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Schwaz - Freundsberg


Auf einem isolierten Hügel südlich der Stadt Schwaz erhebt sich die Burg Freundsberg, der Stammsitz der seit 1122 urkundlich in Tirol nachweisbaren Herren von Freundsberg. Diese gehörten dem niederen Adel an. Sie waren bis 1209 Dienstmannen der Grafen von Andechs und dann der Tiroler Landesfürsten. Die Burg dürfte um 1170 als einfacher Wohnturm entstanden sein. Die Freundsberger wurden neben den Rottenburgern das reichste und mächtigste Ministerialengeschlecht des Tiroler Unterlandes. Zur Zeit ihrer Blüte im 14. und 15. Jahrhundert besaßen sie zahlreiche Burgen, u. a. Thierberg, Tratzberg, Lichtenwerth und Matzen, aber auch Schintelberg, Mehrstein, Sonnenburg und Falkenstein. Sie stellten fürstliche Räte, sowie einen Bischof von Trient (Ulrich gest. 1493). Im 13. Jahrhundert wurde die Herrschaft freies Eigen der Freundsberger. 1230 erneuerten sie ihre Burg. Den Freundsbergern verdankte Schwaz sein erstes Aufblühen. 1319 verkaufte Berthold von Freundsberg die Feste an König Heinrich von Böhmen und erhielt sie als landesfürstliches Lehen wieder zurück. Im gleichen Jahr wurde ein eigenes Landgericht eingerichtet, dessen Pfleger jahrzehntelang die Freundsberger waren. 1326 erreichten diese beim Landesfürsten das Privileg eines Wochenmarktes für Schwaz. Um 1410 fand man in der Umgebung von Schwaz in größeren Mengen Silber und Kupfer. Schwaz war im Mittelalter die größte Bergbaumetropole im Habsburgerreich. Die Stadt zählte zeitweise an die 20.000 Einwohner. Da der aufstrebende Silberbergbau ihre grundherrschaftlichen Rechte mehr und mehr beschränkte und der Landesfürst verstärkt seinen Einfluss geltend machte, verkauften Ulrich und Hans von Freundsberg 1467 Gericht und Burg an Erzherzog Sigmund den Münzreichen. Sie erwarben dafür die Herrschaft Mindelheim in Schwaben, wo sie sich „Fruntsperg“ nannten. Dort wurde 1473 der berühmte Landsknechtsführer Georg Fruntsperg geboren.

Der durch den Silberbergbau unermesslich reich gewordene Sigmund ließ die Burg von 1472 bis 1475 spätgotisch umbauen und benützte sie vor allem nach seiner Abdankung 1490 gerne als Jagdschloss. Nach ihm führte sie auch den Namen Sigmundsruh, doch konnte sich dieser nicht durchsetzen. Auch sein Neffe und Nachfolger Maximilian I benutzte die Burg gelegentlich für Jagdaufenthalte. 1507 verpfändete er Freundsberg an die Familie Stöckl. Es folgten als Pfandinhaber die Spaur (1516), Kastner (1569), Burglechner (1614), Praun (1652) und Tannenberg (1709). 1788 wurde die Burg wieder landesfürstlich. Während der bayrischen Besetzung Tirols sollte Freundsberg 1811 abgerissen werden, was jedoch von Kronprinz Ludwig von Bayern verhindert wurde. Kaiser Franz I ließ die Burg auf Staatskosten renovieren „damit dieses Denkmal zu dankbarer Erinnerung an ein um Fürsten und Vaterland so hoch verdientes Geschlecht der Mit- und Nachwelt erhalten werde“, wie er die Ausgaben begründete. 1812 kam Freundsberg an die Pfarre und 1939 an die Stadtgemeinde Schwaz. Diese restaurierte die Anlage ab 1966 gründlich. Sie hatte bereits 1948 im Bergfried ihr Stadtmuseum untergebracht, das vor allem den Aufstieg von Schwaz und dessen Bedeutung im Silberbergbau Tirols zeigt. Außerdem wurde eine Burgschenke eingerichtet. Bei einem Einbruch wurden 1972 siebzehn wertvolle Heiligenfiguren aus der Schlosskirche gestohlen. Nach Abschluss der Restaurierung erfolgte 1977 ihre Wiederweihe. Der Bergfried von Freundsberg ist heute das Wahrzeichen der Stadt Schwaz.

Die flächenmäßig kleine Burg besteht heute nur mehr aus dem ca. 20 m hohen quadratischen Bergfried und der überdimensionalen Burgkapelle sowie aus zwei bescheidenen Nebengebäuden. Der Eingang führt in einen kleinen Innenhof, der im Süden vom mächtigen fünfgeschossigen Bergfried und im Norden von der Schlosskirche begrenzt wird. Das kleine Nebengebäude im Osten wurde um 1475 umgebaut. Der ebenfalls niedrige Westtrakt stammt aus dem 16./17. Jahrhundert. Hier befand sich auch die Wohnung des Mesners. Der heutige Baubestand spiegelt das Schicksal der Burg im Laufe der Jahrhunderte wider. Von der alten Burg der Freundsberger aus dem 12. Jahrhundert hat sich nur das aus großen Rundsteinen erbaute unterste Drittel des Bergfrieds mit seinen 2,5 m dicken Grundmauern erhalten. Für diese Zeit ist das regelmäßig geschichtete Mauerwerk typisch. Wie die quaderförmigen Steinlagen im zweiten Drittel zeigen, wurde der romanische Wohnturm beim Neubau von 1230/50 um weitere zwei Stockwerke erhöht und zum Bergfried umfunktioniert. Die Kanten des Turmes wurden durch Tuffsteinblöcke verstärkt. Das letzte Drittel mit dem auf Kragsteinen ruhenden Erker und dem Krüppelwalmdach wurde erst beim Umbau zwischen 1472 und 1475 durch Erzherzog Sigmund aufgesetzt. Es ist aus Ziegeln und Bruchsteinen aufgeführt und hebt sich optisch von dem qualitätvollen Mauerwerk der unteren Stockwerke deutlich ab. Der Turm weist in seinen unteren Geschossen nur wenige schmale Lichtschlitze auf, während das später aufgesetzte Obergeschoß gut durchfenstert ist.

