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Neusiedl - Tabor


Oberhalb von Neusiedl liegt am nordwestlichen Geländeabbruch des Wagrams ein Turm, bei dem sich die Forschung bis heute nicht einig ist, welchem Zweck er gedient hatte. Die Bezeichnung Tabor ist jedenfalls falsch, da man ursprünglich darunter ein befestigtes Feldlager der Hussiten verstand, das aber über keinen massiven Turm verfügte. Im 19. Jahrhundert glaubte man noch, dass er ein alter Römerturm sei. Dass er dies nicht gewesen ist, kann man an Hand des Mauerwerkes leicht nachweisen. Bis vor wenigen Jahren nahm man an, dass es sich um einen Wohnturm handelt, der gegen Ende des 13. Jahrhunderts der ungarischen Königin Agnes vorübergehend als Witwensitz diente. Bei dem Turm könnte es sich um den Bergfried einer ehemaligen Burg handeln, deren übrigen Gebäude wie Palas und Wirtschaftsbauten im Lauf der Zeit völlig abhanden gekommen sind. Heute neigt man eher dazu, in ihm einen Wehrturm zu sehen, der Teil der spätmittelalterlichen Ortsbefestigung war. Allerdings wäre ein so starker Turm für den kleinen Ort aber doch etwas zu aufwändig gewesen. Während der Bedrohung Ostösterreichs durch die Türken wurde der Bau im 16. und 17. Jahrhundert auf Grund seiner exzellenten Lage als Wachturm und Kreidfeuerstelle verwendet. Von hier aus kann man weit nach Osten blicken. Feindliche Annäherungen konnten nicht unbemerkt bleiben. Anfangs des 18. Jahrhunderts stellte der Turm die südliche Eckbefestigung der sog. „Alten Schanze“, einer Befestigung, die sich vom Neusiedlersee bis nach Hainburg an der Donau erstreckte, dar. Sie sollte die immer wieder einfallenden Kuruzzen fern halten. 1708 konnte ein Angriff mit Hilfe von drei oder vier Geschützen abgewehrt werden. Damals war der Turm durch einen Graben und einen Erdwall mit Palisadenzaun gesichert. Außerdem hatte man an den Ecken Rondelle angelegt. Der Turm ist schon lange eine Ruine. Wann der Verfall einsetzte und der Grund dafür, ist nicht bekannt.

Er war vermutlich ursprünglich dreigeschossig. Auf Grund der Struktur seines Mauerwerks wird seine Erbauung im 13. oder 14. Jahrhundert vermutet. Er ist nicht verputzt, so dass man das recht regelmäßig verlegte Bruchstein-Gemäuer sehr schön erkennen kann. An den Kanten sind größere unbehauene Steine als Ortsteine eingesetzt. Die Fenster hatten Hausteingewände, doch sind diese bereits weitgehend zerstört. Der Turm hat einen fast quadratischen Grundriss von ca. 13,5 x 13,7 m. Seine Mauerstärke liegt bei etwa 3 m, wobei die Nordmauer mit ca. 3,5 m etwas stärker ausgefallen ist, da feindliche Angriffe am ehesten hier zu erwarten waren. Der Bau ist heute ca. 8 m hoch, wobei aber auf Grund der Anlage der Fenster anzunehmen ist, dass er einst um zwei Meter höher war. Anderseits wurde die heutige Höhe erst durch die Aufmauerung von zwei Metern anlässlich einer Restaurierung in den Jahren 1950/51 erreicht. Die Durchfensterung ist für einen Wohnturm eher spärlich und würde eher für einen Bergfried oder Wehrturm sprechen. Allerdings finden sich keine Schießscharten. Bei einer segmentbogigen Maueröffnung an der Westwand handelt es sich vermutlich um den seinerzeitigen Hocheinstieg. Das Innere war durch Tonnengewölbe mit Stichkappen in drei Geschosse unterteilt. Das Flachdach des letzten Stocks diente wahrscheinlich als Wehrplattform. Brandspuren an den Innen-, aber auch an den Außenmauern weisen auf eine gewaltsame Zerstörung hin. Aus den Geländespuren kann man erkennen, dass der Turm von einem Hof umgeben war. Die gesamte Anlage dürfte etwa 45 x 30 m groß und von einem trockenen Graben umgeben gewesen sein. Das Areal wurde schon lange als Weidefläche genutzt. Um 1900 wurde es mit Bäumen bepflanzt und als Karolinenpark bezeichnet.

Lage: Burgenland/Neusiedler See – nordwestlich des Stadtzentrums von Neusiedl

Besichtigung: meist ganzjährig möglich


Weitere Literatur:


19.12.2012