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Eggenberg


Die Gegenreformation mit ihren Kämpfen zwischen katholischem Hof und protestantischem Adel gehört zu jenen bewegten Zeiten, in denen sich das Schicksal mancher Familie jäh änderte. Während alte, protestantisch gesinnte Geschlechter Macht und Heimat verloren, brachten es kaisertreue Familien zu neuem Adel und großem Reichtum. Ein gutes Beispiel ist der meteorhafte Aufstieg der Eggenberger. Sie waren als Weinhändler in Radkersburg reich geworden und schafften es schließlich, durch Kreditgewährung an Adel und Landesherrn zu Vertrauten des Kaisers zu werden. Die Glanzzeit der Familie begann mit Johann Ulrich von Eggenberg. Er war Freund und Erster Minister Kaiser Ferdinands II und trat sogar für ihn als Brautwerber auf. Er zählte zu den reichsten Männern Mitteleuropas. Nachdem er Statthalter von Innerösterreich geworden und 1623 in den Reichsfürstenstand erhoben worden war, beschloss er, ein seiner neuen Würde entsprechendes Schloss zu schaffen. Schon 1460 hatte ein Eggenberger westlich von Graz den Edelsitz Orthof auf den Algersdorfer Feldern gekauft, der bis zu ihrem Aussterben 1717 Wohnsitz der Familie blieb. In unmittelbarer Nähe sollte ein Repräsentationsbau entstehen, der alles andere in den Schatten stellte, was es bisher im Lande gab. Als Vorbild diente das Aschaffenburger Schloss. Der Überlieferung nach ist auf dem Platz des heutigen Gebäudes bereits 1470 von Balthasar Eggenberger ein mittelalterlicher Vorgängerbau errichtet worden. Johann Ulrich nahm auf die Ausgestaltung seines Grazer Schlosses persönlichen Einfluss und erarbeitete zusammen mit dem innerösterreichischen Hofarchitekten Giovanni Pietro de Pomis ein geistvolles Konzept für den Schlossbau. Bauführer war der Niederländer Laurenz van de Sype. Er leitete 1625 bis 1633 die von italienischen Meistern durchgeführten Bauarbeiten. Nach seinem Tod übernahm Pietro Valnegro die Bauleitung. 1635 war das Gebäude fertiggestellt, die Innenausstattung vollendete aber erst Johann Ulrichs Enkel Johann Seyfried 1685 mit der Ausgestaltung des sog. Planetensaales. 1628 wurde Johann Ulrich zum Herzog von Krumau ernannt. 1632 führte er die Verhandlungen mit Wallenstein, die diesen zur neuerlichen Übernahme des Kommandos über die Reichstruppen bewogen. Als 1673 Kaiser Leopold I in Graz heiratete, nahm in der Nacht vor der Trauung die Braut, Erzherzogin Claudia Felizitas von Tirol, hier Aufenthalt.

Mit dem Tod des erst 13-jährigen Johann Christian II starb 1717 die Familie Eggenberg aus. Seine Schwester Maria Eleonora Anna brachte das Schloss in ihre dritte Ehe mit Johann Leopold Graf von Herberstein ein. Die reichen Kunstsammlungen sowie die barocke Möblierung der Beletage wurden in alle Winde zerstreut. Nach 1754 wurde das nahezu leere Haus einer gründlichen Renovierung und Neuausstattung im Geschmack des Rokoko unterzogen. Lediglich die reich stuckierten und bemalten Decken des 17. Jh. wurden beibehalten. Das barocke Schlosstheater musste dem Einbau einer Kirche weichen. Die erhaltenen Interieurs der drei ostasiatischen Kabinette stammen ausdieser Zeit. Bemerkenswert ist das Japanische Kabinett. Hier wurde ein japanischer stellschirm der Momoyama-Periode zerschnitten und die acht Bildstreifen an den Wänden angebracht. Sie zeigen die Stadt Osaka im 16. Jahrhundert. Erst die Grafen von Herberstein begannen das Schloss wieder ständig zu bewohnen, nachdem es zuvor vorwiegend der Repräsentation gedient hatte. 1765 war Kaiserin Maria Theresia zu Gast in Eggenberg. 1814 wohnte hier zwangsweise, aber dennoch luxuriös, Napoleons Bruder Jérôme, König von Westfalen, unter dem Namen eines Grafen von Harz. In einer zweiten Modernisierungswelle nach der Mitte des 19. Jh. wurden die gräflichen Wohnräume im ersten Stock neu möbliert. Die Fassaden wurden farblich verändert und der französische Garten dem Zeitgeschmack entsprechend in einen englischen Landschaftsgarten umgewandelt. 1939 wurde Schloss Eggenberg vom Land Steiermark erworben und vorerst als Musikhochschule genutzt. Nachdem die schweren Schäden der Kriegs- und Nachkriegszeit behoben waren, gliederte man Eggenberg 1947 dem Landesmuseum Joanneum an. 1953 wurde das Schloss für das breite Publikum geöffnet. Im ersten Stock wurde ein Jagd- und Stadtmuseum eingerichtet, während die Repräsentationsräume im zweiten Stock als Schlossmuseum adaptiert wurden. Derzeit befinden sich im Gebäude die urgeschichtlichen und numismatischen Sammlungen des Landesmuseums sowie die Alte Galerie. Wie schon zur Zeit Johann Ulrichs von Eggenberg dienen die Prunkräume auch heute noch der steirischen Landesregierung für Empfänge und Festakte. Im Planetensaal finden auch häufig Konzerte statt. Um den ursprünglichen Charakter zu erhalten, hat man auch bei der letzten Generalrestaurierung in den 80/90er-Jahren des 20. Jh. in den Prunkräumen auf die Installation einer elektrischen Beleuchtung verzichtet.

