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Weikendorf - Pfarrschloss


Einer - allerdings gefälschten - Urkunde zufolge, soll 1074 der Babenberger-Markgraf Ernst der Tapfere sein freieigenes Gut Wikkendorf dem Kloster Melk übergeben haben. 1113 bestätigte Markgraf Leopold III die Schenkung der Pfarre und des Gutes Weikendorf. Außerdem schenkte er dem Stift Melk zwei Drittel des Pfarrzehents. Bereits zwei Jahre später weihte Bischof Ulrich von Passau die neuerbaute Kirche. Im späten Mittelalter verschlechterte sich die Sicherheitslage im äußersten Osten des Landes dramatisch. Ungarn, Hussiten und marodierende Söldner richteten große Schäden an. Kaiser Friedrich III verlangte daher 1441 eine Befestigung von Kirche und Pfarrhof. Beide Gebäude bildeten nun eine Wehreinheit. Sie wurden mit Bastionen und einem Wassergraben umgeben. Die notwendigen Mittel wurden vom Kaiser zur Verfügung gestellt. Die Pfarrkirche hatte sich schon zuvor in eine Wehrkirche verwandelt. 1473 waren die Ausbauten vollendet. Die heute noch vorhandenen Wirtschaftsgebäude stammen aus der Zeit vor 1698. 1716 beauftragte der Melker Abt Berthold von Dietmayr den bekannten Baumeister Jakob Prandtauer mit dem Neubau eines an die Kirche angebauten Schlosses, das den Pfarrhof ersetzte. Nach fünfjähriger Bauzeit war es fertig. Man nimmt jedoch an, dass es bereits einen mittelalterlichen Vorgängerbau gegeben hat. Ob hier aber jemals eine Adelsfamilie gelebt hat, ist fraglich. Die alte Kirche war 1683 in den Kämpfen gegen Tököly durch die eigenen kaiserlichen Truppen in Brand gesetzt worden. 1689 wurde sie erneuert, der Turm war aber erst 1700 vollendet. Ihr barockes Aussehen bekam sie beim neuerlichen Umbau von 1702, der sich bis 1709 hinzog. Daran war bereits Jakob Prandtauer beteiligt. Das für einen Pfarrhof überdimensionierte Pfarrschloss diente vorwiegend als Wohnung und Gästehaus für die zahlreichen Priester, die die Großpfarre betreuten. Heute ist hier das Pfarramt untergebracht. Daneben erfüllt es verschiedene seelsorgliche und soziale Aufgaben. Zwischen 1978 und 2001 wurde das Ensemble, das aus Kirche, Pfarrschloss und Nebengebäuden besteht, vorbildlich restauriert. Es gehört nach wie vor dem Stift Melk.

Schloss und Kirche liegen im Westen des Ortes. Sie sind von einem Wall und einem ca. vier Meter tiefen Ringgraben umgeben. Dieser war einst wasserführend. Eine aus Ziegeln errichtete Wehrmauer gab zusätzlichen Schutz. Sie ist nur teilweise erhalten. Die ehemaligen Bastionen sind weitgehend verschwunden, ihre einstige Lage ist aber noch erkennbar. Außerhalb des Schlossareals stehen einzelne Wirtschaftsgebäude, wie ein barocker Meierhof und ein Schüttkasten. Sie sind der Rest eines einst weitläufigen Wirtschaftshofes. Das Pfarrschloss ist ein zweigeschossiger quadratischer Vierkanter. Seine Fassaden weisen jeweils neun Fensterachsen auf. Mit dem letzten Joch des Langhauses ragt die Kirche in die Nordostecke des Schlosses hinein. Der einfache Fassadenschmuck besteht aus aufgeputzten Eckquadern, einem Kordongesims und Putzfaschen an den Fenstern. Der Hauptzugang liegt an der Südseite. Hier führt eine gemauerte Brücke über den Ringgraben zum profilierten Rundbogenportal. Über seinem Keilstein ist ein Wappen des Stiftes Melk angebracht. Ein kleineres rechteckiges Tor befindet sich unmittelbar neben der Kirche an der Ostseite. Der quadratische Innenhof wird im Erdgeschoß allseitig von Pfeilerarkaden mit Platzlgewölben begrenzt. In der Hofmitte befindet sich ein ehemaliger Brunnen. Die schlichten Innenräume des Erdgeschosses zeigen einfache Gewölbe mit Stichkappen. Der südwestliche Eckraum wird als Sala terrena bezeichnet. Er ist mit Fresken, die Putten und eine Scheinarchitektur zeigen, geschmückt. Die Malereien stammen aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts.

Lage: ca. 4 km östlich von Gänserndorf

Ort/Adresse: 2253 Weikendorf

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


02.06.2013