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Röthelstein (Rothenstein)


Die Burg Röthelstein ist relativ alt. Ob der Burghügel wegen seiner strategischen Lage aber bereits von den Kelten und Römern militärisch genutzt wurde, ist möglich, aber nicht gesichert, da keine entsprechenden Bodenfunde gemacht wurden. Im 11. Jahrhundert verlief wenige Kilometer östlich von Hainburg die Grenze zum feindlichen Ungarn. Dessen Hauptstützpunkt war Pressburg, das in Sichtweite von Hainburg liegt. So wie das gegenüberliegende Theben ein Vorposten des ungarischen Pressburgs war, diente Röthelstein als vorgeschobener Wehrbau des österreichischen Hainburgs. Kaiser Heinrich III hatte großes Interesse daran, dieses umkämpfte und menschenleere Gebiet mit ergebenen Vasallen zu sichern. Dazu gehörten in erster Linie die Vohburger und die Sonnberger. In den Jahren 1170 bis 1209 werden mehrere Mitglieder einer Familie urkundlich genannt, die sich nach Röthelstein nannte. Das Bestehen einer Wehranlage kann daher vorausgesetzt werden. Als Bauherr wird Irnfried von Heimenburg vermutet, der sich ab 1170 Irnfridus de Roetilnstein nannte. Der Baubeginn dürfte um 1160 gelegen sein. Die erste urkundliche Erwähnung fand 1180 statt. Die Röthelsteiner waren Ministeriale der Vohburger, die in dieser Gegend große Besitzungen hatten. Sie waren im Abschnitt zwischen Hainburg und Wolfsthal mit der Rodung der Auwälder und der Ansiedlung von Bauern beauftragt. Die Röthelsteiner dürften nicht allzu bedeutend gewesen sein. Sie scheinen zwar bis 1248 urkundlich mehrfach auf, doch immer nur als Zeugen von Rechtshandlungen anderer Adeligen. Wirtschaftlich dürften sie aber nicht schlecht gestellt gewesen sein, da sie neben ihrer Burg auch einen Stadthof, den Götzenhof, in Hainburg besaßen. Wie ein großer Teil des niederösterreichischen Adels zählten sie zumindest anfangs zu den Unterstützern des Königs Ottokar II, der in Hainburg die Schwester des letzten Babenbergers, Friedrich II, geheiratet hatte. Auf die Röthelsteiner folgten um 1272 als Burgherren die Stuchse von Trautmannsdorf, die sich ebenfalls bald nach Röthelstein nannten. Als erster Burgherr aus dieser Familie wird Ulrich Stuchs von Röthelstein genannt. Möglicherweise war er mit den Röthelsteinern verwandt und konnte sie beerben.

Um 1280 gelangte die Burg in den Besitz der Herren von Haslau. Otto II von Haslau folgte seinem Vater als Stadthauptmann von Bruck/Leitha und nannte sich um 1285 ebenfalls nach der Burg, doch hatte er mit der alten Familie nichts mehr zu tun. Unter den Haslauern wurde die Feste wesentlich ausgebaut und die Wehreinrichtungen verstärkt, obwohl sie kaum hier wohnten und die Burg von Rittern aus ihrer Gefolgschaft verwalten ließen. Die Witwe Ottos III von Haslau heiratete Wolfger von Dachsberg und brachte Röthelstein in die Ehe ein. Die Herren von Dachsberg stammten aus Oberösterreich, wo sie große Besitzungen hatten. Nach dem Sturz der Kuenringer von Weitra, die sich an einer Adelsverschwörung beteiligt hatten, erwarben sie einen beträchtlichen Teil deren Besitzes. So übernahmen sie 1302 die bedeutende Burg Rapottenstein. 1318 befand sich Röthelstein im Besitz des Ulrich von Dachsberg, der es damals an den Landesfürsten verkaufte. Von nun an wurde die Herrschaft als kaiserliches Lehen vergeben. 1411 wurde Wilhelm von Enzersdorf durch Herzog Albrecht V mit der Herrschaft belehnt. Er lag häufig mit der benachbarten Stadt Hainburg um Jagd- und Fischereirechte in Streit. Einer der nächsten Burgherren war Leopold von Eckartsau. Er gehörte 1442 zu den Räten, die in Abwesenheit König Friedrichs IV (des späteren Kaisers Friedrich III) mit der Regierung des Landes betraut waren. Es waren unruhige Zeiten, als die Böhmen und Ungarn mehrfach in Österreich einfielen und die im Osten gelegenen Herrschaften schwer verwüsteten. Friedrich III schenkte um 1451 der Stadt Hainburg, die durch die Ungarn besonders stark getroffen worden war, die Güter der Herrschaft Röthelstein, behielt aber die Burg. Die Gegend um Hainburg hatte aber nicht nur unter den Feinden aus dem Osten, sondern auch unter ehemaligen Söldnertruppen, die sich zu gut organisierten Räuberbanden entwickelt hatten, zu leiden. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts terrorisierte der ehemalige Söldnerführer und nunmehr berüchtigte slowakische Raubritter Ludvenko von Ruckenau, der hier und in Markthof einen Tabor angelegt hatte, von Röthelstein aus die Gegend um die Marchmündung. Er und seine Spießgesellen blockierten den Schiffsverkehr auf der Donau und erpressten Lösegelder im großen Stil. 1458 konnte Herzog Albrecht VI die Bande zerschlagen. Über 500 Räuber wurden gefangen und in Wien hingerichtet. Ludvenko konnte nach Ungarn entkommen.