Schloss Eggenberg war das erste Barockschloss der Steiermark. Es ist zugleich auch ihr bedeutendstes. Von stolzen Steirern wird es, leicht übertrieben, gerne als „steirische Variante des Escorial“ bezeichnet. Der von einem tiefen Graben umgebene dreigeschossige Vierkanter mit einer Seitenlänge von 80 x 60 m erhebt sich im Westen des ausgedehnten, von einer Mauer umgebenen Parks. Seine stattlichen, mit Zeltdächern und Laternen versehenen Ecktürme verleihen dem Gebäude noch einen Hauch von Wehrhaftigkeit, die aber zur Zeit seiner Errichtung längst nicht mehr benötigt wurde. Eine breite Brücke führt über den trockenen Graben zum Portal. Am Rande des Grabens stehen Sandsteinfiguren von Mars, Minerva, Herakles und Abundantia. Sie wurden 1765 von Philipp Jakob Straub geschaffen. Die Fassade ist nur im Mittelteil stärker gegliedert. In einem Blendfester des Giebels sieht man die drei Raben der Eggenberger. Darunter ist das große Prunkwappen der Familie angebracht, das von der Ordenskette des Goldenen Vlieses umrandet ist, welches Johann Ulrich vom spanischen König verliehen wurde. Über dem marmornen Tor ist schließlich noch der steirische Panther zu sehen. Das auf den ersten Blick als einheitlicher Baukörper des frühen 17. Jh. erscheinende Gebäude ist in Wahrheit sehr geschickt um einen mittelalterlichen Kern errichtet, dessen nicht unbeträchtliche Reste erst in den 80er-Jahren des 20. Jh. rekonstruiert werden konnten. So wurde der ursprünglich freistehende gotische Wehrturm aufgestockt und zum Mittelturm der barocken Anlage umfunktioniert. Er dient als Uhrturm und überragt mit seinem geschwungenen Helm die übrigen Bauten. Die in seinem Obergeschoß noch vorhandene gotische Marienkapelle von 1470 bildete bis zur Errichtung der heutigen Schlosskirche das räumliche und geistige Zentrum des Schlosses. Der kleine quadratische Raum weist ein Sternrippengewölbe auf. Berühmt ist der 1470 von Balthasar von Eggenberg gestiftete sog. Eggenberger Altar, ein Flügelaltar mit 13 Bildtafeln. Die Schlossanlage wurde 1755 bis 1758 durch Josef Hueber in drei Höfe geteilt, indem er einen Mitteltrakt mit der neu errichteten Schlosskirche einzog. Den vorderen, größeren Hof schmücken an drei Seiten die Halbsäulen stattlicher dreigeschossiger Arkadengänge. Sie werden Carlo Gianolo zugeschrieben. Die beiden kleineren Höfe flankieren die heutige Schlosskirche. Sie ist der "Maria Schnee" geweiht, wie das Hochaltarbild - die Kopie einer byzantinischen Ikone aus der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom - zeigt. Eine Empore verbindet den Kirchenraum mit den Prunkräumen im zweiten Stock. Wände und Decke waren ursprünglich freskiert. Über dem Altaraufbau von Philipp Jakob Straub haben sich noch Reste der Ausmalung erhalten. Eggenberg ist vor allem wegen seiner reichen Innendekoration bekannt. Die Stuckdecken der Beletage, die sich eher ungewöhnlich, im zweiten Stock befindet, wurden in den Jahren 1666 bis 1683 durch Alessandro Serenio geschaffen. Künstlerischer Höhepunkt des Hauses ist der zentrale Festsaal des Schlosses, der sog. Planetensaal, dessen gewaltiges Spiegelgewölbe vom fürstlich-eggenbergischen Hofmaler Hans Adam Weißenkirchner mit 17 großen Ölbildern versehen wurde. Die Möbel, bzw. die Tapeten und Öfen der Innenräume gehen wegen der beiden Neuausstattungen meist nicht weiter als bis zur Mitte des 18. Jh. zurück. In fünf Räumen gibt es bemalte Wandbespannungen, die Jagdszenen, Comedia-dell’Arte Szenen und verschiedene Spiele zeigen. Johann Baptist Raunacher malte sie zum Teil nach Kupferstichvorlagen J. E. Nildons.

