ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Weißenkirchen in der Wachau - Lehenritterburg


In Weißenkirchen hat sich noch einiges an mittelalterlicher Bausubstanz erhalten. Es sind dies in erster Linie Lesehöfe, aber auch Ansitze von ehemaligen Dienstleuten der Kuenringer, die im späteren Mittelalter hier Grundherren waren. Das Gebiet um Weißenkirchen wird aber bereits im Jahr 830 in einer Urkunde des Klosters Niederaltaich erwähnt, in der König Ludwig der Deutsche dem Kloster seinen Besitz bestätigt. Weißenkirchen war bis 1837 Hauptort der mit St. Michael, Joching und Wösendorf zusammengefassten Gemeinde „Wachau“. Folgerichtig nannten sich die hier ansässigen Gefolgsleute der Kuenringer auch „von Wachau“. Sie sind von 1233 bis 1381 nachweisbar. Als erster wird Konrad von Wachau als Zeuge in einer Zwettler Urkunde genannt. Der besterhaltene und größte der alten Ansitze wird „Lehenritterburg“ genannt. Hier hauste von 1455 bis 1475 Ritter Jobst Bindinger, der auch Richter gewesen sein dürfte. Auf ihn folgte von 1495 bis 1523 ein weiterer Ritter namens Wenzel Nersichgern. Aus einem gemalten Wappen der Familie Eitzinger wird geschlossen, dass sich diese auch einmal im Besitz des Ansitzes befand. Die heute gelegentlich verwendete Bezeichnung „Pöltnerhof“ bezieht sich auf eine Familie, die den Hof im frühen 20. Jahrhundert besaß. Heute ist der verschachtelte Baukomplex auf mehrere Hausparzellen aufgeteilt. Zum Teil wird er von verschiedenen Parteien bewohnt, doch befindet sich in ihm auch der Gasthof „Weiße Rose“.

Die sog. Lehenritterburg liegt dem Teisenhoferhof gegenüber am Marktplatz und an der Bachgasse. Der vielteilige Komplex geht zu einem guten Teil auf das Spätmittelalter zurück, wurde aber dann immer wieder von jüngeren Bauten überlagert. Auffallend ist der zweigeschossige Gasthof „Weiße Rose“, der mit seiner weiß/gelb gefärbelten Barockfassade aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht in das mittelalterliche Ensemble zu passen scheint, doch weisen die dicken Mauern auf sein hohes Alter hin. Die verputzten Mauern dürften wohl zum Teil noch aus dem 14. Jahrhundert stammen. Im an der Bachgasse liegenden Westtrakt ist der mächtige pyramidenförmige Kamin einer ehemaligen Rauchküche nicht zu übersehen. Im anschließenden Obergeschoß hat sich eine Spitzbogenpforte erhalten, die ebenfalls noch aus dem 14. Jahrhundert stammen könnte. Über einen von Arkaden gestützten Gang aus dem 17. Jahrhundert gelangt man zu einem gotischen Wehrturm im heutigen Gastgarten an der Bachgasse, der erst vor einigen Jahrzehnen für Wohnzwecke adaptiert worden ist. Es ist dies ein wuchtiger dreigeschossiger Rechteckturm. Auf Grund seines im Erdgeschoß ca. 1,5 m dicken Bruchsteinmauerwerks wird seine Erbauung im späten Mittelalter vermutet. Möglicherweise stammt er im Kern sogar noch aus dem 14. Jahrhundert.

Der Turm ist mit einem Pyramidendach gedeckt. Seine Mauerkanten werden durch aufgeputzte Ortsteinquader betont. An seiner Südseite erkennt man eine große vermauerte spitzbogenartige Öffnung, in die zuletzt ein modernes Fenster eingesetzt wurde. Ob es sich dabei um einen ehemaligen Hocheinstieg oder um den Zugang zu einem später abgebrochenen Erker handelt, ist ungewiss. Auch sonst weisen seine Fassaden unregelmäßig ausgebrochene und teilweise vermauerte Fensteröffnungen auf. Die einzelnen Geschosse werden durch eine eingebaute Wendeltreppe erschlossen. Ein weiterer Turm, der aber nicht mehr erhalten ist, lag im Haus Nr. 18, dessen Fassade modernisiert worden ist. Der enge Innenhof des Hauses Nr. 20, das vermutlich aus dem 16./17. Jahrhundert stammt, weist Arkaden vom Anfang des 16. Jahrhunderts auf. Die ehemalige Hauskapelle des Ansitzes ist ein Rundbau mit einem vieleckigen Obergeschoß. Sie liegt in der Südostecke des Ensembles. Angeblich soll sie während der Reformationszeit (1540 – 1626) den wenigen Katholiken des vorwiegend protestantisch gesinnten Ortes als Gotteshaus gedient haben. Ihr 3/8-Chor weist ein kleinteiliges Netzrippengewölbe aus dem frühen 16. Jahrhundert auf. Gotische Spitzbogenfenster mit Dreipassmaßwerk haben sich erhalten.

Lage: ca. 14 km westlich von Krems

Ort/Adresse: 3610 Weißenkirchen in der Wachau

Besichtigung: mit Ausnahme des Gasthofes „Weiße Rose“ nur von außen möglich


Weitere Literatur:


27.12.2013