Walpersdorf wird erstmals um 1120 in einer Urkunde des Stiftes Melk genannt. Die Walpersdorfer, die seit 1145 immer wieder aufscheinen, dürften aus Bayern gekommen sein, wo es mehrere Orte namens Walpersdorf gibt. Sie waren Lehensleute der Kuenringer und dann der Liechtenstein. Von 1319 bis 1334 wird ein Ritter Konrad von Walpersdorf erwähnt. Die folgenden Besitzer, die Grafen von Schaunberg verkauften 1382 die Herrschaft an Graf Hermann II von Cilli. 1477 veräußerte Bernhard von Zistersdorf Walpersdorf an den Ritter Wolfgang Ludmanstorfer. Als Erbauer des heutigen Schlosses gilt Freiherr Hans Ulrich von Ludmanstorf, der 1571 starb. Es handelte sich dabei aber nur um jene Gebäude, die den „Roten Hof“ umgeben. Seine Witwe heiratete einen Knecht des Gutes, worauf ihr die lieben Verwandten das Verfügungsrecht über ihren Besitz entzogen und den Knecht acht Jahre lang im Kerker schmachten ließen. Helmhard VIII Freiherr von Jörger war einer der reichsten Adeligen des 16. Jahrhunderts in Niederösterreich. Er war Präsident der niederösterreichischen Hofkammer, Oberster Erblandhofmeister in Oberösterreich und zugleich Führer der protestantischen Landstände. Bei seinen Untertanen war er weniger beliebt, da er die Bauern auspresste, um seine Unternehmungen finanzieren zu können. Nachdem er bereits zahlreiche Besitzungen in Ober- und Niederösterreich erworben hatte, kaufte er 1576 auch die Herrschaft Walpersdorf. Er ließ das vorhandene Schlossgebäude wesentlich vergrößern und durch die beiden „Jörgertürme“ an der Hauptfront bereichern. Auch die Erneuerung des Wassergrabens und die Errichtung des „Prangerhofes“ mit den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden gehen auf ihn zurück. Letztere wurden durch vier starke Tore und einen Turm geschützt. Nach dem Erwerb der Blutgerichtsbarkeit richtete Helmhard hier das Landgericht Walpersdorf ein. In einem prunkvollen Begräbnis, das soviel wie eine kleine Herrschaft gekostet haben soll, ließ er sich 1594 in der von ihm erbauten Schlosskirche bestatten. Helmhard der Jüngere, Freiherr von Jörger, vollendete 1619 den Schlossbau. Als Führer radikaler Protestanten verweigerte er seinem Kaiser Ferdinand II die Huldigung, worauf er seine Besitzungen verlor und von 1621 bis 1625 gefangengesetzt wurde. Walpersdorf kam an Eleonora Gonzaga, die Gattin Kaiser Ferdinands II. Als Witwe verbrachte sie hier ab 1637 gerne die Sommermonate. An diese Zeit erinnern die Doppeladler mit dem „L“ auf der Brust an den beiden Türmen der Hauptfront.
Während des Dreißigjährigen Krieges wurde Walpersdorf durch kaiserliche Truppen geplündert. Nach dem Tod der Kaiserin Eleonora erhielten die Jörger 1656 die Hälfte ihres Besitzes, darunter auch Walpersdorf, zurück. Ein Jahr später gelangte das Schloss durch Heirat an Georg Ludwig Graf Sinzendorf. Er war 1653 zum Katholizismus konvertiert und kurz darauf zum Hofkammerpräsidenten ernannt worden. Unter ihm erhielt die Herrschaft mit 1500 Untertanen ihre größte Ausdehnung. Er erweiterte den Südteil und richtete im 1669 bis 1671 erbauten „Rittersaal“ eine Seidenfabrik ein, die er allerdings 1677 verpachten musste und die das Türkenjahr von 1683 nicht überlebte. Dieser Saalbau war das erste planmäßig errichtete Fabriksgebäude Österreichs. Als Graf Sinzendorf 1680 wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder und Falschmünzerei aller Ämter enthoben wurde und kurz danach starb, verjubelte seine Witwe, Elisabeth Dorothea, geb. Herzogin von Holstein, das Familienvermögen und die dazugehörigen Güter mit dem jungen Grafen Johann Boussy-Rabutin, den sie bereits zehn Wochen nach dem Tod ihres Mannes geheiratet hatte. 1689 musste sie Walpersdorf an Ludwig Graf Colloredo-Wallsee verkaufen. Dieser schenkte die Herrschaft seiner Tochter, Fürstin Maria Antonia Josefa Montecuccoli. Nach ihrem Tod gelangte das Erbe 1738 an Camillo Graf Colloredo-Wallsee. Von 1859 bis 1956 gehörte das Schloss der Familie Falkenhayn. Marie Gräfin Falkenhayn vermachte schließlich Walpersdorf zusammen mit anderen Gütern dem vor allem in Afrika tätigen Orden der Missionsschwestern vom hl. Petrus Claver, dessen Generaloberin sie gewesen war. Wie viele Schlösser Niederösterreichs wurde auch Walpersdorf 1945 völlig devastiert und musste in den Jahren danach mühsam wiederhergestellt werden. Es gehört nach wie vor dem Missionsorden, der es zuletzt als Exerzitienhaus und Urlaubsheim verwendet hatte. Da nur mehr ganz wenige Schwestern in Walpersdorf leben, bemüht man sich derzeit (November 2008) das Schloss zu verkaufen. Der „Rittersaal“ dient der Gemeinde als Veranstaltungsort.