Interessant ist das kosmisch-astrologische Konzept, das der Architektur und der Innendekoration zu Grunde liegt. So sind im Bau sämtliche Werte der Zeitrechnung von der Minute bis zu den Jahreszeiten ablesbar. Das Schloss hat 365 Fenster, was den Tagen eines Jahres entspricht. Die vier Ecktürme verweisen auf die vier Jahreszeiten. Jedes Stockwerk hat 31 Räume, ein Hinweis auf die Tage der längsten Monate. Die 24 Prunkräume (zwölf auf jeder Seite der Symmetrieachse) stellen die 24 Stunden des Tages dar. Sie besitzen zusammen 52 Fenster für die Wochen des Jahres. Zählt man die acht Fenster des Planetensaales hinzu, erhält man die 60 Minuten, die eine Stunde ergeben. Im Festsaal finden sich auch die Symbole für die sieben Wochentage und die zwölf Monate. Die Parkmauer hatte einst 12 Tore. In den Prunkräumen der Beletage befinden sich rund 600 Deckengemälde, die die Geschichte und das Erscheinungsbild der Welt zeigen. Ihr ausgeklügeltes Programm, das immer wieder auf die Familie Eggenberg ausgerichtet ist, kann heute nicht mehr ganz nachvollzogen werden. Ganz durchschaut dürfte es wahrscheinlich nur vom Auftraggeber und seinem Maler worden sein. In den von schwerem Stuck umrahmten Malereien des Planetensaales vereinen sich Planeten, Elemente und Sternbilder zur barocken Apotheose des Schlossherrn. So kommt im Mittelbild der Decke Helios auf seinem Sonnenwagen die fürstliche Burg Eggenberg besuchen. Von dort fliegt ein Adler auf, der Sonne entgegen. Er galt als einziges Wesen, dessen Augen dem Glanz der Sonne widerstehen konnten. Natürlich war mit dem Adler Fürst Johann Seyfried und mit dem Sonnengott Kaiser Leopold I gemeint. In den Ecken des Saales finden sich weitere Allegorien der Elemente und Planeten, die Porträtköpfe der Eggenberger tragen.

Schloss Eggenberg ist von einem weitläufigen Park umgeben. Johann Hieronymus Graf Herberstein und seine Gattin Marie Henriette ließen den formalen Barockgarten des 18. Jahrhunderts in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in einen englischen Landschaftsgarten umwandeln.

Lage: Steiermark/Graz – im gleichnamigen Stadtbezirk von Graz (Eggenberger Allee 90, 8020 Graz)

Besichtigung: Der Park ist im Sommer von 08.00 bis 19.00 und im Winter von 08.00 bis 17.00 geöffnet Die Prunkräume können zwischen Palmsonntag und Ende Oktober von Dienstag bis Sonntag im Rahmen von Führungen (10, 11, 12, 14, 15, 16) besichtigt werden.

Homepage: www.museum-joanneum.at


Weitere Literatur:


20.12.2002