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Viehofen


Das Gebiet um St. Pölten gehörte im 11. Jh. dem Bistum Passau. Zur Sicherung seines Besitzes ließ es vermutlich in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auf dem strategisch günstig gelegenen Steilabfall über der Traisen eine erste Befestigung anlegen. Die spätere Burg wurde von Ministerialen verwaltet. Die Herren von Viehofen wurden 1137 mit einem Egeno erstmals erwähnt. Um 1250 wurde Ulrich von Viehofen, der ein Gefolgsmann Rudolf von Habsburgs war, von König Ottokar in seiner Burg belagert. Mit seinem gleichnamigen Sohn starb die Familie aus. 1291 erbten Heinrich von Kaja und die Kinder Ottokars von Lengbach die Herrschaft. Der seit 1311 mehrfach genannte Cristan von Lengbach nannte sich ebenfalls nach Viehofen. Über seinen Schwiegersohn Reinprecht I kam das Lehen an die Wallseer und dann zwischen 1474 und 1476 an die Liechtenstein. Danach scheint Rudiger Abnperg als Besitzer auf. 1491 wechselte die Oberherrschaft von St. Pölten und Viehofen von den Passauer Bischöfen zu Maximilian I. Ab 1508 hielt Bernhard von Kirchberg das nun landesfürstliche Lehen. Seine Familie war bis ca. 1640 im Besitz von Viehofen. Es folgten die Herren von Wuschletitz, die es 1665 an die Grafen von Herberstein verkauften. Danach übernahmen die Wellenstein die Herrschaft. Seit 1745 sind die Grafen Kuefstein die Eigentümer der einstigen Burg. Nach den napoleonischen Kriegen war Viehhofen das erste Mal stark verwüstet. Es wurde jedoch weitgehend wiederhergestellt. In den Jahren 1870 bis 1880 ließ Maria Pace Gräfin Kuefstein, geb. Odescalchi, größere Ausbauten vornehmen, wodurch das Gebäude vor allem an der Nordseite ein kasernenhaftes Aussehen bekam. Von 1945 bis 1955 war Schloss Viehofen von russischen Truppen besetzt, die es unter anderem als Munitionsdepot und Anhaltelager verwendeten. Als es wieder seinen rechtmäßigen Eigentümern übergeben wurde, war das zuvor bewohnbare und möblierte Gebäude verwüstet und geplündert. Die Räume waren völlig leer, die Fußböden und Fensterstöcke verheizt. Sogar die WC-Muscheln waren abtransportiert worden. Anfängliche Pläne zur Restaurierung und Einrichtung eines Sanatoriums scheiterten an den Kosten. Danach verloren die Eigentümer die Freude an ihrem Schloss und überließen es seinem Schicksal. Alle Versuche von öffentlichen und privaten Stellen zumindest eine Restaurierung der Schlosskapelle einzuleiten, scheiterten am Desinteresse der Besitzer, die vermutlich mit dem völligen Verfall einen Abbruch erzwingen wollten. Bisheriger Eigentümer war Dr. Hans Georg Kuefstein, doch befand sich der Gutsbetrieb, zu dem die Anlage gehört, in Konkurs. Neuesten Informationen zufolge hat 2003 Josef Figl, der bereits Totzenbach renoviert hat, das Anwesen aus der Konkursmasse erworben. Mittlerweile wurde ein neuer Dachstuhl aufgesetzt.

Hoch über dem Traisental, liegt am Stadtrand von St. Pölten die weithin sichtbare Ruine. Das einstige Schloss bestand aus drei Teilen: dem Altschloss, dem Neuschloss und der Schlosskapelle. Über den Halsgraben führte eine Steinbrücke zum Eingangsportal des Neuschlosses, das an zwei Seiten den äußeren Schlosshof begrenzte. Es bestand aus dem West- und dem Nordtrakt, was einem hakenförmigen Grundriss ergab. Im Rittersaal des ersten Obergeschosses befand sich eine 400 Jahre alte prächtige Holzdecke. Da das Obergeschoß 1878 abgetragen und mit einem weiteren Stockwerk neu aufgebaut worden war, muss diese Decke aus einem Vorgängerbau stammen. Bevor man das Neuschloss in den 60er-Jahren des 20. Jh. komplett abriss und an seiner Stelle ein neues Wohngebäude errichtete, wurde die Decke um 1958 nach Schloss Greillenstein übertragen, wo sie heute den Türkensaal schmückt. Der an der Nordwestecke stehende Rundturm ist heute der einzige erhaltene Teil des Neuschlosses. Dieser Turm überragte die Bauten des Neuschlosses um ein Stockwerk. Er ist mit einem spitzen Kegeldach gedeckt und hatte im Inneren fünf Geschosse. Sein Durchmesser beträgt 7,2 m, die Mauerstärke ca. 1,8 m. Das Turminnere war von jedem Stockwerk des Neuschlosses aus zugänglich.

Das heute als Ruine erhaltene Altschloss hat einen unregelmäßigen, annähernd fünfeckigen Grundriss um einen regelmäßigen, vierseitigen Innenhof. Dieser dreigeschossige Bau hat heute keinen Dachstuhl und keine Decken mehr. Es stehen nur noch die Außen- sowie einige Innenmauern. Seine Kamine ragen funktionslos in die Höhe. Durch ein rustiziertes Rundbogenportal gelangt man in den Innenhof. Von hier aus waren fast alle Räume des Erdgeschosses sowie mehrere Treppenhäuser zugänglich. Im Norden liegen tiefe Keller, die an Kasematten erinnern. Der Süd- und der Südostwand ist außen ein eingeschossiger Wehrgang vorgelegt. Hinter dem Innenhof liegt ein Rest des größtenteils abgetragenen Bergfrieds. Die dem hl. Jakobus geweihte, spätgotische Schlosskapelle steht etwas tiefer am steil abfallenden Nordosthang der Terrasse. An der Schmalseite des Kirchenschiffes steht der in der Barockzeit erneuerte Westturm. Er ist unten viereckig, verjüngt sich aber dann zu einem Achteck. Er trägt über Spitzgiebeln einen Rautenhelm. Das Schiff hat ein dreijochiges Netzrippengewölbe, wobei ein Teil der Rippen aus Ziegeln gemauert ist. Ein profilierter Triumphbogen trennt Schiff und Chor. Der polygonale Chor ist mit einem Sternrippengewölbe versehen, dessen Rippen bis auf die Fensterhöhe herabreichen. Unter dem abfallenden Innenputz findet man Spuren einer Bemalung aus der Mitte des 16. Jh. Das spitzbogige Südportal ist mit vier Rundstäben profiliert. Im Bogenscheitel ist ein kleines Wappenschild mit Symbolen des hl. Jakobus angebracht. Die Kapelle wurde 1463 errichtet, doch hatte sie einen Vorgängerbau, der schon 1248 genannt wird. In der Reformationszeit war sie Sitz eines protestantischen Prädikanten. Sie wurde ebenso wie das Schloss devastiert und scheint heute dem Verfall preisgegeben, wäre aber durchaus noch sanierungsfähig.

Lage: Niederösterreich/St. Pölten – der Ortsteil Viehofen liegt am nördlichen Stadtrand

Besichtigung: nicht möglich, die Ruine des Altschlosses ist aber von der Hauptstraße des Ortes aus gut sichtbar


Weitere Literatur:


13.12.2002