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Schlaining


In den alten Urkunden scheint die Burg unter den Namen Slounuk oder Zlaynuk auf. Die Historiker sind sich bis heute nicht einig, ob es steirische Ritter oder Gefolgsleute des ungarischen Königs Bela IV waren, die sie erbauten. Der Baubeginn dürfte in den Jahren zwischen 1240 und 1250 gelegen sein. Der Ausbau begann noch im 13. Jahrhundert und wurde nach drei Etappen im 14. Jahrhundert vorläufig abgeschlossen. Die erste urkundliche Erwähnung eines Wehrbaues erfolgte 1271. Damals befand sich dieser im Besitz des Grafen Heinrich II von Güssing, der sie dem böhmischen König Przemysl Ottokar II in die Hände spielte. Dieser konnte sie erfolgreich gegen den ungarischen König Ladislaus IV verteidigen. Nach mehrfachen Einfällen der mächtigen und streitbaren Güssinger Grafen auf österreichisches Gebiet eroberte Herzog Albrecht I in der „Güssinger Fehde“ 1289 34 befestigte Plätze in Westungarn, darunter auch Schlaining. Im Friedensvertrag von Hainburg wurde aber 1291 vereinbart, dass die Güssinger ihre wichtigsten Besitzungen, wie Güssing, Pressburg, Kobersdorf und Tyrnau, wieder zurückbekommen sollten. Alle anderen Wehrbauten sollten geschleift werden. Nach der endgültigen Niederwerfung der Güssinger ging Schlaining 1327 in ungarischen königlichen Besitz über und wurde 1342 an die Familie Kanizsay von Chorna als Lehen vergeben, bis König Ludwig I Burg und Herrschaft 1371 im Tauschweg wieder zurücknahm. Die Kanizsay erhielten Nikitsch als eher schwache Entschädigung. Danach gelangte Schlaining als Pfandbesitz an die Familie Tompek de Orosvar. Als Dank für ihren Einsatz im Kampf gegen die Türken schenkte König Sigismund die Burg 1401 den Brüdern Georg und Johann Tompek. Wie die meisten Burgherren im österreichisch-ungarischen Grenzgebiet wechselten auch jene von Schlaining häufig ihre Loyalität und gehörten abwechselnd zu Österreich und Ungarn. 1445 eroberten die Truppen des späteren Kaisers Friedrich III im Namen seines Mündels Ladislaus Postumus eine Reihe von Burgen in Westungarn, unter denen sich auch Schlainig befand. Es waren vor allem zwei Adelsfamilien, die das Erscheinungsbild bis heute prägten: Baumkircher und Batthyany.

Friedrich III übergab Schlaining seinem Gefolgsmann Andreas Baumkircher zur Pflege und Verwaltung. Im Jahr darauf wandelte der die Pflegschaft in ein Pfandverhältnis um. 1451 kaufte er Johannes Tompek dessen verbliebene Besitzrechte ab. Vier Jahre später erlaubte ihm König Ladislaus Schlaining als freies Eigen zu besitzen. Er musste jedoch noch einige Minderheitenanteile ablösen. Baumkircher war eine schillernde Gestalt des ausgehenden Mittelalters. Als Söldnerführer war er für seine außergewöhnliche Kraft und Körpergröße berühmt. Er leistete dem Kaiser mehrfach große Dienste und wurde dafür fürstlich belohnt. Unter anderem verteidigte er 1452 Wiener Neustadt gegen die aufständischen Wiener Landstände. Er bekam sogar das Recht der eigenen Münzprägung und die Erlaubnis neben der Burg eine Stadt zu gründen. Um die Wehrfähigkeit zu verbessern erfolgte im 15. Jahrhundert eine grundlegende Neugestaltung der Verteidigungsanlagen. Baumkircher ließ um 1450 Schlaining durch die Errichtung der Vorburg vergrößern, stark befestigen und zu seiner Hauptresidenz ausbauen. Die Innenräume wurden wohnlich eingerichtet. 1463 wurde er in den Freiherrenstand erhoben. Später wendete er sich gegen den Kaiser und schlug sich auf die Seite von Matthias Corvinus, wodurch er seinen Besitz weiter vergrößern konnte. Corvinus verlieh ihm auch das Privileg, in Schlaining Bergbau betreiben zu dürfen. 1469 beteiligte sich Baumkircher führend am Aufstand des steirischen Adelsbundes gegen den Kaiser. Er benützte Schlaining als Ausgangspunkt für seine Feldzüge. Bei Fürstenfeld schlug er die kaiserlichen Truppen entscheidend. Als er die Städte Hartberg, Fürstenfeld, Feldbach und Marburg terrorisierte und die gesamte Südsteiermark verwüstete, wurde es Friedrich III zu viel. Er lud Baumkircher 1471 zu Verhandlungen nach Graz ein, wo er gefangen genommen und ohne Gerichtsverhandlung hingerichtet wurde, obwohl ihm zuvor freies Geleit zugesichert worden war. Schlaining blieb bei seinen Erben, obwohl seine Söhne weiter gegen den Kaiser kämpften. Damals gehörten 32 Ortschaften zur Grundherrschaft, mit der auch das Landgericht verbunden war. Über Barbara, der Enkelin Baumkirchers kam Schlaining 1512 an deren dritten Gatten, Veit von Fladnitz. Dieser ließ um 1513 das Niveau der Vorburg durch Anschüttung um ein Geschoß erhöhen.

