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Weyerburg


Die Herren von Aigen sind seit 1140 in Weyerburg nachweisbar. Aigen war die ursprüngliche Bezeichnung für das Dorf. Der jetzige Ortsname erscheint erst 1204 als "Wierberch" und 1233 als "Weierberg". Die Herren von Aigen waren Ministeriale der Markgrafen von Cham und Vohburg, die als Kolonisatoren großen Grundbesitz im Weinviertel hatten. Durch Heirat ging kurz nach 1210 die Herrschaft an einen Zweig der Tursen von Rauhenstein über. Der Turse Hugo machte Weyerberg zu seinem Hauptsitz und nannte sich auch vorübergehend danach. 1317 verkauften Reinprecht und Johann ihre Anteile an dem "house ze Weyerberkh" an Pilgrim von Puchheim. Ihm und seinem Sohn gelang es bis 1350 auch die restlichen Anteile zu erwerben. Die Puchheim hatten ihren Stammsitz bei Attnang in Oberösterreich und besaßen seit dem 14. Jh. auch die Herrschaft Göllersdorf. 1336 wurde Weyerburg vom König Johann von Böhmen eingenommen. 1419 ging die inzwischen recht stattliche Herrschaft durch Kauf an den schwäbischen Ritter Rapper von Rosenharz über, unter dessen Nachkommen Weyerburg zu einer der größten Herrschaften Niederösterreichs wurde. In der unruhigen Zeit während des Streites zwischen Kaiser Ferdinand III und seinem Bruder Herzog Albrecht VI gelang es Georg von Podiebrad 1458 durch List die Burg zu erobern. 1488 ließ sich Stephan von Rosenharz vom ungarischen König Matthias Corvinus mit Weyerburg belehnen, das dadurch bis zum Tode von Corvinus 1490 unter ungarische Oberhoheit kam. Unter den letzten Rosenharz war die Grundherrschaft bereits schwer verschuldet und kurzzeitig verpfändet. Nach dem Aussterben der Familie 1546 setzten sich in jahrelangen Streitereien die Eitzinger von Schrattenthal als Eigentümer durch. Dabei verkam die Herrschaft aber zu einem eher unbedeutenden Gut. 1586 wurde es Sigmund Leisser übergeben. 1610 erwarb es Maximilian Teufel auf Guntersdorf. Nun erlebte Weyerburg wieder einen Aufschwung. Die Teufel dürften auch das Landgericht erworben haben. 1645 versuchten die Schweden die Burg einzunehmen, doch mussten sie ihre Belagerung erfolglos abbrechen. Nachdem der letzte Freiherr von Teufel, Otto Christoph, als glaubenstreuer Protestant nach Sachsen ausgewandert war, wurde 1688 die Herrschaft an Johann Constantin von Khautten verkauft, der sie aber bereits 1692 den Edlen von Hochburg überließ. Damals umfasste sie 126 untertänige Häuser.

1715 erwarb der Reichsvizekanzler Friedrich Karl Graf Schönborn die Herrschaft aus dem Besitz des Freiherrn Dominikus von Hochburg. Er ließ das Gebäude mit einem repräsentativen Portal und einer Freitreppe versehen. An den Ausbauarbeiten war auch Johann Lucas von Hildebrandt beteiligt, der damals für den Grafen in Göllersdorf tätig war. Mit dem Schloss ist ein historisches Ereignis verbunden. Am 21. November 1716 stürzte ein Mann in russischen Bauernkleidung in die Wohnung des Reichsvizekanzlers und ersuchte um Asyl. Es war der russischen Zarewitsch Alexis, der sich mit seinem Vater, dem Zaren Peter den Großen, überworfen hatte und nach Österreich geflüchtet war. Da er mit einer Habsburgerin verheiratet war, konnte man ihn nicht abweisen, fürchtete aber diplomatische Verwicklungen mit Russland. Schönborn beschloss den Zarewitsch vor seinen Verfolgern zu verstecken und ließ ihn auf die Weyerburg bringen, wo er etliche Wochen in Ruhe leben konnte. Da Russland mit einer gewaltsamen Entführung drohte, brachte man ihn später auf die Feste Ehrenfels in Tirol und dann nach Oberitalien. Nach langen Verhandlungen wurde der Zarewitsch dann im August 1717 dem Grafen Tolstoj übergeben, der ihn nach Russland zurückbrachte. Dort ließ ihn sein Vater, der ihn einer Verschwörung verdächtigte, foltern und dann ein Jahr später töten. Im Jahr 1801 kam es zu einer Erbteilung im Hause Schönborn. Franz Philipp begründete die Linie Schönborn-Buchheim. Er erhielt die Besitzungen in Kärnten, Steiermark, Ungarn und Niederösterreich und damit auch Weyerburg. 1945 wurde das Schloss durch Kriegseinwirkung schwer beschädigt und erst nach einer Reihe von Jahren wiederhergestellt. Heute ist es bequem ausgestattet und wird von der Familie des Dipl. Ing. Friedrich Karl Graf Schönborn-Buchheim bewohnt.

Wenn man das heutige Schloss mit dem Kupferstich von Georg Matthäus Vischer von 1672 vergleicht, so überrascht, dass es sich seit damals nur wenig verändert hat. Im Gegensatz zu den meisten Landschlössern des Weinviertels wurde es außen nie barockisiert. Ein diesbezüglicher Entwurf Johann Lucas von Hildebrandts wurde nicht realisiert. Die Weyerburg ist eine umfangreiche Gebäudegruppe am oberen Rand des gleichnamigen Ortes. An drei Seiten ist der Burggraben noch erhalten. Wie der Name Weyerburg andeutet, dürften die Gräben einst mit Wasser gefüllt gewesen sein. Allerdings gibt die Wasserversorung einige Rätsel auf. Möglicherweise wurde das Wasser mittels einer hölzernen Rohrleitung in den Burggraben gebracht. Die einstöckigen Gebäude umschließen zwei Höfe. Eine Steinbrücke führt über den ehemaligen Wassergraben zum vorspringenden Torbau. Neben dem großen Rundbogentor liegt eine Fußgängerpforte. Die Rollen der einstigen Zugbrücke sind noch vorhanden. Durch das Tor gelangt man in den ersten Schlosshof. Rechts von der Einfahrt liegt der neuere Bauteil mit der Kapelle. Linker Hand geht es zum Hauptschloss. Dieses ist ein nahezu quadratischer Vierflügelbau mit einer Ausdehnung von 33 x 31 m. Der 18 x 15 m große innere Schlosshof ist im Erdgeschoß mit Arkaden geschmückt, die auf starken viereckigen Pfeilern ruhen. Die Arkadengänge sind mit modernen Malereien versehen, die jagdbares Wild darstellen. Vom Arkadenhof aus führt eine gotische Tür zu einer spindellosen gotischen Wendeltreppe. Die Originalausstattung der etwa 40 Wohnräume ist nicht mehr vorhanden. Allerdings lassen noch einige qualitätvolle Stuckdecken und Kamine den repräsentativen Innenausbau der Barockzeit erkennen. Längst verschwunden sind auch die durch Springbrunnen aufgelockerten, prächtigen Parkanlagen, die das Schloss umgaben. Die ehemalige Parkmauer ist noch erhalten. In unmittelbarer Nähe steht ein mächtiger Schüttkasten, der bereits 1560 erwähnt wurde.

Lage: Niederösterreich/Weinviertel – ca. 10 km östlich von Hollabrunn

Besichtigung: nur von außen möglich


Weitere Literatur:


06.12.2002