundert. Damals lagen im Viertel um die Ungargasse noch etliche Gartenpalais. Von diesen hat sich lediglich das Palais Sternberg erhalten. Seine freie Lage hatte es allerdings bald verloren. Heute ist es von vier- bis fünfstöckigen Wohn- und Bürobauten umgeben. Die um einen Ehrenhof erbaute dreiflügelige Anlage wirkt straßenseitig eher wie ein Biedermeier-Landhaus als ein herrschaftliches Gartenpalais. Der Hof ist zur Straße hin durch ein klassizistisches Gusseisengitter begrenzt. Rechts und links davon liegen zwei Einfahrten. Sie erhalten durch die um 1900 aufgestellten Pfeiler mit den von Putten gehaltenen Kandelabern ein repräsentatives Aussehen. Die zweigeschossige Straßenfront wird durch einen dreiachsigen Mittelrisalit betont, der von einem Dreieckgiebel überragt wird. Im Giebelfeld ist das Sternberg-Wappen zu sehen. An seiner Stelle war ursprünglich Apollo zu sehen. Dahinter erstreckt sich das schlichte Satteldach. Der Mittelbau hat neun Fensterachsen, von denen drei auf den Mittelrisalit entfallen. Die Fassade wird horizontal durch zwei große Reliefplatten über dem Erdgeschoß gegliedert, die von Panthern und Rankenwerk umgebene Masken zeigen. Der Mittelrisalit ist im Erdgeschoß als Portalbau gestaltet. Er wird von Pilastern gerahmt und von einem Triglyphenfries mit flachem Dreiecksgiebel gekrönt. Das breite rechteckige Portal ist meist geschlossen. Der Zugang erfolgt durch Seiteneingänge.

Im waagrecht genuteten Erdgeschoß weist der Mittelbau noch die ursprüngliche biedermeierliche Fassadengestaltung auf, während das 1900 umgestaltete Obergeschoß durch die drei hohen Rundbogenfenster wesentlich repräsentativer wirkt. Das mittlere Fenster ist wesentlich breiter als die beiden anderen. Die übrigen Obergeschoßfenster des Ehrenhofes sind mit kleinen Dreieckgiebeln geziert, während die Fenster der seitlichen Straßenfronten lediglich gerade Verdachungen zeigen. Die Seitenfronten sind unsymmetrisch. Während der linke Flügel drei Achsen tief ist, weist der rechte Flügel fünf Achsen auf. Die Fronten an der Ungargasse sind jeweils fünfachsig. Die Gartenfassade wird von einem dreiachsigen Vorbau beherrscht, der noch vom Vorgängerbau aus dem 18. Jahrhundert stammt. Diesem ist eine von einer Balustrade gesäumte Treppe vorgelagert, die in den Garten führt. Am Gelände des hinteren Parkteiles stehen heute Wohnhäuser und zwei Kindergärten. Der Mittelachse ist ein flacher Dreieckgiebel aufgesetzt, der mit biedermeierlichem Stuckdekor ausgefüllt ist. Das Erdgeschoß ist genutet. Die Gebäudeecken sind durch Pfeiler bzw. Dreiviertelsäulen verstärkt. Im Nordosten schließt sich ein Salettl an, das ebenfalls noch zum Vorgängerbau gehörte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde an der Rückseite des Palais ein neuer Flügel angebaut, der einen großen Saal sowie Studienräume enthält. Der Zubau ist wesentlich zweckmäßiger als elegant. Die Stuckverzierungen im Inneren des Palais stammen meist vom Umbau 1900, lediglich in der Bibliothek findet sich noch ein figuraler Fries aus dem Biedermeier. Im Blauen Saal hat sich der originale Parkettboden – wenn auch beschädigt – erhalten. Bemerkenswert ist im Foyer die schöne geschwungene Treppe mit ihrem schmiedeeisernen Geländer und dem großen Spiegel aus dem 19. Jahrhundert.

Ort/Adresse: 1030 Wien, Ungargasse 43

Besichtigung: Das Palais ist für Besucher des italienischen Kulturinstitutes bzw. des Konsulates zugänglich.

Homepage: www.iicvienna.esteri.it


Weitere Literatur:


25.03.2014