1527 schenkte König Ferdinand I die Herrschaft Franz I von Batthyany, der sich in den Kämpfen gegen die Türken ausgezeichnet hatte. Die Erben Baumkirchers wehrten sich jedoch mit Waffengewalt dagegen und konnten nachweisen, dass ein Teil der Burg seinerzeit gekauft worden war, so dass Batthyany 1544 eine Hälfte des Besitzes kaufen musste. Die zweite Hälfte erwarb Balthasar von Batthyany 1574. Seine Nachkommen bauten nach 1648 die Burg wohnlich aus, doch kam es bald zu mehreren Teilungen innerhalb der Familie. Der Ort Stadtschlaining wurde 1529 und 1532 von den Türken sowie 1605 von den Haiducken verwüstet. Die sehr gut befestigte Burg wurde aber nie ernstlich angegriffen. Letzter Burgbesitzer aus dem Hause Battyany war Graf Ludwig, der sich der ungarischen Revolution von 1848 anschloss und kurzfristig Ministerpräsident war. Er wurde nach der Niederschlagung der Revolution von einem österreichischen Kriegsgericht zum Tode verurteilt und 1849 erschossen. Seine Besitzungen wurden vom Staat eingezogen. Schlaining erwarb der Eisenbahnpionier Dr. Franz Schmidt. Ab 1912 wechselten die Besitzer. So gehörte Burg Schlaining nach dem Ersten Weltkrieg u. a. der Budapester Hermesbank. Zuvor waren hier russische Kriegsgefangene untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg stand sie leer, diente als Ostarbeiterlager und wurde schließlich devastiert. Das Inventar war aber schon in der Zwischenkriegszeit versteigert worden. Bis 1947 wurden hier schwerbelastete Nationalsozialisten festgehalten, 1956 war die Burg Durchgangslager für Ungarnflüchtlinge. 1957 erwarb sie der damalige österreichische Handelsminister DDDr. Udo Illig. Er ließ die Gebäude renovieren und zum Teil stilgemäß möblieren. Außerdem brachte er hier seine Sammlungen unter und machte sie der Öffentlichkeit zugänglich. 1980 erwarb die burgenländische Landesregierung die Burg. Bei einer neuerlichen Restaurierung wurden in einer Fensternische mittelalterliche Wandmalereien entdeckt, die sich als die ältesten profanen Fresken des Burgenlandes erwiesen. Im Jahr 2000 fand in der Burg eine Landesausstellung statt. Zuvor wurde die Sammlung DDDr. Illigs entfernt und in Güssing neu aufgestellt. In den meisten Räumen der Burg ist heute ein Friedensmuseum untergebracht. Im „Rittersaal“, dem heutigen Festsaal, finden gelegentlich Kammermusikabende und andere Veranstaltungen statt. Einzelne Räume dienen für Sonderausstellungen.

Burg Schlaining liegt im Südosten der im Spätmittelalter von einer Mauer umgebenen Siedlung Stadtschlaining. Auf einem Bergsporn über dem hier tief eingeschnittenen Tauchenbachtal schützte sie die Südostecke des Ortes. Außerdem kontrollierte sie die im Tal von Nordwesten nach Südosten führende alte Landstraße. Der mächtige Baukomplex gruppiert sich um zwei Höfe. Der Zugang erfolgt über eine auf zwölf Pfeilern ruhende 70 m langen Steinbrücke, die den tiefen Halsgraben zwischen Burg und Ort überspannt. Der Brückenkopf wird von den Figuren des hl. Nepomuk und der Immaculata flankiert, die 1752 von Johann Piringer geschaffen wurden. Das erste Tor ist in einer Kanonenbastion integriert, die den Zugang schützte. Das rustizierte Portal mit Einfahrt und Mannloch zeigt im Giebel das Wappen der Familie Batthyany von 1648, die damals auch den daneben stehenden Torturm errichten ließ. Oberhalb des Mannlochs ist an der Mauer das Wappen der Puchheim (bez. 1520) angebracht. Über einen weiteren Graben führte eine Zugbrücke zum zweiten Tor. Es ist mit dem Doppelwappen Baumkircher-Puchheim geschmückt. Man gelangt nun in den großen unregelmäßigen äußeren Hof, dessen Westseite von einem breiten Mauerring begrenzt wird. Auf einer Gedenktafel hat sich Baumkirchers Wahlspruch erhalten: „Eine Burg für den Teufel, eine Stadt für die Welt und ein Kloster für das Himmelreich“. In der Südecke des Hofes befindet sich der Aufstieg zum Wehrgang und zu dem im 15. Jahrhundert erbauten quadratischen Wehrturm. Dieser zeigt in seinem Unterbau noch gotische Elemente. Der Turm wurde im 17. Jahrhundert um zwei Geschosse erhöht, was man an dem verschiedenartigen Mauerwerk leicht erkennen kann. Sein hohes Zeltdach wurde im 18. Jahrhundert mit einer barocken Laterne geschmückt. Im Inneren weist er einen angeblich ca. 90 m tiefen Schacht auf, der im Volksmund „Falsches Gericht“ genannt wurde. Zwischen Turm und Bergfried erstreckt sich ein dreigeschossiger Wohntrakt aus dem 18. Jahrhundert. In der Ostecke führt ein Einstieg zu einem verschütteten Gang, der einen Fluchtweg in das Tauchental bildete. Dem langen Wohntrakt war an der Außenseite die ehemalige Burgbastei vorgelagert. Hier stand einst das Granarium, ein Speicher für die geernteten Feldfrüchte der Herrschaft. Seine Ruinen wurden 1986/87 vom Österreichischen Institut für Friedensforschung durch ein modernes Konferenz- und Seminarzentrum ersetzt.

