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Pernegg (Stmk) - Schloss


Die Geschichte des Schlosses beginnt mit dem Freiherrn Gallus von Racknitz, der 1576 die etwas höher gelegene Burg Pernegg erbte. Seine Familie war erst 1553 durch König Ferdinand I in den Freiherrenstand erhoben worden. Er war ein Enkel von Magdalena von Pernegg und Christoph von Racknitz. Gallus und seine Gattin Anna von Trauttmansdorff waren sehr vermögend, so dass sie daran denken konnten, die alte und längst unbequem gewordene Veste aufzugeben und etwas unterhalb ein neues Renaissanceschloss zu errichten, das wesentlich mehr Wohnqualität versprach. Der Baumeister ist nicht bekannt, doch dürfte es sich um einen Italiener aus der Schule des dell‘ Allio handeln, der für seinen Landhaushof in Graz berühmt ist. An der Stelle des neuen Schlosses befand sich kein Vorgängerbau, so dass man nur auf das Gelände Rücksicht nehmen musste und es einen regelmäßigen Grundriss bekam. Das Baumaterial erhielt man preisgünstig durch einen Teilabbruch der alten Burg. Nach vierjähriger Bauzeit war das Schloss 1582 fertig. An den 1588 verstorbenen Gallus erinnert ein prächtiges Renaissance-Grabmal mit lebensgroßen vollplastischen Figuren an der Westfront der spätgotischen Marienkirche in Pernegg. Es ist eines der bedeutendsten protestantischen Grabdenkmäler der Steiermark. Das Schloss fiel an seinen Bruder Franz. Nach dessen Tod erbte sein Sohn Gallus III, also der Neffe des Bauherrn, den Besitz. Er war ein überzeugter Protestant und musste nach der Schlacht am Weißen Berg zu Beginn des Jahres 1629 die Steiermark verlassen. Er zog mit seiner gesamten Familie nach Nürnberg, wo er 1658 als Haupt der ausgewanderten österreichischen Adeligen starb.

Noch 1629 hatte er seine Herrschaft an den Freiherrn Hans Thomas von Casinedi verkauft, der es im Dienste der Gegenreformation bis zum kaiserlichen Hofkammerrat gebracht hatte. 1641 wird Oberst Karl Anton von Casinedi unrühmlich erwähnt, da er seinen Diener niederschoss, weil dieser „gejuchzt“ hatte. Die Familie Casinedi blieb bis 1688 im Besitz von Pernegg und verkaufte es dann an den aus Schottland stammenden Grafen Jakob Leslie. 1740 wurden im Schloss eine landesfürstliche Schießstätte und später ein Forstmuseum untergebracht. Jakobs Nachkommen besaßen das Gut bis 1802, als mit Anton Reichsgraf von Leslie die österreichische Linie der schottischen Grafen ausstarb. Der englische Zweig besteht noch heute. Pernegg ging nun als Erbe an den Reichsgrafen Johann Douglas von Dietrichstein, der es jedoch sofort den Freiherren Joseph Ignaz und Christoph von Egger verkaufte. Diese konnten den Kaufpreis aber nicht aufbringen, so dass das Gut vorübergehend an August Orou und dann 1847 an Alois Bock gelangte. 1864 erwarb die Fürstin Julie von Öttingen-Wallerstein, der bereits ausgedehnte Waldgebiete um Waldstein gehörten, auch die Herrschaft Pernegg. Um 1875 richtete man im Schloss eine forstlich-meteorologische Beobachtungsstation sowie ein Forstmuseum ein. 1879 wurde Mathilde Lippitt, geb. Miller zu Aichholz Eigentümerin des auch heute noch etwa 1000 ha Wald umfasssenden Forstgutes. Sie war mit George Warren Lippitt, einem amerikanischen Diplomaten, verheiratet, der in Österreich hängengeblieben war. Ihr Besitznachfolger wurde ihr Sohn Alfred Josef von Pongratz-Lippitt. Auf diesen folgte Markus und dann Oscar von Pongratz-Lippitt. Seit 2006 ist Mag. Maximilian Pongratz-Lippitt über seine Stiftung „Herrschaft Pernegg“ Eigentümer des Schlosses. Dieses wurde in den letzten Jahren restauriert und dient als Zentrum des Gutsbetriebes. Die Repräsentationsräume können für Veranstaltungen wie Hochzeiten und kulturelle Ereignisse gemietet werden. Einige Räume, wie die Oettinger Suite oder das Biedermeier Apartment stehen in diesem Zusammenhang für Übernachtungen zur Verfügung.

