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Wasserburg


Die Gegend um Wasserburg gehörte im 12. Jh. dem Salzburger Erzbistum. In der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts hatte es Rudolf von Wazzerberg als Lehen inne. Heinrich von Wasserberg gehörte zu jenen niederösterreichischen Adeligen, die mit Herzog Leopold VI an einem Kreuzzug teilnahmen. Seine Schwester war mit dem steirischen Minnesänger Ulrich von Liechtenstein verheiratet. Sein Sohn Dietrich stellte sich später gegen den Salzburger Erzbischof und verlor daher die Herrschaft Wasserberg. Er versuchte sich schadlos zu halten, indem er den Salzburger Besitz im unteren Traisental drangsalierte und dort schweren Schaden anrichtete. Seit der Mitte des 13. Jh. scheint Wasserburg als Passauer Lehen auf. 1364 nannte sich Stephan von Toppel nach der Burg. 1550 verkaufte Christoph von Toppel unter anderem auch Wasserburg an seinen Vetter Christoph von Zinzendorf. Das Schloss war ein Zentrum des Protestantismus, der sich von hier aus ab 1530 in die Umgebung verbreitete. Erst hundert Jahre später kehrten die Grafen mit Rücksicht auf ihre Beziehungen zum Hof wieder zum Katholizismus zurück. Die Grafen Zinzendorf – nicht zu verwechseln mit den Grafen von Sinzendorf – waren nun 300 Jahre lang Schlossherren in Wasserburg. Ludwig von Zinzendorf baute zwischen 1698 und 1718, die vermutlich bereits vor 1550 errichtete Renaissanche-Wasserburg zum wohnlichen Barockschloss um. Mit der Herrschaft war das Ehrenamt des "Erblandjägermeisters" verbunden. Es war das Vorrecht des Erblandjägermeisters zur Huldigung des jeweiligen neuen Landesfürsten mit zwei ausgesuchten Spürhunden zu erscheinen. Graf Johann Carl von Zinzendorf adoptierte 1813 den Enkel seiner verstorbenen Schwester Susanne, verh. Gräfin von Baudissin, namens Heinrich August. Nach dem Tode seines Großonkels fügte dieser den Namen Zinzendorf seinem eigenen an und übernahm das Erbe. 1912 verkauften die Grafen Baudissin-Zinzendorf die Herrschaft an Graf Heinrich von Fünfkirchen, der sie seinerseits 1923 an Carl Hugo Graf Seilern-Aspang veräußerte. Dieser ließ das Schloss modernisieren, doch wurde es 1945 ausgeplündert und beschädigt. Die Wiederherstellung erfolgte erst in den Jahren nach 1989. Wasserburg gehört nach wie vor der Familie Seilern-Aspang.

Die gesamte Schlossanlage ist von einer hohen Umfassungsmauer begrenzt. Lediglich ein Gittertor an einer Seitenmauer lässt einen Blick auf das prächtige Schloss zu. An der Hauptzufahrt leitet eine Kastanien- und Lindenallee direkt zum großen Parktor, das von zwei Steinhunden bewacht wird. Auf ihren breiten Gürtelbändern tragen sie das Monogramm LGvZ (Ludwig Graf von Zinzendorf). Wenige Schritte hinter dem Tor liegt der teichartig verbreiterte Wassergraben und in seiner Mitte eine aufgemauerte Insel mit dem Schloss. Anstelle der ursprünglichen Steinbrücken, die über eine kleine vorgelagerte Insel zum Hauptgebäude führten, wurde um 1820 ein Damm angelegt. In der Mitte der Schlossinsel steht das dreigeschossige Hauptgebäude, dessen vier Flügel einen kleinen quadratischen Innenhof umgeben. An der Nord- und der Südseite sind ihm langgestreckte zweigeschossige Nebengebäude vorgelagert, die jeweils von vorspringenden Rundtürmen begrenzt sind. Diese mit barocken Blechhauben gedeckten Türme tragen wesentlich zum Gesamteindruck der Schlossanlage bei. Die vorderen beiden Türme wurden später durch kurze Verbindungsbauten mit der Hauptfassade verbunden. Im Nordwestturm befand sich das Presbyterium der Schlosskapelle, während das Kirchenschiff im Anbau untergebracht war. Im Südostturm an der Rückseite des Schlosses war ein Vogelhaus eingerichtet. Hier führt eine breite Terrasse mit Treppe zum Teich hinunter.

Der dreiachsige Mittelrisalit der Hauptfassade ist mit einem fünfeckigen flachen Uhrengiebel geschmückt, über dem eine große Wappenkartusche der Zinzendorfer thront, die von steinernen Hunden flankiert ist. Wie ihre Artgenossen beim Tor weisen sie auf das Amt des Erblandjägermeisters hin, das der Bauherr ausübte. Dem darunterliegenden Eingang ist, seit der letzten großen Restaurierung, eine offene eingeschossige Vorhalle mit einer darüber liegenden Steinbalustrade vorgebaut. Künstlerisch ist das Schloss mit Daniel Gran verbunden, der hier 1718 im Alter von 24 Jahren sein Jugendwerk schuf. Das nach ihm benannte Zimmer im Südttrakt ist an den Wänden plastisch und malerisch reich dekoriert. Dargestellt sind der Raub der Europa sowie der Kampf des Herkules mit Antäus. Bis 1945 war Wasserburg mit hervorragenden Möbeln ausgestattet, doch sind diese bei Kriegsende komplett verloren gegangen. Das Schloss ist von einem 40 ha großen Park umgeben, dessen große Steinvasen aus Schlosshof kamen. Sie dürften ebenso wie die übrigen Parkplastiken aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts stammen.

Lage: Niederösterreich/St. Pölten-Umgebung – ca. 5 km nordöstlich der Stadt St. Pölten

Besichtigung: nicht möglich

Sonstiges: Das Schloss und der Park können für Veranstaltungen, wie Seminare, Firmenfeiern oder Familienfeste gemietet werden.


Weitere Literatur:


11.12.2002