Vom äußeren Hof aus gelangt man über eine dritte Brücke zum dritten Tor, das in den ältesten Teil der Burg, in den sog. „Schwarzen Hof“ führt. Der davor liegende Halsgraben wurde früher ebenfalls durch eine Zugbrücke überbrückt. An der linken Wand des Zuganges ist ein großer figuraler Gedenkstein für Andreas Baumkircher, der ihn im vollen Harnisch zeigt, eingelassen. Zum Bereich des Schwarzen Hofes, der seinen Namen von seiner Sgraffito-Wandbemalung aus dem Frühbarock erhalten hat, gehört der halbrunde Bergfried mit seinen im unteren Bereich bis zu sechs Meter dicken Mauern aus Bruchsteinen. Er stammt noch aus romanischer Zeit (13. Jahrhundert) und wurde im 15. Jahrhundert aufgestockt. Im 17. Jahrhundert wurden ihm die offene Kanonenhalle und das große Zeltdach aufgesetzt. Die schmale Treppe, die zur Wehrplattform führt, ist in der Mauerstärke ausgespart. Im Erdgeschoß des Turmes war die Münzstätte Baumkirchers untergebracht. Die vom Hof aus zugänglichen Kellerräume beeindrucken durch ihre mächtigen Gewölbe aus dem 13. Jahrhundert. Mittelpunkt des Hofes ist eine romanische Zisterne. Die Wasserversorgung der Burg erfolgte noch bis in das 20. Jahrhundert hinein durch drei großen Zisternen. Die Nordost- und Südostseite des Schwarzen Hofes wird vom Palas gebildet. Unter seinem Osttrakt haben sich mächtige Kellergewölbe aus dem 13. Jahrhundert erhalten. Sie wurden erst im Jahr 2000 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aus der Zeit der Batthyanys stammen drei festliche Räume im zweiten Stock des Hochschlosses: der große und der kleine Engelsaal sowie der Kuppelsaal. Sie wurden um 1730 fertiggestellt. Der qualitätvolle Deckenstuck stammt aus der Spätrenaissance des 18. Jahrhunderts.

Die ehemals gotische Burgkapelle aus dem 15. Jahrhundert wurde im Südwesttrakt auf der Wehrplatte einer ehemaligen Halbrundbastei errichtet. Sie wurde im 17. Jahrhundert barock umgebaut und um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit einem neuen Altar ausgestattet. Ihre Apsis ragt in das Tauchenbachtal vor. Der Hochaltar trägt das Batthyany-Wappen. Das Altarbild zeigt die Anbetung des Jesuskindes durch die Hirten. Die Bilder der 14 Kreuzwegstationen schuf der Salzburger Maler Johannes Lederwasch um 1803. Im daneben liegenden Festsaal finden sich Reste einer profanen Wandbemalung, die zur ältesten des Burgenlandes gehört. Unter anderem erkennt man Jagddarstellungen in einem Rankenmuster. Beeindruckend ist das mächtige Tonnengewölbe. Das darüber liegende Stockwerk diente Baumkircher als Privatwohnung. Von der Empore aus konnte er am Gottesdient teilnehmen. Hier steht eine noch bespielbare Tischorgel aus dem 17. Jahrhundert. Aus der Zeit Baumkirchers stammt eine Rauchküche mit großer Kaminhaube. Im zweiten Obergeschoss hatte sich die Familie Selesky zwischen 1892 und 1932 eine moderne Wohnung eingerichtet. Das dritte Obergeschoß beherbergt eine der größten Volkskundesammlungen des Burgenlandes, die von Ludwig Toth zusammengetragen wurde. Unter der Kapelle liegt ein zweigeschossiger Gruftraum. Mit seinem mächtigen romanischen Mittelpfeiler gehört er zu den eindrucksvollsten Räumen der Burg. Im Norden und Westen schließt die Burg an die Ortsbefestigung an, ist jedoch von ihr durch den Burggraben getrennt.

Lage: Burgenland/Mittleres Burgenland – ca. 8 km nordöstlich von Oberwart

Besichtigung: Vom Palmsonntag bis 31. Oktober täglich (außer Montag) von 09.00 bis 17.00


Weitere Literatur:


28.06.2012