Schloss Pernegg ist ein quadratischer Vierflügelbau. Es liegt auf einer Hangstufe oberhalb des gleichnamigen Ortes. Angeblich war das Schloss ursprünglich von einem Graben und Basteiern umgeben. Von beiden haben sich keine Spuren erhalten. Das Gebäude besteht aus zwei Hauptgeschossen und einem Mezzaningeschoß. Das Rustika-Portal befindet sich im Nordtrakt. Es ist über eine Allee erreichbar. Über dem Tor hat sich eine wappengeschmückte Bauinschrift erhalten. Im zweiten Stock ist eine gemalte und mit 1601 datierte Sonnenuhr zu sehen. Die Einfahrt an der Nordfront ist mit Wappen der Besitzerfamilien (Racknitz, Trauttmansdorff, Leslie, Oettingen, Lippitt und Pongratz) geschmückt. Der Hof ist nahezu quadratisch. Den Hoffassaden sind an zweieinhalb Seiten dreigeschossige Pfeilerarkaden vorgesetzt. Sie erinnern stark an das Grazer Landhaus. Die Geschoßhöhe nimmt nach oben hin ab. Im Erdgeschoß und im ersten Stock sind die Arkadengänge kreuzgratgewölbt. Im Dachgeschoß findet sich ein Platzlgewölbe. Manche Räume des Schlosses sind zum Teil noch mit Mobiliar, Rokokostuck und Fresken des 18. Jahrhunderts ausgestattet.

Im Erdgeschoß des Nordflügels liegt die mit einer Stichkappentonne versehene Kapelle. Ihr Altar stammt aus der Zeit um 1700. Unüblicherweise gibt es kein auf Leinwand gemaltes Altarbild sondern ein um 1890 entstandenes Glasgemälde „Maria mit dem Kind“, das mit den Wappen der Familien Miller-Aichholz und Lippitt geschmückt ist. Letzteres hat die Form des damaligen Wappens der USA. Erhalten ist die Gerichtsstube der Herrschaft Pernegg im Erdgeschoß aus der Zeit um 1835 sowie eine Mauttafel der Grafen Leslie von 1749. Sie belegt, dass damals in Pernegg Brückenmaut eingehoben wurde. Bemerkenswert ist ein mit zahlreichen Laden ausgestatteter Gerichtsschreibtisch aus dem 18. Jahrhundert. Neben der Gerichtsstube befand sich das Rentamt, die Finanzverwaltung der Grundherrschaft. In ihr gibt es einige Wandmalereien aus der Zeit um 1820 zu sehen. Ein interessanter Raum ist das sog. Bischofskabinett im Westflügel, in dem der Legende nach in der Reformationszeit ein Bischof eingemauert gewesen sein soll. An seiner Decke sind zwei Kreuzgratgewölbe mit antik-mythologischen Szenen zu sehen. Sie werden Mathias Echter (um 1680) zugeschrieben. Der Ofen stammt aus dem Jahr 1780. Im West- und Südflügel liegen die gut ausgestatteten Repräsentationsräume. In den drei Sälen, dem Pernegger, dem Rosen- und dem Chinesischen Salon finden sich Stuckdecken sowie Wand- und Deckenmalereien aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Lage: Steiermark/Murtal – ca. 8 km südlich von Bruck/Mur

Besichtigung: nach Vereinbarung möglich

Homepage: www.schloss-pernegg.at


Weitere Literatur:


22.03.2012