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Krempelstein


Ein Datum für die Errichtung der Burg ist nicht bekannt. Angeblich soll sich an ihrer Stelle einst ein römischer Wachtturm des Limes befunden haben. Als Indiz dafür wird der Fund zahlreicher Münzen aus dem dritten Jahrhundert am Fuß des Burghügels herangezogen. Der Bauplatz eignete sich hervorragend zur Beobachtung des Flusses donauaufwärts. Um 1200 wird in einer Urkunde die Feste Chramaerenstein genannt. Da diese aber in den zahlreichen regionalen Kämpfen des 13. Jahrhunderts nirgends mehr erwähnt wird, ist diese Nennung zweifelhaft. Sie wurde weder in der Fehde zwischen Graf Konrad von Wasserburg und dem Bistum Passau genannt, noch scheint sie in den Passauer Mautlisten von 1254 bis 1264 auf, so dass eher anzunehmen ist, dass der kleine Wehrbau damals noch gar nicht existiert hat. Gesichert ist erst die Erwähnung der Burg „Grempelstein“ in einer Urkunde des Passauer Bischofs Albert II aus dem Jahr 1337. Vermutlich wurde sie kurz zuvor als Mautstation und Vorposten von Passau an der Donau erbaut. Krempelstein war nie ein von Adeligen bewohnter Herrschaftssitz. Es war vielmehr eine Hofmark, die sich vorwiegend im Besitz der Passauer Bischöfe befand und von deren Burghütern und Pflegern verwaltet wurde. 1406 übernahmen die bayrischen Herren von Raspen (Raffen) die Burgpflege, mussten diese aber auf Grund eines Streites mit Bischof Graf Georg von Hohenlohe nach 15 Jahren zurücklegen. Die Pflegschaft erhielt Hans Zennger als Entschädigung dafür, dass einige ihm gehörige Häuser in Obernzell abgerissen wurden, um Platz für die Errichtung der Burg Obernzell zu schaffen. Krempelstein diente auch als Gefängnis für unbotmäßige Geistliche. Der Überlieferung nach wurde hier u. a. der Domdekan von Passau, Dr. Ruprecht von Moosheim, ein Anhänger der Rosenkreuzer-Sekte und ehemaliger Pfleger von Vichtenstein, fünf Jahre lang gefangen gehalten, bis er 1544 hier starb. Er war von einer kaiserlichen Kommission als Ketzer zu lebenslanger Haft in Krempelstein verurteilt worden. Allerdings gibt es auch Berichte, dass er sich auf der in Passau gelegenen Burg Oberhaus das Leben genommen haben soll.

1596 zogen die bayerischen Herzöge Krempelstein ein und behielten es bis 1690, als es dem Passauer Bischof zurückgegeben wurde. 1782 gelangte es mit dem ganzen Innviertel an Österreich, doch wurde es bereits zu diesem Zeitpunkt nur mehr von einem Förster bewohnt, da es schon 1690 Vichtenstein angeschlossen und von dort aus verwaltet wurde. Seit damals hat die Burg die gleichen Eigentümer wie Vichtenstein. Wegen seiner nunmehrigen Grenznähe wurde Krempelstein nach dem Frieden von Teschen zeitweise Sitz einer Zollwache, die den Schmuggel nach und von Bayern unterbinden sollte. Im 18. und 19. Jahrhundert wohnten in der Burg nur noch Waldarbeiter und ein Burghüter. 1886 übernahm Reichsgraf Robert von Pachta beide Anlagen, die dann 1939 an die Familie Schulz-Wulkow übergingen. 1939 ließ der Pächter Eduard Munninger, die bereits längst zur Ruine gewordene Burg zum Sitz seines „Ordens vom Rosenkreuz“ ausbauen. Er versuchte die Frequenz der von ihm hier eingerichteten Gaststätte durch spiritistische Sitzungen zu verbessern. Gerne führte er auch das von ihm konstruierte Geisterruf-Gerät vor. Mit dem Tod Muningers löste sich auch seine Loge 1965 auf. Später benützte ein Motorsportverein Krempelstein als Clublokal. 1984 kam es zu einem verheerenden Brand, dem das Dach, die Zwischendecken des Turmes, die Stiegen sowie die gesamte Inneneinrichtung zum Opfer fielen. Als Folge davon stürzte die donauseitige Giebelwand ein und schlug die Zwischendecken bis in den Keller durch. Nach dem Wiederaufbau wurde die Burg langfristig verpachtet. Sie befindet sich jedoch nach wie vor im Besitz der Familie Schulz-Wulkow und ist der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Krempelstein wird im Volksmund auch „Schneiderschlössl“ genannt. Ein Gedicht von August Graf Platen berichtet, dass einst ein Schneider seine tote Ziege vom Burgfelsen in die Donau werfen wollte, sich aber an den Hörnern des Tieres verfing und selbst in die Tiefe stürzte.

