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Zwettl - Propsteiberg


In der „Bärenhaut“, einer Urkundensammlung des Stiftes Zwettl, wird von einer Kuenringerburg am Propsteiberg oberhalb der Stadt berichtet. Hier soll Hadmar I von Kuenring, der Gründer des Stiftes Zwettl, gelebt haben. Merkwürdigerweise beschäftigen sich kaum andere Quellen mit dieser Anlage. Heute stehen hier zwar uralte Bauten, doch konnten trotz eifrigen Forschens bisher keine Spuren einer Burg entdeckt werden. Falls es hier einen Wehrbau gegeben hat, so vermutet man diesen auf dem Areal der späteren Propstei bzw. des jetzigen Caritas-Wohnheimes. Aufschluss könnten nur umfangreiche archäologische Grabungen geben, was aber schwierig ist, da diese Bauten verputzt und bewohnt sind. Obwohl die Bärenhaut eine wichtige Quelle für die Geschichte des nördlichen Niederösterreichs im 13. und 14. Jahrhundert ist, kann sie im Zusammenhang mit der Kuenringerburg am Propsteiberg nicht unbedingt als verlässlich bezeichnet werden. Immerhin wurde die Handschrift erst zu Beginn des 14. Jahrhunderts angefertigt, während die Burg aber bereits anfangs des 12. Jahrhunderts gemeinsam mit einer Kirche errichtet worden sein dürfte. Sie soll bereits 1230/31 durch die Babenberger zerstört worden sein. Die Kirche blieb erhalten. Sie war die erste Pfarrkirche Zwettls. 1483 gründete der päpstliche Nuntius Bartholomäus de Marachis hier eine Propstei, wozu der Pfarrhof umgebaut werden musste. Erster Propst wurde der bisherige Pfarrer von Zwettl Andreas Königsteiner, der sich zuvor stark für die Errichtung der Propstei eingesetzt hatte. Obwohl sie von Kaiser Friedrich III mit einem beträchtlichen Stiftungsvermögen ausgestattet worden war, hatte sie kein langes Leben. Der geplante Stand von 14 Chorherren konnte nie erreicht werden, was wohl auf den vordringenden Protestantismus und den hohen Türkensteuern des 16. Jahrhunderts zurückzuführen ist. Da es bald kein Kapitel mehr gab, konnten die Pröpste nicht gewählt werden und wurden vom Landesherrn vorgeschlagen. Im Dreißigjährigen Krieg hausten und plünderten hier böhmische Truppen unter dem Grafen Heinrich Mathias von Thurn. 1751 zog Kaiserin Maria Theresia die Güter ein und übergab sie der Theresianischen Militärarkademie. Diese wollte 1840/41 die Gebäude wegen Baufälligkeit abreißen, konnte aber davon abgehalten werden. Seit 1882 gehört die ehemalige Propstei der Sparkasse Zwettl. Die Bauten wurden ab dem Ende des 20. Jahrhunderts aufwändig restauriert und historisch untersucht. Die Kirche, die 1946 auf Grund schwerer Kriegsschäden entweiht worden war, konnte bereits 1967 wieder in Betrieb genommen werden.

Der Propsteiberg liegt im Zwiesel zwischen dem Kamp und der in diesen mündeten Zwettl. Die Lage wäre also strategisch günstig für die Anlage eines Wehrbaues gewesen. Der größte Teil dieses Sporns wird heute von der in drei Höfe unterteilten Propstei eingenommen. Nur wenig tiefer gelegen, steht im Osten die dem hl. Johannes Evangelist geweihte Propsteikirche mit der angebauten Michaelskapelle. Dahinter liegt der Friedhof mit dem Karner. Zum Ensemble gehört noch der „Kasten“, der den Zwischenraum zwischen Propstei und Kirche im Süden begrenzt. Dominierend ist die, im unteren Teil aus schön gearbeiteten romanischen Quadern errichtete Propsteikirche. Der Saalbau dürfte in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts errichtet worden sein, aber einen Vorgängerbau gehabt haben. Der Chorturm der Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert. Da die Kirche als Pfarrkirche weiterhin genutzt wurde, kam es zu Veränderungen im Inneren bis in das 20. Jahrhundert hinein. Neu entdeckte Fresken im Dachraum der Kirche gehen auf die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. Auch die Michaelskapelle wurde wohl in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut. Der Karner ist ein spätromanischer Rundbau mit Halbkreisapsis, der aus Bruchsteinen erbaut und im 18. Jahrhundert barockisiert wurde. Der zweigeschossige Kasten ist ein ca. 33 x 10 m großer Saalbau, dessen Untergeschoß bis vor wenigen Jahren als Teil der Kuenringerburg gehalten wurde. Nach den neuesten archäologischen Untersuchungen dürfte er jedoch wesentlich jünger sein und ebenfalls aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen. Vermutlich wurde aber Abbruchmaterial der Burg bei seiner Errichtung verwendet. Der Kasten ist eines der ältesten Pfarrgebäude Österreichs. Das Propsteigebäude wurde 1483 auf den Fundamenten der zuvor abgerissenen Burg bzw. des Pfarrhofes errichtet.

Lage: auf einer Anhöhe am Südrand der Stadt Zwettl

Ort/Adresse: 3910 Zwettl, Niederösterreich

Besichtigung: teilweise möglich


Weitere Literatur:


05.11.2013