Röthelstein muss damals eine respektable Anlage gewesen sein, da für 1459 ein Besuch Kaiser Friedrichs III bezeugt ist und er in unmittelbarer Umgebung mehrere Burgen zur Auswahl gehabt hätte. Friedrich verpfändete die Herrschaft an relativ rasch wechselnde Gefolgsleute. So saß hier 1464 der Ritter Ulrich von Rehlingen, der die Besitzrechte aber noch im gleichen Jahr an Wilhelm von Missingdorf verkaufte. Um seine Interessen zu schützen, unterstützte dieser mehrmals den ungarischen König Matthias Corvinus, dessen Truppen in Ostösterreich große Schäden anrichteten. Röthelstein wurde dadurch zeitweise ungarisch und erlitt unter den wechselnden Angreifern schwere Schäden. Im 15. Jahrhundert wurde es mehrfach verpfändet, so noch vor 1479 an Erhart Falkensteiner aus Langmannersdorf. Die Burg hatte ihre Bedeutung aber bereits verloren und war zur Ruine geworden. Die eingesetzten Pfleger lebten aus Sicherheits- und Bequemlichkeitsgründen nicht mehr auf der Burg. 1479 gelangte Röthelstein an die Grafen von St. Georgen und Bösing, die im heutigen slowakischen Ort Pezinok lebten und im Grenzgebiet reich begütert waren. Für sie war der Besitz von Röthelstein sehr interessant, da sie seit 1459 bereits die gegenüber liegende Herrschaft Theben (Devin) besaßen und damit auch die wichtige Überfuhr über die Donau in ihre Hände bekamen. Sie sicherten so ihre Weintransporte ohne die Stadt Pressburg mit ihren Mautstellen passieren zu müssen. Die Burg Röthelstein war aber ohne Wert für sie und wurde weiterhin dem Verfall überlassen. Die Grafen konnten sowohl unter Matthias Corvinus als auch unter König Maximilian ihr Lehen behalten. 1511 schenkte der oberste Hofrichter von Ungarn, Graf Peter von St. Georgen und Bösing die zerfallende Feste der Stadtgemeinde Hainburg, die aber ebenfalls an ihr kein Interesse hatte. 1693 verkaufte sie die Quadersteine der Burgmauern einem Pressburger Baumeister, der sie als wertvolles Baumaterial zum Ausbau der Burg Pressburg verwendete. 1694 protestierte der ungarische Dreißigst-Oberinspektor Elias Keseler vergeblich gegen den endgültigen Abbruch der Burg. Die Ruine wurde weiterhin als Steinbruch benutzt. Später gelangte sie in Privatbesitz, wurde aber zuletzt wieder von der Stadt Hainburg übernommen. Durch die zwischen 1882 und 1911 durchgeführte Donauregulierung liegt sie nun nicht mehr direkt an der Donau, sondern an einem Nebenarm. Das bald vom Auwald überwucherte Röthelstein geriet weitgehend in Vergessenheit. Doch 2005 beteiligten sich der Nationalpark Donau-Auen, die Stadtgemeinde Hainburg, die Arbeitsgruppe Schlossberg sowie das Land Niederösterreich und das Bundesdenkmalamt an einem Projekt, die Ruine soweit wie möglich freizulegen und die noch vorhandenen Mauerteile zu sanieren. Röthelstein wurde dadurch wesentlich sichtbarer gemacht. Mit der Ruine sind zahlreiche Sagen verbunden. Sogar die Tempelritter wurden verdächtigt, die Burg besessen zu haben.

