Der Ort war im Jahr 1300 Sitz einer adeligen Familie. Damals wird in einer Urkunde ein Wolfram von Seytendorf als Zeuge genannt. Er war wohl ein Gefolgsmann der Herren von Werd-Capellen, die auf der Mollenburg saßen. 1308 verkauften die Erben des Konrad von Werd den kleinen Wehrbau dem Stefan von Maissau. 1356 wird Wolfhard der Seiterndorfer als hier ansässiger Lehensträger erwähnt. 1404 war Seiterndorf im Besitz von Hans Raid, auf den von 1434 bis 1485 die Familie Hochstetter folgte. Siegmund Gernstorfer besaß den Hof 1512 bereits als freies Eigen. Nach ihm erfolgte ein rascher Besitzwechsel, der erst aufhörte als der Edelsitz 1651 von der Kartause Aggsbach erworben wurde. 1789 gelangte er an die Herrschaft Artstetten. Diese verkaufte ihn 1870 an einen Landwirt aus dem Dorf. Der Bau war schon damals in einem schlechten Zustand und verfiel dann immer mehr. Allerdings war noch in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen ein relativ gut erhaltenes mittelalterliches Gebäude vorhanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dieses weitgehend abgerissen, da man Platz für den Ausbau des landwirtschaftlichen Betriebes brauchte. In den letzten Jahrzehnten fielen auch die noch vorhandenen Bauten bis auf geringe Reste der Spitzhacke zum Opfer. Erhalten blieb die kleine Kapelle zwischen Häusern Nr. 12 und 13. Sie wurde bereits 1359 genannt und war der hl. Katharina geweiht. Da sie nach wie vor von der Bevölkerung des Ortes genutzt wird, wird sie auch weiterhin gepflegt.
Bei der Durchfahrt durch den kleinen Ort ist nichts von einem ehemaligen Wehrbau zu entdecken. Seine kümmerlichen Reste befinden sich dennoch im Ortszentrum, im Bereich der Hausnummern 12 und 14. Der Edelsitz umfasste ursprünglich ein ummauertes Areal von 42 x 28 m, auf dem mehrere Einzelbauten lagen. Der Sitz Seiterndorf dürfte vermutlich gleichzeitig mit der Mollenburg errichtet worden sein. Im Süden war er durch den zwei Meter tiefer liegenden Kirchbach geschützt. Im Westen befand sich ein künstlicher Graben. Ältester Bauteil ist ein einst dreigeschossiger Wohn- und Wehrturm aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, der in seinem Erdgeschoß noch erhalten ist. Sein quadratischer Grundriss hatte eine Seitenlänge von 7,5 m. Im zweiten Geschoß lag ein Hocheinstieg. Unter dem späteren Walmdach befand sich eine Wehrplattform. An den Turm war im Osten ein zweigeschossiger Schüttkasten angebaut. In der Renaissancezeit wurde dem Turm ein viergeschossiger Treppenturm angefügt. Dieser sowie die Obergeschosse des Wohnturmes waren die ersten Opfer des Ausbaues des Bauernhofes im 20. Jahrhundert. Der wichtigste Teil des Ansitzes war ein Herrenhaus aus der Zeit um 1570/80. Es wurde erst 1971 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Es war ein zweigeschossiger Bau von 12 x 10 m Seitenlänge unter einem mächtigen Krüppelwalmdach. Die Räume des Erdgeschosses waren gewölbt. An die Stube schloss eine Rauchküche mit einem pyramidenförmigen Rauchabzug an. Über ein an der Ostfront angebautes Treppenhaus gelangte man in das Obergeschoß. Östlich schloss an das Herrenhaus ein zweigeschossiges Stallgebäude an. Vom Turm führte ein gedeckter Verbindungsgang zur ansonsten weitgehend freistehenden Kapelle zwischen den Häusern Nr. 12 und 14. Sie wurde seit ihrer Errichtung im 14. Jahrhundert mehrfach umgebaut, ist aber gut erhalten. Ihr mit einem 3/8-Schluss versehener Chor weist noch ein altes Rippengewölbe auf, während das bescheidene Langhaus früher eine Flachdecke aufwies. Die Kapelle hat zwei Eingänge, da jener im Westen von den Ortsbewohnern genutzt wurde, der Eingang im Süden aber der Herrschaft zur Verfügung stand.
Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 12 km nordwestlich von Melk
Besichtigung: nach Kontakt mit dem Besitzer möglich
Weitere Literatur:
30.09.2013