Es ist in vier Räume unterteilt und diente dem Erzherzog bei seinen Jagdaufenthalten als eine Art Ferienwohnung. Es enthält einen Vorraum, eine Küche mit offenem Herd und einem feuerhemmenden Ziegelgewölbe, eine geräumige Stube und eine Schlafkammer, die mit Jagdfresken von Josef Weninger, dem Hofmaler Erzherzog Sigmunds, geschmückt ist. Es handelt sich dabei um reiches Rankenwerk, in das kleine Jagdszenen sowie das Tiroler Wappen eingesetzt sind. Unter anderem ist eine Treibjagd dargestellt. Die Malereien sind ein wichtiges höfisches Kulturdenkmal aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Stube und Kammer sind durch eine „Eselsrückentür“ verbunden. Teile der ursprünglichen Einrichtung dieser Fürstenwohnung sind noch erhalten. Sie wurden 1865 von den Grafen Enzenberg angekauft und nach Schloss Tratzberg gebracht. Der Breiterker im letzten Stock erinnert daran, dass die Aufstockung erst erfolgte, als der Turm keine militärische Bedeutung mehr hatte. Der Bergfried ist durch mit Falltüren versehene schwere Holzbalkendecken in fünf Stockwerke unterteilt. Decken und Treppen sind nicht mehr original. Die Balken stammen vom Turmumbau des 15. Jahrhunderts. Die derzeitige Holztreppe wurde im 18. Jahrhundert angefertigt. Der Einstieg in den Turm liegt in drei Meter Höhe und ist vom Hof aus über eine Treppe erreichbar. Die Innenseiten der Außenmauern sind noch mit dem hochmittelalterlichen pietra-rasa-Putz versehen. Die Geschosse des Bergfrieds dienen heute dem Schwazer Stadtmuseum zur Aufstellung seiner Exponate. Der ursprüngliche Hocheinstieg liegt etwa 3 m über dem Boden. Unter dem Eingangsgeschoß, das nur 10 m² Grundfläche hat, befindet sich das einstige Verlies, das nach Sigmunds Tod noch von den Schwazer Richtern benutzt wurde. Die Gerichtsstube hatten sie in seiner Turmwohnung eingerichtet.

Die erste Burgkapelle wurde 1176 durch den päpstlichen Legaten, dem Mainzer Erzbischof Konrad von Wittelsbach, dem Hl. Jakobus d. Ä. geweiht. Erzherzog Sigmund ließ sie aber noch vor 1475 neu erbauen. Der Palas stammte aus der Zeit um 1250. 1611 fand die Pest in Schwaz ihr Ende. Aus Dankbarkeit ließ der damalige Burgherr, der Kartograf und Tiroler Geschichtsschreiber Matthias Burglechner, der Freundsberg von 1614 bis 1642 besaß, den bereits verfallenen Palas mit der Kapelle in den Jahren 1634 bis 1637 zu einer neuen großen Schlosskirche vereinigen. Damals erfolgten eine Erhöhung des Chores und der Neubau des Schiffes anstelle des Palas. Von Erzherzog Sigmunds gotischer Burgkapelle hat sich der Unterbau des Chores mit seinem 5/8 Schluss erhalten. Der Innsbrucker Hofmaler Michael Waldmann schuf die Altarblätter. Um 1760 bemalte Christoph Anton Mayr die Seitenwände der Kirche mit den Brustbildern der zwölf Apostel. Er schuf auch die aus 430 Einzelfiguren bestehende sog. „Stockingerkrippe“, von der ein Teil in der Kirche ausgestellt ist. Am Giebel befindet sich ein dekorativer achteckiger Dachreiter mit einem kupfernen Zwiebelhelm. Die Kirche ist den Pestpatronen Sebastian und Rochus sowie den vierzehn Nothelfern geweiht. Sie ist ein gut erhaltenes Beispiel der Tiroler Spätrenaissance. Ihr Baumeister war Peter Thumb aus Schwaz. Seit der Pestzeit war Freundsberg ein beliebter Wallfahrtsort, wo vor allem die vierzehn Nothelfer verehrt wurden, die auf einem Fresko dargestellt sind. An der Nordseite des Burghügels, dort wo die 1688 von den Tannenberg erbaute Heiliggrabkapelle steht, befand sich einst eine geräumige, mit einer Mauer befestigte Vorburg. Hier ist das Gelände nur leicht abfallend, so dass von hier aus am ehesten feindliche Angriffe zu erwarten waren. Die Heiliggrabkapelle ist ein quadratischer Bau mit einer achteckigen Kuppel und einer Laterne. Sie ist mit Stuckaturen und Fresken aus der Bauzeit geschmückt. Das Heiliggrab wurde 1743 von Jacob Mair geschaffen. Der größte Saal der Burg ist der „Jörg-von-Fruntsberg-Saal“, der heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Hier befindet sich auch eine Skulptur des Landsknechtführers

Lage: Tirol/Unteres Inntal – 6130 Schwaz, Burggasse 55

Besichtigung: täglich außer Montag (März – Oktober 10.00 – 17.00, November – März 11.30 – 17.00)

Homepage: www.freundsberg.com


Weitere Literatur:


21.01.2012