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Moidrams


Die bescheidenen Häuser des kleinen Ortes am Moidramser Berg lassen auf den ersten Blick keinen ehemaligen Adelssitz erwarten. Dennoch befand sich hier jahrhundertelang ein Rittersitz als Zentrum einer Grundherrschaft. Moidrams wird als „Mowderates“ bereits 1139 erstmals urkundlich erwähnt, als Hadmar von Kuenring dem Kloster Zwettl Grundbesitz in der Umgebung schenkte. Ob auch der Ort selbst dazu gehörte, ist aber nicht nachweisbar. Um 1250 war dieser jedenfalls im Besitz der Herren von Lengenbach-Rehberg, die damals ausstarben, wodurch Moidrams landesfürstlich wurde. König Przemysl Ottokar II übergab es als Lehen an Otto von Ottenstein. Die Herren von Ottenstein zählten im Hochmittelalter zu den bedeutendsten Adelsfamilien des Waldviertels. Aus dieser Zeit stammt die älteste Abbildung des Herrensitzes auf der sogenannten Bärenhaut, dem Stifterbuch des Klosters Zwettl. Falls diese tatsächlich dem Original ähnelt, war Moidrams mit seinen zwei Türmen für einen Kleinadelssitz ein stattlicher Bau. Als zusätzlichen Schutz wies es einen Graben und an der Südseite einen Teich auf. Die Herren von Ottenstein wohnten natürlich nicht hier, sondern hatten das kleine Gut an einen ihrer Dienstleute weitergegeben. Wie üblich nannte sich dieser nach dem von ihm verwalteten Besitz. Die Herren von Moidrams dürften ziemlich unbedeutend gewesen sein, da sie mit Gottschalk von Moydratz erst um 1380 erstmals urkundlich erwähnt werden. Ein Niclas von Moydratz wird 1438 als langjähriger Pfarrer von Zwettl erwähnt. Der Ansitz gehörte aber nicht mehr der Familie, da bereits 1395 Diemut von Greiseneck und ihr Sohn Hans als Besitzer aufscheinen. Hans brachte es bis zum Kammermeister des Herzogs Leopold IV. Außerdem war er 1409 Untermarschall in Österreich. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hatte Moidrams unter den Einfällen der Hussiten zu leiden, die zweimal erfolglos die Stadt Zwettl belagerten. Andreas von Greiseneck hatte es vor allem in der Steiermark zu einem beträchtlichen Wohlstand gebracht, war jedoch 1471 an der Baumkircher Fehde gegen Kaiser Friedrich III beteiligt. Nachdem er gemeinsam mit Andreas Baumkircher in Graz hingerichtet worden war, wurde das gesamte Familienvermögen konfisziert. Auch Moidrams wurde dadurch landesfürstlich, aber dann 1487 der neugegründeten Propstei Zwettl gestiftet. Diese bezog ihr Trinkwasser über eine Röhrenleitung von einer Quelle, die auf dem Gebiet von Moidrams lag.

Zwar mussten die Türken ihre Belagerung Wiens 1529 erfolglos abbrechen und sich wieder zurückziehen, aber damit war die Türkengefahr noch lange nicht gebannt. Mit weiteren Vorstößen war zu rechnen. Militärisch musste aufgerüstet und die vorhandenen Befestigungen erneuert oder zumindest verstärkt werden. Um das nötige Geld aufzubringen, wurde die österreichische Bevölkerung mit zusätzlichen Steuern belastet. Auch die kirchlichen Einrichtungen konnten sich ihrer Verantwortung nicht entziehen. Ein Viertel aller Kirchen- und Klostergüter musste verkauft und der Gegenwert an den Staat abgeliefert werden. Dem fiel auch das Gut Moidrams zum Opfer, das die Propstei Zwettl 1530 veräußern musste. Käufer war Virgil Wasserburger. Er hatte keine männlichen Erben. Seine Tochter Judith verkaufte 1588 die Herrschaft an Johannes Bschönig. Tobias Pachmayr war Vormund des minderjährigen Erasmus Bschönig. Es gelang ihm, bis 1630 zwei Drittel des Gutes an sich zu bringen. Die wirtschaftliche Lage war jedoch schlecht, da die Schweden unter General Torstensson im Raum Zwettl große Schäden angerichtet hatten. Zwischen 1590 und 1652 hatten sich die zur Herrschaft gehörigen 40 Untertanenhäuser auf 8 reduziert. 1651 wurde Moidrams an Melchior Geiger von Geyersperg verkauft. Aber noch im gleichen Jahr übernahm Johann Georg Fenzl von Paumgarten, der mit Benigma Dorothea geb. Bschönig verheiratet war, den bereits heruntergekommenen Besitz. Auch er dürfte mit ihm wenig Freude gehabt haben, da er ihn schon im nächsten Jahr dem Stift Zwettl verkaufte. Dieses ließ den mittelalterlichen Turm abreißen und den Meierhof vergrößern. Es gelang, das Gut wieder ertragreich zu führen. Mit der Abschaffung der Robotpflicht verlor das Stift aber 1787 sein Interesse an der kleinen Herrschaft. Der Grundbesitz wurde auf vier landwirtschaftliche Güter aufgeteilt und die Gebäude versteigert. Sie befinden sich seither in privaten Händen und dienen Wohnzwecken. In den Jahren 1991 bis 1996 kam es trotz einer bereits vorhandenen Abbruchbewilligung zu umfangreichen Renovierungen und Umbauten des bereits völlig desolaten Hauses. Ein Stück Waldviertler Geschichte konnte gerettet werden. Von den mittelalterlichen Wehreinrichtungen hat sich nur der Rest eines Grabens erhalten. Auf eine herrschaftliche Verwendung der Gebäude wiesen noch Spuren einer Sgraffitomalerei hin, die zum Teil rekonstruiert wurde. Im Inneren ist noch eine Rauchküche mit Schlot vorhanden. Einige Holzdecken stammen aus dem 17. Jahrhundert.

Lage: Niederösterreich/Waldviertel –am südwestlichen Stadtrand von Zwettl

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


27.06.2012