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Weyer (St. Veit)


Weyer ist ein ehemaliges Wasserschloss vom Ende des 16. Jahrhunderts. Über der Toreinfahrt befindet sich eine Bauinschrift, die darauf hinweist, dass das Gebäude 1585 errichtet wurde. Allerdings erfolgte damals kein Neubau, sondern lediglich der Um- und Ausbau eines älteren Edelsitzes. Bereits 1399 stand hier ein Gutshof, der später den Schenken von Osterwitz gehörte. Nach deren Aussterben 1478 übernahmen Bürger aus St. Veit das Gut. 1532 saß hier Hans Gortschacher. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gehörte das Schloss der aus Sachsen stammenden Familie Rülko, auf die der Dichter Rainer Maria Rilke – irrtümlich – seine Abstammung zurückführte. Hans Rülko war Vormund des schwachsinnigen Ritters Konrad von Kraig, mit dem dieses bedeutende Kärntner Adelsgeschlecht ausstarb. 1585 befand sich Weyer im Besitz des mit den Rülkos verschwägerten Bernhard von Lind. In diesem Jahr verkaufte er die Herrschaft an Anna von Liechtenstein, die mit dem Kärntner Erblandmarschall Konrad von Liechtenstein verheiratet war. Man begann sofort mit dem Umbau des spätmittelalterlichen Ansitzes, der 1590 vollendet war. Als Baumeister fungierte der Maurermeister Christof Steiner aus Murau. Die kinderlose Anna von Liechtenstein vermachte Weyer den Kindern ihres Bruders Christof von Khuenburg. 1596 pachtete Hans Ladroner aus St. Veit den Besitz. 1601 konnte er ihn käuflich erwerben. Seine Witwe Felicitas wurde 1629 als Protestantin aus Kärnten ausgewiesen. Weyer gelangte an das Bistum Gurk, das es aber bald verkaufte, um den Erwerb der Herrschaft Kraig zu finanzieren. Neuer Besitzer wurde das Nonnenkloster St. Georgen am Längsee. Die im zweiten Stock des Südtraktes angebrachte Jahreszahl 1778 weist auf Ausbauarbeiten hin, die in erster Linie eine Aufstockung des Südflügels zum Ziel hatten. Als 1783 St. Georgen säkularisiert wurde, konnte wenige Jahre danach (1788) der Gewerke und spätere Graf Thaddäus Max Egger Weyer der Staatsgüteradministration abkaufen. Es blieb nun ein Jahrhundert lang bei seiner Familie. 1891 übernahm der Kärntner Landeshauptmann Dr. Artur Lemisch das Schloss. 1939 verkaufte es dieser an Dr. Hubert Knaus. Weyer diente nun jahrzehntelang als Zentrum eines Gutsbetriebes und wurde kaum gepflegt. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts ist es im Besitz eines Tierarztes, der hier eine große Tierklinik betreibt.

Das Renaissanceschloss liegt am nordöstlichen Stadtrand von St. Veit in einem ausgedehnten, aber ungepflegten Park. Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich um ein ehemaliges Wasserschloss im damals versumpften Tal der Wimitz. Die Gräben sind zwar längst trockengelegt, doch sind noch einzelne Tümpel vorhanden. Es ist ein stattlicher unregelmäßiger und stark gegliederter Bau, der mit vier vorspringenden Ecktürmen als Flankenschutz bewehrt ist. Vor allem die langgestreckte Westfront macht einen romantischen Eindruck, während die Gebäuderückseite nüchtern und schmucklos ist. In der Mitte der Westfassade springt ein gedrungener Torturm stark vor. Das rundbogige Portal ist mit einem einfachen Steingewände gerahmt. Die Wappen des Konrad von Liechtenstein-Murau und seiner Gattin Anna, geb. Khuenburg weisen ebenso wie die dazwischen angebrachte Bauinschrift auf die Errichtung des Schlosses hin. Das Tor war durch eine Zugbrücke mit der einstigen Vorburg verbunden. Die eisernen Kettenrollen der Brücke sind noch vorhanden. Über dem Tor ist ein repräsentatives Fenster mit Steingewände und Eisengitter zu sehen. Der dreigeschossige Portalbau ist durch kurze Zwischentrakte mit dem Süd- und dem Nordflügel verbunden. Über einem rustizierten Nebenportal des dreigeschossigen Westtraktes springt ein schöner, auf Kragsteinen ruhenden Erker mit einem Pyramidendach vor. Er reicht über die beiden oberen Stockwerke.

An der Nordwest- und der Nordostecke des Schlosses ragen wuchtige quadratische Ecktürme vor. An einigen Fenstern der Außenfront haben sich noch die geschmiedeten Fensterkörbe der Erbauungszeit erhalten. So vielfach gegliedert die Westseite der Anlage ist, so einfach ist die Ostfront. Hier verbindet lediglich eine hohe Mauer, die hofseitig mit einem Verbindungsgang ausgestattet ist, die beiden dreigeschossigen Wohntrakte im Norden und Süden. Diese sind mit hohen Krüppelwalmdächern gedeckt. Im Gegensatz zur wehrhaft erscheinenden Westfront, wirkt die Südseite schlossartig und freundlich. Ältester Teil des Schlosses ist vermutlich der Nordtrakt. Hier hat sich ein gekuppeltes Renaissance-Doppelfenster erhalten. Der große trapezförmige Innenhof weist an drei Seiten zweigeschossige Arkaden auf. Die Arkadengänge und die Fenster mit ihren spätgotisch profilierten Gewänden geben ihm ein repräsentatives Gepräge. Die Wände des Hofes sind mit zwei Sonnenuhren geschmückt, von denen eine das Doppelwappen Liechtenstein-Khuenburg zeigt. Die Arkaden sind teils offen und teils vermauert. Ihre Rundbögen werden im Erdgeschoß von massiven Säulen gestützt. Dass das dritte Viertel des 16. Jahrhunderts noch nicht besonders friedlich war, erkennt man an den Schießscharten im Erdgeschoß der Türme, von denen man den Zugangsweg zum Schloss unter Feuer nehmen konnte. Möglicherweise wollte man damit aber auch nur eine Wehrhaftigkeit vortäuschen, die sich bereits überlebt hatte.

Lage: Kärnten/Bezirk St. Veit an der Glan – am Nordostrand der Stadt

Besichtigung: üblicherweise nur von außen möglich


Weitere Literatur:


04.09.2012