Die einstige Burg lag auf drei vorspringenden Felsnasen am nördlichen Ausläufer des Braunsberges, etwa 30 m über der Donau. Der Felsen, auf dem der Wehrbau errichtet wurde, fällt an drei Seiten nahezu senkrecht zum Fluss ab. Die vierte Seite wurde durch eine romanische Ringmauer, eine gotische Mantelmauer und einen tiefen künstlichen Graben gesichert. Seine Lage ist im Gelände noch deutlich zu erkennen. Der Bauplatz der Burg war strategisch sehr gut gewählt, da man von hier aus den Verkehr auf der Donau weithin überwachen konnte. Außerdem konnte die gegenüberliegende ungarische Burg Theben im Auge behalten werden. Der Name Röthelstein könnte auf den rosafarbenen Quarzit zurückzuführen sein, der sowohl am Hundsheimerberg als auch am Braunsberg vorkommt und für den Bau der Wehranlagen verwendet wurde. Wie häufig üblich, ist auch die Burg Röthelstein in mehreren Bauabschnitten entstanden. Ältester Teil ist die Ringmauer, die den ersten Wehrbau bergwärts schützte. Sie stammt aus den Jahren zwischen 1150 und 1220. Die äußere Mauerschale bestand aus sorgfältig behauenen Quadern, die vermutlich zum Teil aus dem von den Römern verlassenen Bauten von Carnuntum hierher transportiert und wiederverwendet wurden. Anderseits waren sie wegen ihrer Qualität ein hervorragendes Baumaterial für die Bewohner der Umgebung, als Röthelstein schließlich dem Verfall überlassen worden war. Der Großteil dieser Steine ist daher heute nicht mehr vorhanden. Um den Mauern mehr Halt zu geben, wurden sie durch sieben Stützpfeiler verstärkt. Bemerkenswert ist die Festigkeit des Mörtels, die auf den aus Flusskieseln gewonnenen Kalk zurückzuführen ist, der einen besonders hohen Anteil an Silikaten, Magnesium und Dolomit aufweist. Auf das hohe Alter der Ringmauer weist auch die erstklassige Mauertechnik hin. Die Füllmauer zwischen den beiden Schalen wurde zum Teil in Fischgrätform, also als „opus spicatum“ in regelmäßigen Lagen aufgebaut. Nach Westen zu waren keine besonderen Schutzbauten erforderlich, da hier das Gelände nahezu senkrecht zur Donau hin abfiel.

Wie die Kernburg innerhalb der Ringmauer aussah, ist heute nicht mehr nachvollziehbar, da sich nur noch kümmerliche Mauerreste erhalten haben. Man vermutet, dass es sich bei dem kurzen Mauerstück am höchsten Punkt der Anlage um die Ruine des einstigen romanischen Palas handelt, doch ist dies nicht gesichert. Der einzige Bauteil, der leicht zugeordnet werden kann, ist der einst fünfgeschossige Bergfried. Er stand knapp außerhalb der Ringmauer und war an diese angebaut. Dieser frühgotische Turm dürfte zwischen 1260 und 1310 errichtet worden sein. Auf einer Zeichnung aus dem Jahr 1840 ist ein Zinnenkranz erkennbar, der offensichtlich eine Wehrplattform begrenzte. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts dürfte das Burggelände nach Norden hin durch eine Vorburg erweitert worden sein. Im 14. Jahrhundert erfolgte der Bau einer bis zu 2,5 m starken Mantelmauer, die in ihrem südlichen Teil noch relativ gut erhalten ist Ursprünglich dürfte sie den gesamten Burgfelsen bergwärts geschützt haben. Ihr war in dem am meisten gefährdeten Bereich unterhalb des Braunsberges ein tiefer Halsgraben vorgelegt. Er ist noch recht gut erhalten. Möglicherweise befand sich hier auch der Zugang zur Burg, der über eine Zugbrücke zum Tor führte. Davor lag die kleine Burgsiedlung Röthelstein, die wohl mit der Burg durch eine Mauer verbunden war und mit ihr eine Wehreinheit bildete. Sie ist heute restlos verschwunden.

Lage: Niederösterreich/Donau - ca. 2 km stromabwärts von Hainburg

Besichtigung: ganzjährig frei zugänglich


Weitere Literatur:


14.04.2013