ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Zwettl - Pernersdorferhof


Wie bei vielen mittelalterlichen Städten sorgte man auch in Zwettl, dass sich in der Nähe der besonders gefährdeten Stadttore verlässliche adelige und bürgerliche Familien ansiedelten. Bereits seit der Stadtgründung lag in unmittelbarer Nähe des Oberen Tores ein Freihof, der sog. Pernersdorferhof. Der damals wehrhafte Gebäudekomplex befand sich stets im Besitz ritterlicher Familien, zu denen auch die Pernhartsdorfer aus Groß-Poppen gehörten. Es gibt Überlegungen einzelner Lokalhistoriker, dass die Kuenringer, nachdem sie ihren Sitz am Propsteiberg verlassen hatten, um 1231 hier ihr Stadtdomizil gewählt oder zumindest den Hof mit ihren Ministerialen besetzt hatten. Allerdings gibt es keinen urkundlichen Nachweis hierüber. Im 15. und 16. Jahrhundert kam es zu einem häufigen Besitzwechsel. Albrecht von Pottendorf belehnte 1429 die Töchter des Ulrich Oeder, der damals Burggraf von Lichtenfels war, mit dem Stadtsitz. Im 16. Jahrhundert sind es vor allem die Mühlwanger (1560 – 1581) und die Stockhorner (1581 – 1588), die hier wohnten. Zwischen 1588 und 1650 besaßen die Bschönig den Hof. Auf sie folgte bis 1665 die Familie Krieger. 1667 besaßen ihn kurzfristig die Kuefstein, doch bereits im folgenden Jahr gehörte der Pernersdorferhof den Lagelberger. 1722 ging er durch Kauf ins Eigentum des Stiftes Zwettl über. 1801 verkaufte das Stift den Hof. Seit damals hat er bürgerliche Besitzer. Derzeit gehört der der Familie Anton. Sie unterhält hier eine volkskundliche Privatsammlung.

Der stark gegliederte umfangreiche Gebäudekomplex liegt strategisch wohl überlegt in der westlichen Stadtmauerecke. Gemeinsam mit dem polygonalen sog. Antonsturm, der auf dem Areal des Hofes steht, bildete der Pernersdorfer Hof ein eigenständisches Bollwerk. Er war ein wichtiger Teil der Stadtbefestigung. Im Kern stammt die dreiflügelige Anlage noch aus dem 13. Jahrhundert, doch wurde sie im Lauf der Zeit mehrfach umgebaut. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde der bisher eingeschossige Bau um ein Stockwerk erhöht. Vor allem im 17. und 18. Jahrhundert gab es einschneidende Veränderungen. Dennoch wirkt seine Rückseite vom Tal des Zwettlbaches aus gesehen auch heute noch burgartig und wehrhaft. Die gegen Ende des 18. Jahrhunderts überarbeitete achtachsige Straßenfront hingegen betont die repräsentative Wohnlichkeit des ausgehenden Mittelalters. Die hier befindliche Biedermeierfassade wurde 1984 ihrem ursprünglichen Aussehen angenähert, wodurch die spätgotischen Bauteile wesentlich besser zur Geltung kommen. Dazu gehört in erster Linie das verstäbte Schulterbogenportal aus der Zeit um 1500, aber auch der von Konsolen gestützte Breiterker sowie der Eckerker im Südosten. Beide stammen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Die gotisierende Fassadenmalerei ist dekorativ, aber Geschmackssache. Die schmiedeeisernen Fenstergitter im Obergeschoß sind hier zwar unüblich, beleben aber den Gesamteindruck der Fassade. Ein breites, von Prellsteinen begrenztes Rundbogenportal führt in den Innenhof. In der tonnengewölbten Einfahrt sind zwei Grabsteine von 1438 bzw. 1716 eingemauert. Die Erdgeschoßräume sind meist tonnengewölbt. Im Nordtrakt weisen sie jedoch Kreuzgratgewölbe mit Stuckleisten auf. Ein Raum im straßenseitigen Obergeschoß zeigt eine Stuckspiegeldecke aus der Zeit um 1730/40. Im Südtrakt hat sich eine Holzbalkendecke vom Ende des 16. Jahrhunderts erhalten. Der Gartentrakt im Westen wurde erst 1848 errichtet und mit der Stadtmauer verbunden.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel - am Nordwesten der Altstadt von Zwettl

Ort/Adresse: 3910 Zwettl, Niederösterreich, Landstraße 65

Besichtigung: möglicherweise nach Absprache mit dem Besitzer


Weitere Literatur:


16.01.2014