Die bescheidene Burg liegt nahe der Grenze zu Deutschland auf einer ca. 25 m hohen Gneis-Felsklippe, die an der Nordseite nahezu senkrecht zur Donau hin abfällt. Sie besteht lediglich aus dem viergeschossigen Wehr- und Wohnturm aus dem 15. Jahrhundert sowie einem zweigeschossigen Wohntrakt. Der 18 m hohe Turm stammt noch aus dem Spätmittelalter. Er weist eine Grundfläche von ca. 9,5 x 11 m und eine Mauerstärke von ca. 2 m auf. Der Turm hatte ursprünglich nur einen Hocheinstieg an der Donaufront, von dem schmale Steintreppen innerhalb der Mauerstärke in die oberen Geschosse führten. Der Hocheinstieg war über eine Außentreppe vom Obergeschoß des Palas aus zugänglich. Der heutige Eingang im Erdgeschoß wurde erst ausgebrochen, als der Turm keinerlei Wehraufgaben zu erfüllen mehr hatte. Damals baute man im Inneren eine bequemere Holztreppe ein. Die schmalen Fensterschlitze im zweiten und dritten Stock, hinter denen Nischen mit steinernen Sitzbänken sich befinden, sind noch teilweise erhalten. Manche wurden aber deutlich verbreitert um eine bessere Belichtung der Innenräume zu gewinnen. Sie sind mit Steingewänden versehen. Im ersten Stock war über dem Eingang eine Kapelle eingerichtet. Ihre Lage ist an ihrem, auf zwei Konsolen vorspringenden polygonalen Erker von außen aus erkenntlich. Ihr gotisches Portal sowie ihr Kreuzgratgewölbe haben sich erhalten. Die Errichtung in der Zeit der Gotik wird durch zwei spitzbogige Fenster, das gotische Portal und eine giebelförmige Wandnische bezeugt. Zwei gemalte Wappen, darunter jenes von Passau, sind an der Südseite des Turmes kaum noch erkennbar. Kragsteine im obersten Geschoß weisen darauf hin, dass sich hier einst ein Wehrgang befand. Heute wird der Turm von einem Walmdach abgeschlossen. Im 16. Jahrhundert wurde dem Turm im Nordwesten ein mit einem Satteldach gedeckter Wohnbau angefügt. Er misst ca. 15 m im Quadrat. Seine vierachsige Giebelfront ist der Donau zugewendet. Wie die Konturen am Turm zeigen, war das Dach des Wohngebäudes ursprünglich wesentlich steiler. Im Notfall konnte es rasch abgebaut und die Burg von einer Plattform aus verteidigt werden. Einer ernsthaften Belagerung hätte Krempelstein aber nicht lange Widerstand leisten können. Ein von einer Konsole gestützter viereckiger Vorbau – vermutlich ein Abtritterker - springt im Obergeschoß der Ostfassade vor. Der Eingang liegt an der bergseitigen Giebelwand. Im Wohnbau befindet sich der sog. Rittersaal. Er wurde von Muninger mit Fahnen und Wappen geschmückt. Von der Ringmauer, die sich vom Turm bergwärts zog, sind nur mehr Reste erhalten.

Lage: ca. 10 km östlich von Passau

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


09.09.2013