Walpersdorf ist das schönste Schloss des Traisentales und eines der interessantesten Schlösser Niederösterreichs. Es ist ein typisches Beispiel für die Entwicklung eines großen Herrschaftssitzes zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert. Ältester Teil des Schlosses ist der von einem quadratischen sechsgeschossigen Turm überragte „Rote Hof“, dessen vier dreigeschossige Gebäudetrakte heute den Ordensschwestern als Kloster dienen. Die Eingangsfront des „Roten Hofes“ ist zugleich ein Teil der Umrahmung des vorgelagerten großen Ehrenhofes. Ins Auge fallen die beiden wuchtigen Ecktürme. Sie sind quadratisch, weisen fünf Geschosse auf und sind mit Pyramidendächer gedeckt. Der rechte Turm ist mit einer Uhr ausgestattet. Die beiden Seitenflügel sind nur zweigeschossig. Die Südseite des Hofes wird von einem großen Saalbau eingenommen. Seine mit Sprenggiebel versehenen, an die Renaissance erinnernden, Doppelfenster tragen Büsten römisch-deutscher Kaiser. Darüber schmücken groteske Steinfratzen die Dachtraufe. Dahinter befindet sich ein tonnengewölbter Saal, der die einstige Seidenstrumpffabrik beherbergte. Im Erdgeschoß liegen Wagenremisen und Magazine. Die Pfeiler dazwischen gehen wohl auf einen ehemaligen Arkadengang zurück. An der gegenüberliegenden Seite des Hofes erstreckt sich die aus dem 16. Jh. stammende, aber von Graf Sinzendorf 1663 erweiterte Schlosskirche mit der hofseitig angebauten Loreto-Kapelle. Hier befindet sich die Gruft der Familien Colloredo und Montecuccoli. Die beiden Grabkammern mit ihren mit Obelisken, Urnen und Wappen geschmückten Prunkportalen sind fast gleich. In einer ruht Leopold Philipp Graf Montecuccoli (gest. 1698), in der anderen Camillo Graf Colloredo-Wallsee (gest. 1797). Die dem Ort zugewandte Ostseite des Hofes wird nur von einer einfachen Mauer begrenzt. Der Zugang zum Hof erfolgt über eine Steinbrücke, die über dem trockenen Graben zum Mittelportal führt. Der Torbau an der Nordseite war einst über eine Zugbrücke zu erreichen. Er verbindet den Ehrenhof mit dem außerhalb des eigentlichen Schlosses liegenden „Prangerhof“, dem wirtschaftlichen Zentrum der Herrschaft. Die hier liegenden Bauten, wie Meierhof und Stallungen dienen noch heute ihrem ursprünglichen Zweck. Hinter dem "Roten Hof" befindet sich ein ummauerter Garten. Bemerkenswert ist die abseits vom Schloss an der Kremser Straße liegende Fasanerie aus dem 17. Jh. Es ist eine große, von Mauern umgebene rechteckige Fläche, auf der heute Obstbäume wachsen. In den vier erhaltenen fünfeckigen Mauertürmen wurden einst die Vögel gezüchtet. Später dienten sie als Arbeiterwohnungen, heute sind sie als geschätzte Sommerwohnungen vermietet. Sie fallen vor allem durch die eigenartigen venezianischen Kaminaufbauten auf. Diese Fasanerie wird in der Literatur vielfach fälschlich als Turnierhof bezeichnet.
Lage: Niederösterreich/Traisental – ca. 3 km nordwestlich von Herzogenburg
Besichtigung: nur von außen möglich, lediglich die Kapelle ist zugänglich
Weitere Literatur:
17.12.2002