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Hohenems - Palast


Hohenems ist die einzige Residenzstadt Vorarlbergs. Die Geschichte der Herren vom Ems lässt sich urkundlich bis 1170 zurückverfolgen. Sie waren einst welfische, dann staufische Ministeriale und kontrollierten das mittlere Rheintal von Vaduz bis zum Bodensee. Der Aufstieg der einstigen Landsknechtführer begann mit der Heirat von Wolf-Dietrich (1507 – 1538) mit Clara von Medici, einer Schwester des Papstes Pius IV. 1560 wurde die Familie in den Reichsgrafenstand erhoben. Der erste Graf von Hohenems, Jakob Hannibal I, richtete die Burg Alt-Ems für seine Frau Hortensia Borromea wohnlich ein und baute sie zur Festung aus. Jakob Hannibal war oberster General der päpstlichen Truppen und Feldherr unter Philipp II von Spanien. Sein Bruder, Markus Sittikus III, Kurienkardinal und Bischof von Konstanz, begann 1563 anstelle eines alten Verwaltungssitzes zu Füßen der Burg einen Renaissancepalast zu errichten. Architekt der beiden Bauvorhaben war Martino Longo aus Viggiu bei Varese. 1564 war der Vordertrakt des Gebäudes bereits teilweise bewohnbar. Der Kardinal schenkte nun den unvollendeten Bau seinem Bruder Jakob Hannibal. 1567 zog die Familie von der Festung in das bequemere neue Haus herunter. Fertiggestellt wurde der Palast aber erst von Hannibals Sohn, Kaspar Graf von Hohenems, der ihn zwischen 1603 und 1610 mit der Errichtung der beiden Seitentrakte wesentlich ausbaute. Er gab auch die weitläufigen Parkanlagen und Tiergärten in Auftrag, die den Palast umgaben und bis zum Rhein hinabreichten. Graf Kaspar vergrößerte sein Territorium durch den Erwerb von Vaduz und Schellenberg, errichtete eine Lateinschule und siedelte eine Judengemeinde im Ort an. Hohenems erlebte seine Glanzzeit, doch begann bald der Niedergang. 1672 musste der Dachstuhl ausgewechselt werden. Linienteilungen, finanzielle Schwierigkeiten und verschiedene Schicksalschläge führten dazu, dass 1699 die liechtensteinischen Gebiete wieder abgegeben werden mussten. 1755 entdeckte der Lindauer Chirurg Jakob Hermann Oberreit in der Schlossbibliothek die Handschrift C des Nibelungenliedes, 1778 fand man dort eine zweite Fassung, die Handschrift A. Mit dem Tod von Franz Wilhelm II 1759 starben die Hohenemser aus und das Schloss verlor seine Bedeutung. Die Lehensgüter, wie Festung, Burg Glopper und die Grafschaft fielen an das Haus Österreich. Den Privatbesitz, wie Palast und Gutsbetrieb erhielt Franz Xaver Graf von Harrach, Festungskommandant von Graz. Die 1779 durch Heirat in den Besitz des Palastes gekommenen Grafen Waldburg-Zeil lebten in Böhmen und kümmerten sich kaum um ihren Vorarlberger Besitz. Er wurde nur mehr von einigen Angestellten bewohnt und verkam völlig. Der wertvolle Hausrat, die Bibliothek und die Ahnengalerie waren schon zuvor von der Erbgräfin Maria Rebecca von Hohenems-Harrach-Rohrau auf ihr Schloss Frischenberg im böhmischen Bistrau gebracht worden. In der ersten Hälfte des 19. Jh. diente das Gebäude einem ungarischen Regiment als Kaserne. Erst 1882 machte Clemens Graf Waldburg-Zeil den Bau wieder bewohnbar und zog hier ein. Heutiger Besitzer ist sein Enkel Franz Josef Graf Waldburg-Zeil, der in jahrzehntelanger Arbeit den bereits wieder stark vernachlässigten Palast restaurieren ließ. Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Musikalische Bekanntheit erreichte Hohenems mit der Durchführung der Schubertiade, deren Konzerte jahrelang im Rittersaal des Palastes stattfanden. Er dient weiterhin für musikalische Veranstaltungen, Ausstellungen und Feste aller Art.

Die italienische Bauweise des Palastes wurde zweifellos durch die Gemahlin Jakob Hannibals I, Hortensia Borromea, beeinflusst. Sie war die Schwester des damaligen Erzbischofs von Mailand Carlo Borromeo, der wenige Jahre nach seinem Tod heiliggesprochen wurde. Wie bei italienischen Renaissancepalais üblich, ist auch der Palast von Hohenems nach außen hin kühl und abweisend, während er im Inneren prächtig ausgestattet war. Da er über hundert Jahre lang leer stand, wurde er nicht barock umgebaut und blieb als Renaissancebauwerk erhalten. Er liegt als mächtiger Baublock vor einer hohen Felswand. Der Palast beeindruckt durch seine breit gelagerte Fassade zwischen den vorspringenden risalitartigen Ecktürmen. Einziger Schmuck der dreigeschossigen Vorderfront ist das von rustizierten toskanischen Säulen flankierte Rundbogenportal mit dem darüberliegenden, ebenfalls reich dekorierten Doppelfenster. Das mit einem Sprenggiebel und dem Wappen der Hohenemser versehene Sandsteinportal reicht über zwei Geschosse. Der an italienische Renaissancepaläste erinnernde Innenhof ist an drei Seiten von Erdgeschossarkaden umgeben, die aber nur an der Eingangsseite geöffnet und sonst nur vorgeblendet sind. Im ersten Obergeschoß täuscht eine gemalte Bogenarchitektur mit ionischen Pilastern einen mehrgeschossigen Arkadenhof vor. Im zweiten Stock wird die Pilasteranordnung malerisch wiederholt. Die bemalte bergseitige Blendmauer ist genauso gestaltet. In einer zentralen Grottennische des Erdgeschosses steht eine allegorische Figur von Jesaias Gruber aus dem Jahr 1626 und seitlich davon Statuen desselben Künstlers, die Glaube, Liebe, Gerechtigkeit und Stärke symbolisieren. In einem Fries, der die beiden untersten Geschosse trennt, finden sich die Wappen der Hohenemser Ritter und späteren Grafen. Oberhalb der Grottennische ist die Blendmauer mit einem großen Allianzwappen der Familien Hohenems, Medici, Borromeo, Waldburg-Zeil u. a. geschmückt. Auch die innere Raumaufteilung zeigt italienischen Einfluss. An den Schmalseiten erschließen zwei symmetrisch angeordnete Stiegenhäuser die oberen Geschosse. Über der Loggia des Eingangstraktes liegen Galerien, von denen aus die Repräsentationsräume zugänglich sind. In der seinerzeitigen Schlosskapelle wurde lange Zeit der Reisehut des hl. Karl Borromäus aufbewahrt. Von der ursprünglich sehr prächtigen Ausstattung haben sich nur einige Holzdecken, Truhen, Kästen und Bilder erhalten. Weitere Reste des Mobiliars sowie Tapisserien und Ledertapeten werden im Vorarlberger Landesmuseum aufbewahrt. Bemerkenswert ist die kunstvoll geschnitzte Kassettendecke des Rittersaales. Anstelle des einstigen Parks umgibt heute tosender Autoverkehr den Palast.

Lage: Vorarlberg/Rheintal – inmitten der Stadt Hohenems

Besichtigung: außerhalb von Veranstaltungen ist das Innere des Palastes nur beschränkt zugänglich


Weitere Literatur:


22.12.2002