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Anras - Pfleghaus


Anras liegt abseits der großen Verkehrswege. Dennoch ist es alter Tiroler Kulturboden. In einer Stiftungsurkunde des Klosters Innichen aus dem Jahr 769 wird der Name erstmals genannt. Mit Heinricus de Anras tritt 1224 eine hier siedelnde, aber ansonsten nicht sehr bedeutende Familie auf. Das Hochstift Brixen hatte in der Umgebung großen Grundbesitz, der ab 1298 in einer Hofmark zusammengefasst war. Damit verbunden war ein Pfleggericht, das vorerst nur die niedere Gerichtsbarkeit ausüben durfte. Erst 1665 wurde ihm auch die Blutgerichtsbarkeit zugestanden. Für den Pfleger errichtete man im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts ein Pfleghaus unmittelbar neben der kurz zuvor erbauten Pfarrkirche. Dieses wurde im 15. und 16. Jahrhundert mehrfach umgebaut und erweitert. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde der stämmige Rundturm an der Südwestecke errichtet. Bereits wenige Jahre später wird das Pfleghaus als „ziemlich baufällig“ beschrieben, so dass man bereits ein neues Gebäude für das Gericht in Erwägung zog. Als aber 1753/58 die neue Pfarrkirche erbaut wurde, rang man sich zu einem großzügigen Barockumbau des Ansitzes durch. Unter Einbeziehung eines Langhausjoches der alten Kirche wurde das Pfleghaus wesentlich vergrößert. Als Baumeister werden die Hofmaurermeister Simon Rieder und der Hofzimmermeister Andre Riepler genannt. Die Brixener Bischöfe benutzten auch in der Folge die neuen Räume als Sommerresidenz. Die Säkularisierung des geistlichen Fürstentums Brixen im Jahr 1803 zog drei Jahre später auch die Aufhebung des Pfleggerichtes in Anras mit sich. Seine Aufgaben wurden vom Landgericht Lienz übernommen. Seit dem Barockumbau hatte es keine größeren baulichen Veränderungen mehr gegeben. Um 1824 wurde das Pfleghaus verkauft und in der Folge privat als Wohnhaus genutzt. 1991 erwarb es die für die Rettung von Kunstgut bekannte Messerschmitt-Stiftung. Von 1992 bis 1996 erfolgte durch den neuen Eigentümer eine umfassende Sanierung. Seitdem dient das Pfleghaus in erster Linie als Museum.

Beim Pfleghaus handelt es sich um einen im Kern mittelalterlichen, viergeschossigen, würfelförmigen Bau unter einem mit Holzschindeln gedecktem Schopfwalmdach. Er steht im Zentrum des kleinen Ortes neben der Pfarrkirche St. Stephan, mit der er durch das Langhaus der alten Kirche verbunden ist. Ein Joch dieser Kirche ist im Pfleghaus integriert. Die nach Süden und Norden gerichteten Schauseiten weisen je sechs Fensterachsen auf. Bis auf ein gemaltes Blindfenster an der Nordseite sind sie weitgehend gleichgestaltet. Die rechteckigen Fenster sind mit Sgraffito-Umrahmungen versehen. Die beiden etwas außerhalb der Mitte angeordneten Portale sind durch einen durchgehenden Mittelflur verbunden. Ihre gemalten Portalrahmen wurden von Franz Schweigl aus Innichen wesentlich aufwändiger gestaltet. Sie zeigen starke Pilaster, die ein von Voluten begrenztes Gebälk tragen. Auf diesem sind einfache Inschriften angebracht. Am Südportal wird das Jahr der Vollendung des großen Umbaues in einem Chronogramm mit 1757 dokumentiert. Weiters ziert ein gemalter österreichischer Adler die Südfront. Die Inschrift an der Nordseite weist auf den Pfleger Johann Florian Peisser von Peissenau hin. Neben der Datierung 1754 – 1761 wird der umfassenden Renovierung von 1992 bis 1994 gedacht. Außerdem ist in einem Medaillon das Wappen Peissers von Peissenau aufgemalt. An der Südwestecke springt ein stämmiger Rundturm vom Ende des 16. Jahrhunderts vor. Sein schindelgedecktes Kegeldach reicht aber nur bis zur Traufe des Hauptgebäudes. Die Ostseite des Ansitzes wird großteils durch den angrenzenden Kirchenbau verdeckt. Das Gebäude ist teilweise unterkellert, wobei die Mauern noch aus der Zeit um 1325 stammen. Die ehemaligen Amtsräume des Pfleggerichtes lagen im zweiten Stock. Hier befinden sich vier mit Zirbenholz getäfelte Stuben, in denen schöne Kachelöfen aus dem dritten Viertel des 18. Jahrhunderts stehen. In den nicht getäfelten Räumen hat sich einfacher Deckenstuck erhalten. Außerdem sind noch aus der Zeit der Gotik etliche spitzbogige Türöffnungen vorhanden. An der Westseite des Schlosses liegt ein Kornkasten aus dem 16. Jahrhundert, der damals die Funktion einer Zehent-Scheune hatte. Seit seiner Restaurierung dient er als kleines Gasthaus.

Lage: Tirol/Osttirol - ca. 20 km südwestlich von Lienz

Besichtigung: im Winter: Mo-Fr 10 - 12 und 16.30 - 18.30

Homepage: www.schloss-anras.at


Weitere Literatur:


13.01.2012