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Schrattenberg (Murtal)


Das einstige Prachtschloss Schrattenberg war 1144, als es erstmals erwähnt wurde, ein turmartiger Hof, der einer Familie als freies Eigen gehörte, die sich nach dem kleinen Wehrbau Schrettenperg nannte. Erster bekannter Eigentümer war Rantolf von Schrattenberg. Er scheint 1162 urkundlich auf. Seine Familie dürfte gegen Ende des 12. Jahrhunderts ausgestorben sein. Der Hof kam an die mit den Schrattenbergern verwandten Liechtensteiner. Diese hatten aber bessere Burgen und wohnten nicht hier. Sie setzten Burggrafen aus der Familie Teufenbach ein, die sich bald ebenfalls nach Schrattenberg nannten. So war der 1285 genannte „Otto der Schrettenberger“ ein Teufenbacher. Im 14. Jahrhundert wechselten die Besitzer häufig, bis Schrattenberg gegen Ende des Jahrhunderts von der Familie Grym an das Stift St. Lambrecht verkauft wurde. Es bestand damals aus einem hausartigen Turm und einem anschließenden Wohnbau. Das Stift behielt den Wehrbau bis 1451 und verkaufte ihn dann an Ernst Pranckher. Im 16. Jahrhundert saß hier die Familie Zwickl. 1610 veräußerte die Witwe von Bartlmä Zwickl das bereits schwer verschuldete Gut an Wolf Freiherrn von Eggenberg. Der größte Teil der Herrschaft wurde aber bald von der steirischen Landschaft wegen hoher Steuerschulden gepfändet. 1623 erwarb Hans Sigmund Jöstl zu Lind den Besitz, nachdem er ihn drei Jahre zuvor bereits gepachtet hatte. Er war jedoch Protestant und musste im Zuge der Gegenreformation die Steiermark verlassen. Zuvor verkaufte er Schrattenberg 1628 an Karl Jocher zu Höch.

1680 gelangte das Gut unter Zwangsverwaltung und wurde dann vom Freiherrn Viktor Jakob von Prandegg gemeinsam mit der Herrschaft Velden bei Neumarkt erworben. Die Familie war durch den Handel mit Eisen reichgeworden. Viktor Jakob wollte diesen Reichtum auch zeigen. Er ließ bis 1685 ohne Rücksicht auf die hohen Kosten ein neues prachtvolles Schloss errichten. Es war der bedeutendste profane Barockbau des oberen Murtales. Der mittelalterliche Wehrbau wurde zuvor abgerissen. Allerdings musste der Bauherr für den Neubau beträchtliche Schulden in Kauf nehmen, die 1695 seine Töchter und Erben Eva Rosina Gräfin Steinpeiss und Maria Viktoria Freiin Unverzagt zwangen, das Schloss an Ferdinand Fürst Schwarzenberg zu verkaufen. Die Glanzzeit von Schrattenberg lag im 18. Jahrhundert, als es mit bedeutenden Kunstschätzen ausgestattet und zum Ort aufwändiger Feste wurde. Als Gäste weilten hier u. a. Kaiser Joseph II (1782), Prinz Karl von Lothringen (1765) und General Napoleon Bonaparte (1797). 1799 musste der an der Seite Österreichs kämpfende russische Feldmarschall Alexander Wassiljewitsch Suworow mit 1400 Mann seiner Truppen im Schloss und seinen Nebengebäuden untergebracht und verköstigt werden. Er hatte hier kurzzeitig sein Hauptquartier eingerichtet. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges dienten Teile de Schlosses als Lazarett. 1915 wurde das barocke Gebäude mit all seinen Kunstschätzen durch einen bei Sanierungsarbeiten ausgebrochenen Großbrand völlig zerstört. Die schlechte wirtschaftliche Lage im Weltkrieg verhinderte einen Wiederaufbau. Die ausgedehnte Brandruine befindet sich seither in einem Dornröschenschlaf und ist bereits weitgehend von der Vegetation überwuchert. Sie befindet sich nach wie vor im Besitz der Familie Schwarzenberg.

Das von Wirtschaftsbauten umgebene Schloss Schrattenberg liegt auf einem fast ebenen Areal oberhalb des Steilabbruchs zum Murtal, etwas außerhalb von St. Lorenzen. Es war ein regelmäßiger, langgestreckter Vierflügelbau im Stil des Frühbarocks um einen Innenhof. Seine Ecken waren durch vorspringende Türme verstärkt, wobei der Turm an der Nordostecke höher und stärker war als die anderen. Möglicherweise ist in ihm zum Teil noch der alte Bergfried erhalten. Das rustizierte Schlosstor an der Südseite war von einem Torturm geschützt, der wie die anderen Türme ebenfalls eine Zwiebelhaube trug. Das unmittelbare Schlossgelände ist noch heute von einer hohen Begrenzungsmauer umgeben. An ihren vier Ecken stehen relativ gut erhaltene Gartenpavillons mit barocken Helmen. Sie sprangen in den Graben vor, der sich um die ganze Anlage zog. Merkwürdigerweise sind Wehrmauer und Graben auf dem Vischer-Stich nicht zu sehen. Man kann daher annehmen, dass beide erst nach der Anfertigung des Stiches errichtet wurden. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, als das Schloss errichtet wurde, benötigte man aus Sicherheitsgründen längst keine Wehreinrichtungen mehr. Aus Repräsentationsgründen verzichtete man aber dennoch nicht darauf. Der Innenhof war von Arkaden, die von toskanischen Säulen gestützt wurden, umgeben. Die Innenräume waren mit Fresken und Gemälden sowie mit goldgeprägten Ledertapeten geschmückt. Die Kapelle und der Festsaal waren ähnlich prunkvoll ausgestattet, wie die Säle des Eggenberger Schlosses in Graz. Der 19 m lange und 9 m breite Festsaal im Westflügel nahm zwei Stockwerke ein. Seine Decke zeigte Fresken mit Motiven der römischen Götterwelt. Sie waren von schwerem barockem Stuck umgeben. Heute sind alle Dächer und die meisten Decken eingestürzt.

Lage: ca. 4 km westlich von Scheifling

Besichtigung: jederzeit möglich


Weitere Literatur:


11.06.2013