ARCHIV


Gefährdete Objekte

Schlosshotels

Personenverzeichnis






Göllersdorf


Göllersdorf wird um 1130 als Gelanesdorf erstmals erwähnt. Es war im 12. und 13. Jh. Sitz der hochfreien Herren von Seefeld und seit 1286 brandenburgisches Lehen der Burggrafen von Nürnberg. Göllersdorf unterstand Österreich bis 1770 nur landesrechtlich. Im 14. Jh. kamen die Herren von Puchheim in den Besitz der Herrschaft. In seinem Kern geht das Schloss auf ein 1463 erwähntes neues Haus zurück. Dieses wurde 1458 wie auch der Markt durch Oswald und Stephan Eiczinger unter Georg Podiebrad verwüstet und niedergebrannt. Als Erbauer des heutigen Schlosses gelten Veit Albrecht und Hans Christoph von Puchheim im 16. Jh. Seine Glanzzeit erlebte es unter dem Landmarschall Johann VIII von Puchheim, der 1522 enthauptet wurde. Im 16. und 17. Jh. war Göllersdorf eines der Zentren des protestantischen Adels in Niederösterreich. 1632 war es Schauplatz einer Zusammenkunft zwischen Fürst Ulrich von Eggenberg und Wallenstein, in deren Verlauf der Feldherr zur Übernahme seines zweiten Generalamtes bewogen werden konnte. Gastgeber und Vermittler war der Schlossherr, Generalfeldmarschall Johann Christoph III Graf von Puchheim. Nach dem Aussterben der Puchheim kam Göllersdorf 1710 an den Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf Schönborn. Er machte es zu einem Zentrum des niederösterreichischen Barocks. Der von ihm bevorzugte Baumeister Johann Lukas von Hildebrandt, war zwar am Schloss selbst nicht tätig, errichtete aber im Ort die Pfarrkirche und die Pestsäule sowie in der unmittelbaren Umgebung das Schloss Schönborn und die Loretokapelle. Als die Grafen ihren Herrschafts- und Amtssitz in das wesentlich wohnlichere Schloss Schönborn verlegten, wurde Göllersdorf meist verpachtet. 1874 wurde hier eine Strafanstalt bzw. ein Arbeitshaus untergebracht, wobei beim erforderlichen Umbau wertvolle Baudetails vernichtet wurden. Das Schloss blieb bis in die 70er-Jahre des 20. Jh. im Besitz der Familie Schönborn-Buchheim und wurde dann an die Republik Österreich verkauft. 1984 wurde nach der Errichtung eines umfangreichen Hochsicherheitstraktes in Schloss Göllersdorf eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingerichtet. Die alten Gebäudeteile wurden zwar durch eine aufwändige Restaurierung vom Verfall gerettet, doch haben die modernen Zubauten den Ensemblecharakter weitgehend zerstört.

Das Schloss liegt mitten im Markt. Bereits am Hauptplatz fällt ein Triumphbogen auf, dessen Giebelaufbau mit Löwen und Obelisken geschmückt ist. Er stammt aus dem Jahr 1703 und wurde vom Wr. Neustädter Bischof Graf Puchheim zu Ehren Kaiser Karls VI aufgestellt, der noch als Erzherzog auf einer Reise nach Spanien hier am 20. September 1703 nächtigte. In Spanien bestieg er als Karl III den spanischen Thron. Über dem Torbogen ist eine reichverzierte Wappenkartusche angebracht. Durch dieses Prunktor gelangte man einst durch den Park, der längst nicht mehr vorhanden ist, zum langgestreckten Renaissanceschloss. Vier einstöckige Flügel umgeben einen geräumigen rechteckigen Hof. Im Südosten führt ein kurzer Verbindungstrakt zum mächtigen Nordostturm. Das wenig auffallende Schlosstor liegt im marktseitigen Flügel. Die Kettenrollenschlitze weisen noch darauf hin, dass sich davor einst eine Zugbrücke befunden hat. Der Wassergraben wurde erst im 20. Jh. zugeschüttet. Rechts oberhalb des Tores ist ein steinernes Renaissancewappen der Puchheim eingemauert. Links neben dem Tor steht ein massiger gedrungener Eckturm, an dem sich noch Reste von Konsolen finden, die einst einen Wehrgang trugen. Rechts vom Tor schließt die lange Südwestfassade an, die noch Fenster in Renaissance-Steinfassungen zeigt. Im Vordertrakt des Schlosses ist eine freitragende Schneckenstiege erhalten. Die Unterseiten ihrer Stufen sind mit steinernen Tierreliefs verziert. Der älteste Teil der Anlage besteht aus dreigeschossigen Gebäuden, die einen kleinen Hof mit Arkadengängen und Sgraffitodekorationen umschließen. Hier liegen eine schöne, gegen den Innenhof geöffnete Treppe sowie die spätgotische Kapelle mit ihrem qualitätvollen Netzrippengewölbe. In den einstigen Wohnräumen des Schlosses hat sich außer einigen Resten von gotischen Decken im Südflügel wenig von der ursprünglichen Ausstattung erhalten.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 10 km südöstlich von Hollabrunn

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


08.12.2002